Hagen. . Die Stadt Hagen kontrolliert die Einhaltung des Porstituierten-Schutzgesetzes. Bei den Damen sorgen die Regelungen für Unsicherheit.

Sabrina Göbel hat so viel zu tun, dass die Frage erlaubt ist, ob sie mit dieser Aufgabe jemals fertig werden kann. Sie ist die Frau in der Stadtverwaltung, die dafür sorgen soll, dass das Prostituiertenschutzgesetz (seit 1. Juli 2017 in Kraft) in Hagen eingehalten wird.

14 Bordelle mit mindestens zwei Prostituierten sind in Hagen aktuell auf Göbels Radar. Doch das könnte nur die Spitze eines Bergs sein. Das Gesetz sorgt im Rotlichtgewerbe an der Volme für Aufregung. Und für spürbare wirtschaftliche Einbrüche. Die WP hat mit Sabrina Göbel und Carsten Rohleder, Inhaber mehrerer Häuser in Hagens einzigem Rotlicht-Bezirk, gesprochen.

Anmeldepflicht für Prostituierte

Angaben vertraulich behandelt

Die Angabe der Prostituierten würden absolut vertraulich behandelt, sagt Sabrina Göbel. „Die persönlichen Daten haben nur ich und das Finanzamt. Es gibt keine zentrale Speicherung. Wenn es sich um einen Nebenjob als Prostituierte handelt, erhält natürlich auch der Arbeitgeber keine Information darüber.“

Zu möglichen längeren Wartezeiten bei der Anmeldung sagt Göbel: „Da ich mich nicht nur um die Anmeldung der Prostituierten kümmere, sondern auch die Erlaubniserteilung und Prüfung der Betriebsstätten als Aufgabe habe, wurde dem Ordnungsamt eine Stelle zugestanden. Bei mir erhalten die Prostituierten auch zeitnah nach der Gesundheitsberatung ihren Termin zur Anmeldung. Ich hatte auch schon Damen hier, die die Gesundheitsberatung bei einer anderen Kommune gemacht haben. Diese sind natürlich auch gültig. Die Beratung darf nur nicht länger als drei Monate her sein.“

Die Kernpunkte des frischen Gesetzes sind die Anmeldepflicht für Prostituierte, eine verpflichtende Gesundheitsberatung und die Erlaubnispflicht für den Betrieb eines Prostituiertengewerbes nebst Zuverlässigkeitsprüfung der Betreiber (weitere Auflagen siehe Infobox). „Die Betreiber dürfen nur vermieten, wenn eine Anmeldung für die Damen vorliegt und die Räumlichkeiten genehmigt sind“, sagt Göbel, die schon mit zahlreichen Vermietern und Prostituierten Gespräche geführt hat.

Göbel kontrolliert auch im Internet, ob in gewissen Etablissements Geschlechtsverkehr ohne Kondom angeboten wird. Denn: Mit dem Prostituiertenschutzgesetz geht auch die Kondompflicht einher, auf die die Betreiber in den Bordellen hinweisen müssen.

Vom Sperrbezirk ausgenommen

„Bürokratische Hürde“

Neben der fehlenden Anonymität sei das neue Gesetz (Rohleder: „Das ist kein Schutzgesetz, sondern der Versuch, mehr Steuern einzutreiben“) bürokratisch eine gewaltige Hürde. „Wenn eine Dame zu mir kommt und ein Zimmer mieten möchte, muss ich sie darauf hinweisen, dass sie einen Termin zur Gesundheitsberatung und für die Anmeldung benötigt. Nichts gegen Frau Göbel, aber wenn in der Verwaltung nur eine Frau dafür zuständig ist und man wochenlang auf einen Termin warten muss, dann ziehen die Damen einfach weiter. Es muss eine flexiblere Lösung geben, dass man zum Beispiel auch ein Fax schicken kann und schon mal eine vorläufige Erlaubnis erhält. Das geht in anderen Städten auch.“

Rohleder geht davon aus, dass das Gesetz – wenn es ordentlich nachgebessert würde – den Markt bereinigen werde. „In zwei, drei Jahren können alle Betreiber, die sich an die Regeln halten, davon profitieren. Bis dahin wird sich die Verwaltung aber ordentlich abstrampeln müssen.“

In der Düppenbecker Straße besitzt Rohleder vier Häuser, von denen zwei verpachtet sind. Dass er verpachtet hat, habe auch damit zu tun, dass sich die Ertragslage durch die große Verunsicherung verschlechtert habe.

Drei Betreiber von illegalen Bordellen hätten angesichts des neuen gesetzlichen Prozederes bereits die Segel gestrichen, erklärt Göbel: „Mir ist aber auch durchaus klar, dass ich längst noch nicht das komplette Bild habe.“ Sie geht von 50 bis 100 Prostituierten aus, die in Hagen aktiv sind.

Carsten Rohleder gehören mehrere Häuser in der Düppenbecker Straße. Wenn man so will, Hagens einziger offizieller Bordell-Meile, die vom Sperrbezirk ausgenommen ist. Er vermietet tageweise Zimmer an Prostituierte. Seit Sabrina Göbel sich um die Einhaltung des Gesetzes in Hagen kümmert, kooperiert Rohleder mit Göbel. Die Verwaltungsfrau bestätigt das. „Frau Göbel ist sehr engagiert, und ich erhoffe mir durch ihre Arbeit, dass endlich Gleichbehandlung herrscht“, sagt Rohleder.

Seit 70 Jahren offizielles Bordell

In der Düppenbecker Straße gebe es seit fast 70 Jahren ein offizielles, angemeldetes Bordell. „Ich zahle hier Sex-, Grund- und Einkommenssteuern, verbunden mit dem dazugehörigen behördlichen Aufwand“, sagt Rohleder. Der illegale Wohnungsanbieter habe all diese Kosten nicht. „Und ich gehe im Gegensatz zu Frau Göbel davon aus, dass es rund 150 dieser Wohnungen in Hagen gibt. Wenn ich hinweise darüber erhalte, dann kooperiere ich mit der Stadt.“

Rohleder erklärt, dass 2017 ein wirtschaftlich sehr schlechtes Jahr in der Düppenbecker Straße gewesen sei. „Dieses Gesetz haben Menschen gemacht, die von der Branche keine Ahnung haben. Der Hurenausweis, der seit Juli Pflicht ist, macht alle nervös, vor allem die Damen. Sie haben jetzt auf der Stirn stehen, dass sie Prostituierte sind. In vielen Familien ist das überhaupt nicht bekannt. Dass die Anonymität aufgehoben wurde, sorgt für viel Verunsicherung.“ Und würde letztlich dafür sorgen, dass die Damen ihrem Beruf im Ausland nachgehen, wo der Ausweis nicht Pflicht sei.

Vermieter fordert Nachbesserung des Gesetzes

Am Morgen des Gespräches in Rohleders Büro in der Düppenbecker Straße deutet er auf viele leere Fensterscheiben. „Die Leute, die zum Beispiel aus dem Sauerland herkommen, fahren bei diesem Anblick gleich nach Dortmund weiter. Das Gesetz muss dringend nachgebessert werden.“