Wetter. . Ulrich Weigang aus Wetter bringt Notärzte per Hubschrauber zu Einsätzen und fliegt Patienten in Krankenhäuser. Er erlebt dabei Höhen und Tiefen.

Eigentlich muss Ulrich Weigang die Technik und Umgebung stets im Blick haben. Wenn der Hubschrauberpilot einen Notarzt und Sanitäter zu Unfällen fliegt, ist der Wetteraner für die sichere Landung und den möglichst schnellen Abtransport zuständig. Doch manchmal gehen dem zweifachen Familienvater solche Einsätze auch nahe. „Meine Gedanken sind auf die Funktionstüchtigkeit und Zeit ausgerichtet. Wenn aber Emotionen ins Spiel kommen, wenn’s quasi richtig weht tut, kann auch ich mich nicht dagegen wehren.“

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Keine Frage, Ulrich Weigang hat als Berufshubschrauberführer, so sein offizieller Titel, einen spannenden Job. Seit 2005 arbeitet der 41-Jährige, der 2016 nach Albringhausen („Da ist es echt schön, als gebürtiger Niedersachse mag ich die Berge hier“) zog, für die DRF Luftrettung am Standort Dortmunder Flughafen. Von dort hob er beispielsweise am 15. Oktober ab und landete im Naturfreibad Wetter, damit ein gestürzter Radfahrer am Harkortsee ärztliche Hilfe erhielt.

Aus der Serie Mein Wunsch für die Welt: Ulrich Weigang aus Wetter steuert für die DRF Luftrettung Hubschrauber.
Aus der Serie Mein Wunsch für die Welt: Ulrich Weigang aus Wetter steuert für die DRF Luftrettung Hubschrauber. © Steffen Gerber

Einen seiner schlimmsten Einsatzflüge hatte der Pilot, der fast immer zwei Mediziner an Bord hat, drei Monate zuvor hinter sich gebracht. Bei einem Unfall mitten in der Hagener Innenstadt starb am 13. Juli ein einjähriges Mädchen auf der Volmebrücke. „Wir waren gerade auf dem Weg zurück aus Süddeutschland, als wir angefordert wurden. Ich kann mich noch gut an die vielen Schaulustigen erinnern. Vor allem aber der Tod des Kleinkindes ging mir sehr nahe.“

Dass er in solch emotionale Ereignisse mal verwickelt sein könnte, war bei seinem Ausbildungsstart nicht absehbar. „Auch durch meinen Vater war die Faszination Fliegen seit der Kindheit da. Als Zivi beim Rettungsdienst in Bremen flog ich dann das erste Mal in einem Hubschrauber mit“, sagt Weigang über die entscheidende Phase für seinen Berufswunsch. Im April 1997 landete er in Oregon an der US-Westküste, um auf dem zivilen Weg seine Lizenz zu erwerben. „Auch wenn ich einen Kredit aufnehmen musste, so war die Ausbildung in Amerika deutlich günstiger als hier.“

Ausbildung in den USA

Finanziell angespornt und mit Blick auf das zweijährige Visum „wurde ich in sechs Monaten vom Fußgänger zum Piloten“. Als Fluglehrer kam er nach beeindruckenden Erlebnissen wie der Überquerung der Rocky Mountains dann u.a. nach Hawaii, wo er Touristen Blicke von oben ermöglichte, aber auch für Film- und Fernsehaufnahmen sowie mit Bestattungsflügen sein Geld verdiente. „Dort darf man im Gegensatz zu Europa und Deutschland – die Urne beispielsweise über einem Bambuswald ausstreuen, man sollte dabei aber unbedingt den Wind beachten...“

1999 ging es zurück, und zwar nach Bonn. Trotz zahlreicher Flugstunden musste er noch ein Jahr für seinen Anerkennungsschein opfern, ehe es richtig spannend wurde: Für Kontrollflüge über Hochspannungsfreileitungen oder Pipelines musste er den Hubschrauber ruhig in der Luft halten oder rückwärts bewegen. Ganz anders dann die Aufgaben am Flughafen Essen-Mülheim: Hier erhielt er als Angestellter einer privaten Firma vor allem aus der Automobilindustrie viele Aufträge für Frachttransporte und auch von Prominenten aus Politik, Sport oder Wirtschaft. „Die VIP-Flüge sind ein spezielles Geschäft, der eine oder andere Extrawunsch war auch dabei.“ Mehr will der 41-Jährige aber nicht verraten.

304 Mal im ersten Halbjahr angefordert

Die über verschiedene Standorte in ganz Deutschland die Hubschrauber-Einsätze auf.

Im ersten Halbjahr 2017 hob der Dortmunder DRF-Hubschrauber 304 Mal ab, im Vergleichzeitraum 2016 waren es 271 Einsätze. Die .

Nach dieser abwechslungsreichen Zeit mit schnellen Dispositionen („Wenn bei einem Unternehmen mal irgendwo ein Band stillstand, und es schnell gehen musste, kamen wir ins Spiel“) ging es wieder zum Tourismus. Entspannend empfand er das Pendeln über den spanischen Inseln Lanzarote und Fuerteventura.

Dann aber kam über einen Freund der Kontakt zur Deutschen Rettungsflugwacht zustande. „Für solch einen Job gibt es hohe Anforderungen“, so Weigang, der seit 2005 nach rund vier Monaten Eignungstest aber auch den rot-weißen Hubschrauber namens „Christoph 83“ führen darf. Vom Standort Dortmund können derzeit zwei Piloten mit ihren Teams abheben, 2018 kommt ein dritter Kollege für deutschlandweite Aufträge hinzu.

Weigang blickt auf 151 Arbeitstage im Jahr. Ein solcher beginnt bei Sonnenaufgang und kann 15 Stunden dauern. „Es geht nicht nur ums Fliegen, sondern auch um Vor- und Nachbereitung. Sicherheit steht an oberster Stelle.“ Nach dem Wetter- und Geräte-Check ist er meist um 8 Uhr startklar und bereit für Alarmierungen über die Feuerwehr. Eine solche kann aber auch mal erfreulich enden: Nach einer Schreckensmeldung aus Schwerte, wo ein Kind nun im August aus dem dritten Stock gefallen war, zeichnete sich schon beim Flug ins Krankenhaus ab, dass der Neunjährige nur Prellungen erlitten hatte.

„Das Hier und Jetzt mehr genießen“

Ob schonende Transportflüge von Klinik zu Klinik wie kürzlich ins italienische Verona oder meist kurzfristige Notfall-Einsätze nach Unfällen: Der 41-Jährige hat immer noch Spaß an seinem Beruf, auch wenn es hinter seinem Pilotensitz schon mal um Leben und Tod geht. Dann funktioniert Weigang, der genießende Blick auf schöne Landschaften unter ihm entfällt. „Auch wenn ich selbst noch nie in richtig brenzlige Situationen geraten bin, gehört die Gefahr in meinem Job in jeder Sekunde dazu. Daher lautet mein Wunsch für die Welt: Das Hier und Jetzt mehr genießen, sich an alltäglichen Dingen erfreuen!“