Breckerfeld. . Der Milchpreis macht dem Ehepaar Piepenstock seit Jahren zu schaffen. Breckerfelds erster Milchautomaten bedeutet mehr Unabhängigkeit.
- Landwirt-Ehepaar will durch außergewöhnliche Direktvermarktung unabhängiger von Molkereien sein.
- Automat steht verkehrsgünstig an Verbindungsstraße zwischen Rummenohl und Breckerfeld.
- Zwischen 50 und 70 Kunden zapfen täglich ihre Rohmilch.
Ein Euro in den Schlitz, die Klappe schwenkt auf. Kirsten Piepenstock hält die Flasche an den Zapfhahn, und die Milch strömt heraus. „Muh to go“ steht auf dem Etikett. Was etwas irreführend ist. Denn es ist am Ende nicht die Kuh, die geht. Es ist ihr Produkt.
Stöcken, direkt an der Straße zwischen Rummenohl und Breckerfeld: Hier steht Breckerfelds erster Milchautomat. Einer der wenigen in der Region. Der nächste befindet sich in Radevormwald, ein anderer in Drohlshagen. Dazwischen Niemandsland – bislang.
Moderne Technik auf zwei Bauernhöfen
Die Sorge um die Zukunft beschäftig Kirsten Piepenstock und ihren Mann Hermann-Eduard seit Jahren. Als sich die Möglichkeit für das Paar aus Huxhardt ergibt, das benachbarte Gehöft in Stöcken zu pachten, schlagen sie zu. Der Bestand an Milchkühen verdoppelt sich auf 120.
Hinzu kommt eine umfassende Modernisierung. Ein Roboter melkt die Kühe, die selbst entscheiden können, ob sie im Stall bleiben oder auf der Weide grasen, automatisch. Ein weiterer kehrt das Futter vor den Ständen zusammen. Ein dritter reinigt vollautomatisch den Stall. Daten über die Tiere werden per App direkt auf das Smartphone der Landwirte geschickt. „Da erkennt man Krankheiten schon, bevor sie auftreten“, sagt Kirsten Piepenstock.
Unsicherer Milchpreis macht Bauern zu schaffen
Aber eine Ungewissheit, die alle Milchviehbetriebe umtreibt, bleibt trotz der Investitionen in moderne Technik: der Milchpreis. „Wir wollten unabhängiger von den großen Molkereien sein“, sagt Kirsten Piepenstock. „Und das, ohne noch weiter zu wachsen. Die Arbeit muss ja auch noch zu bewältigen sein.“ Zunächst habe man über einen Lieferservice direkt vom Hof nachgedacht. Aber an das Geschäftsmodell haben die Banken nicht geglaubt. Das war zu einem Zeitpunkt, als die Molkereien nur noch 25 Cent pro Liter bezahlt haben.
Immerhin: Um die 40 Cent liegt jetzt der Preis, den die Molkerei Campina an die Piepenstocks überweist. Aber: „Wir haben eine alte Abrechnung des Schwiegervaters aus den 80ern gefunden“, sagt Kirsten Piepenstock. „Schon damals wurden 90 Pfennig bezahlt. Seither sind die Kosten erheblich gestiegen.“
Zapfstelle ist 24 Stunden geöffnet
Die Erweiterung ist eine Möglichkeit, den Hof auf wirtschaftlich sicherere Beine zu stellen. Und das Pachten eines kompletten Hofes bringt einen weiteren Vorteil mit sich. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, an einer Straße, die relativ viele Autos nutzen, den Automaten aufzustellen“, sagt Kirsten Piepenstock. „Unser eigener Hof in Huxhardt liegt zu weit vom Schuss. Da hätte ein Automat keinen Sinn gemacht.“
24 Stunden können die Kunden Milch abzapfen. Passende Flaschen gibt es an einem Automaten direkt nebenan. Mehr als 50 Kunden halten bislang täglich in Stöcken an. „An einem Tag waren es sogar 70“, sagt Kirsten Piepenstock, die an einem Tag der Woche als Bankkauffrau bei der Märkischen Bank arbeitet, „dabei haben wir im Grunde nur über Facebook für ,Muh to go’ geworben.“
Direktvermarktung hat in der Familie Tradition
Die Direktvermarktung hat in der Familie durchaus Tradition. „Die Großeltern meines Mannes haben schon direkt vom Hof verkauft“, sagt Kirsten Piepenstock, „wir wollen wieder versuchen, ein Qualitätsprodukt direkt an den Kunden zu bringen.“
>>HINTERGRUND: ROHMILCH ABKOCHEN
- Landwirte dürfen Rohmilch direkt vom Hof abgeben. Allerdings müssen sie die Kunden darauf hinweisen, dass die Milch vor dem Verzehr abgekocht werden muss.
- Weitere Infos erhalten Kunden auch auf dem Hoffest, dem Huxhardter Herbst, mit Bauern- und Kreativmarkt. Es findet am Sonntag, 29. Oktober, 11 bis 17 Uhr, statt.