Hagen. . In der Hagener Politik wird dieser Tage über den Nahverkehr diskutiert. Nicht jede Kritik ist in den Augen der Straßenbahn AG berechtigt.

Mehr Busse auf den Hagener Straßen, Metro-Busse, die auf eigenen Fahrspuren am Stau vorbei rollen, Schienenbau und Straßenbahnen – der Öffentliche Personen-Nahverkehr rückt zunehmend in den Fokus der politischen Diskussion.

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Seit Politiker sich in einer Arbeitsgemeinschaft Gedanken über einen neuen Nahverkehrsplan machen, seit SPD und Grüne ein gemeinsames Papier mit Forderungen vorgelegt und Gutachter des Büros Stadtverkehr im Umwelt- und im Stadtentwicklungsausschuss ihre Visionen vorgestellt haben.

Aber: Nicht jede Kritik, nicht jeder Hinweis scheint aus Sicht der Straßenbahn berechtigt. „Der ÖPNV in Hagen wird in dieser Diskussion schlechter dargestellt, als er eigentlich ist“, sagt Christoph Köther, Vorstand der Hagener Straßenbahn AG.

Das Angebot

Viele Hagener sind auf den ÖPNV angewiesen. Einige üben Kritik an der Taktung und am Netz.
Viele Hagener sind auf den ÖPNV angewiesen. Einige üben Kritik an der Taktung und am Netz.

Eine Reduzierung des Angebots habe es in den vergangenen acht Jahren nicht gegeben, stellt die Hagener Straßenbahn klar und reagiert damit auf die Darstellung von SPD und der Grünen. Im Gegenteil: Seit der Umstellung des Liniennetzes im Jahr 2009 habe es immer wieder punktuelle Verbesserungen gegeben wie beispielsweise die Anbindung des Seniorenzentrums an der Buschstraße in Helfe. Dies wird auch dadurch belegt, dass die tatsächliche Fahrleistung der Hagener Straßenbahn von 8,4 Mio. Kilometer in 2010 auf 8,7 Mio. Kilometer im Jahr 2017anstieg.

„Man kann natürlich das Angebot, das wir derzeit im Auftrag der Stadt vorhalten, verbessern“, sagt Christoph Köther. „Aber letztlich liefern wir gerade genau das, was die Stadt bestellt hat. Für unser Unternehmen und insbesondere für unsere Fahrgäste würde ich es begrüßen, wenn künftig mehr Geld für den Öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung stünde und wir das Angebot wieder ausweiten könnten.“

Köther erinnert daran, dass der Umstellung im Jahr 2009 eine große Diskussion vorausgegangen sei. Letztlich habe der Rat das Konzept mit breiter Mehrheit beschlossen. Auch in vielen Bezirksvertretungen habe es Abstimmungen bis ins kleinste Detail gegeben. „Auch damals gab es Empfehlungen eines Gutachters, der sehr genau auf die Auslastung einzelner Linien zu bestimmten Uhrzeiten geschaut hat.“

Die Kosten

Bei rund 20 Millionen Euro hat der Fehlbetrag der Hagener Straßenbahn im Durchschnitt in den Jahren 2003 bis 2008 gelegen. Betrachtet man hingegen den Zeitraum 2013 bis 2017, hat sich dieser auf 11,5 Millionen Euro reduziert.

Der Fehlbetrag der Hagener Straßenbahn hat sich auf 11,5 Millionen Euro reduziert.
Der Fehlbetrag der Hagener Straßenbahn hat sich auf 11,5 Millionen Euro reduziert.

„Das ist im Grunde der Betrag, den sich die Stadt Hagen Jahr für Jahr den Öffentlichen Personennahverkehr kosten lässt“, sagt Christoph Köther. Nur 2,5 Millionen Euro des ja immerhin um 8,5 Millionen Euro reduzierten Fehlbetrags sind laut Hagener Straßenbahn durch die „gewollte Angebotsverschlechterung“ im Jahr 2009 entstanden. „Dabei muss man noch berücksichtigen, dass wir in dieser Zeit Kostensteigerungen beispielsweise im Bereich Personal und Kraftstoff aufgefangen haben.“

In der Privatwirtschaft sei es üblich, dass derjenige, der eine Leistung erbringt, neben den entstehenden Kosten auch einen Gewinnaufschlag einkalkuliere. Beim ÖPNV handelt es sich hingegen um nicht kostendeckende Daseinsvorsorge. Der Fahrpreis, den der Fahrgast am Ende zahle, sei ein politischer Preis, der nicht die Kosten decke. Insofern müsse der Aufgabenträger, sprich: die Stadt Hagen, die Kosten der bestellten Leistung tragen.

Die Klimatisierung

Bei der Hagener Straßenbahn werden seit langem neue Busse nur noch mit Klimaanlage angeschafft. „Einen solchen Beschluss haben wir im Aufsichtsrat, in dem ja auch die Hagener Politik vertreten ist, Ende 2010 gefasst“, sagt Christoph Köther. Von daher kann er die Kritik von Seiten der SPD und der Grünen, deutlich weniger als 50 Prozent der Busse seien mit Klimaanlagen ausgestattet, nicht nachvollziehen. „Es gab nie eine Vorgabe, und ich gebe zu, dass wir uns mit dem Entschluss nicht leichtgetan haben, weil er mit erheblichen Mehrkosten verbunden ist, die pro Jahr mit rund 500 000 Euro zu Buche schlagen.“ Aktuell haben 76 Busse (und damit deutlich mehr als 50 Prozent) eine Klimaanlage – Tendenz weiter steigend. Weitere zehn neue Busse werden kurzfristig geliefert, weitere zwölf kommen im nächsten Jahr.

„Man muss sich natürlich fragen, ob wir am Ende wirklich in jedem Bus eine Klimaanlage brauchen“, sagt Christoph Köther. „Einige Fahrzeuge werden fast ausschließlich morgens im Schülerverkehr eingesetzt. Da sind die Temperaturen auch im Hochsommer noch nicht so hoch.“

Rollatoren und Kinderwagen

Was für Klimaanlagen gilt, gilt auch für die sogenannten Mehrzweckflächen. „Wir passen unsere Fahrzeugflotte kontinuierlich dem demografischen Wandel an“, sagt Christoph Köther. „Seit 2012 kaufen wir ausschließlich Busse mit vergrößerter Mehrzweckfläche.“

Dabei gehe man über gesetzliche Mindestanforderungen und EU-Richtlinien hinaus. Natürlich könne es nichtsdestotrotz passieren, dass auf einzelnen Fahrten die Mehrzweckflächen nicht ausreichend bemessen seien.

Umwelt und Abgase

„Wir haben eine der umwelttechnisch modernsten Flotten Deutschlands“, sagt Christoph Köther, „das ergibt sich aus einer entsprechenden Statistik vom Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen. Danach erfüllen 64 Prozent der Busse deutschlandweit die Euro-V- oder die Euro-VI-Norm. Bei uns sind das 100 Prozent der Fahrzeuge.“ Hinzu käme, dass bei Nutzfahrzeugen Abgastests im Echtbetrieb durchgeführt werden. Bezogen auf den Ausstoß von Stickstoffdioxid sei man bei zwei Prozent der Menge angelangt, die die Flotte im Jahr 1992 ausgestoßen habe. Ein Feinstaubausstoß sei aufgrund moderner Filter kaum messbar.

„Unsere Strategie ist es, bei der Anschaffung von Neufahrzeugen immer auf die allerneueste Abgasnorm zu setzen“, sagt Christoph Köther, „darüber hinaus prüfen wir gerade den Einstieg in die reine Elektromobilität.“ Zunächst müssten die konkreten Einsatzmöglichkeiten angesichts der schwierigen Topografie in Hagen und der langen Umläufe einzelner Linien geprüft werden.

Auch sei zu berücksichtigen, dass die gesamte Ökobilanz eines Dieselbusses aktuell immer noch besser sei als die eines reinen Elektrobusses. „Batterieherstellung und Entsorgung sind ein Problem. Und wenn wir Elektrobusse einsetzen, macht das nur Sinn, wenn der Strom auch aus regenerativer Quelle kommt.“

Bereits in 2018 werden im Rahmen einer Fördermaßnahme erst einmal zwei Werkstatt-Pkw durch Elektrofahrzeuge ersetzt.

Das Durchschnittstempo

Dass Busse im Hagener Großstadtverkehr feststecken und das Durchschnittstempo der Flotte nur bei maximal 19 Stundenkilometern liegt, stört auch die Hagener Straßenbahn.

„Wir haben kaum Bevorrechtigungsspuren für Busse“, bemängelt Köther, „wenn es uns gelingen würde, die durchschnittliche Geschwindigkeit zu steigern, würde das unseren Kunden und uns an vielen Stellen helfen. Es würde den Komfort erhöhen und Kosten sowie den Schadstoffausstoß senken.“