Wehringhausen. . Die Gemeinnützige Wohnstätten-Genossenschaft (GWG) plant in Wehringhausen einen Abriss im großen Stil. 130 Wohnungen sollen dort verschwinden.

  • Die GWG plant in Wehringhausen den Abriss von 130 Wohnungen
  • Der Block Minerva-/Gustav-/Ewald-/Lange Straße soll komplett verschwinden
  • Auf dem Areal könnten eine Kindertagesstätte und Einzelhandel entstehen

In Wehringhausen steht eine der größten Abrissaktionen aller Zeiten am Hagener Wohnungsmarkt bevor: Die Gemeinnützige Wohnstätten-Genossenschaft (GWG) mit Sitz in Haspe plant den gesamten Mehrfamilienhaus-Block im Karree Minerva-/Ewald-/Gustav-/Lange Straße abzureißen. 130 Wohneinheiten würden damit dem Erdboden gleichgemacht.

Angesichts eines Investitionsstaus von gut 20 Millionen Euro sieht Christoph Rehrmann, Geschäftsführender GWG-Vorstand, keine realistische Perspektive, den Komplex mit seiner zum Teil mehr als hundertjährigen Bausubstanz unweit der Bahnanlagen zu erhalten. Stattdessen sollen dort, so wurde bereits in ersten Gesprächen mit der Stadt diskutiert, ein Kindergarten sowie Flächen für Einzelhandel entstehen.

Erheblicher Sanierungsstau

„Einen zweistelligen Millionenbetrag in diese völlig veraltete Bausubstanz zu stecken, lässt sich gegenüber unseren Mitgliedern nicht rechtfertigen“, argumentiert Rehrmann konsequent wirtschaftlich. Daher habe seine Wohnungsgesellschaft den Block mit seinem begrünten Innenhof in den vergangenen Jahren schon schrittweise leergezogen, indem nach Auszügen die Wohnungen nicht mehr neuvermietet wurden.

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Zudem hätten die turnusmäßigen Renovierungsarbeiten in dem Karree zuletzt schon nicht mehr stattgefunden. Die verbliebenen Mieter sollen in Alternativwohnungen umgesiedelt werden – allein in Wehringhausen verfügt die GWG über etwa 1200 Einheiten.

Perspektivisch würde das Unternehmen auf dem Hang-Areal in der oberen Hälfte entlang der Lange Straße gerne eine vier- bis fünfzügige Kindertagesstätte errichten. Der Bedarf dafür, so bestätigt auch Reinhard Goldbach, städtischer Fachbereichsleiter Jugend und Soziales, ist gerade in Wehringhausen durchaus erheblich. Hier könnte durch einen solchen Neubau Druck vom Versorgungskessel genommen werden. Das Grundstück würde zudem ausreichend Platz für einen großzügigen Außenspielplatz hergeben.

Discounter mit Dach-Parkplatz

Der untere Bereich an der Minerva­straße könnte wiederum durch einen Discounter genutzt werden, dessen Filiale in den Hang hineingebaut wird. Ähnliche Konzepte mit einem Vollsortimenter (Rewe) gegenüber funktionieren an anderen Standorten ebenfalls erfolgreich. Der dazugehörige Raum für Parkflächen würde auf dem Dach einer solchen Immobilie entstehen. Rehrmann möchte diese Planungen so schnell wie möglich umsetzen und hofft jetzt auf entsprechende Signale aus dem Rathaus.

Der grüne Innenhof bleibt den meisten Bürgern in dem Karree verborgen.
Der grüne Innenhof bleibt den meisten Bürgern in dem Karree verborgen. © Michael Kleinrensing

„Da schlagen zwei Herzen in der Brust eines Stadtplaners“, zeigt sich Baudezernent Thomas Grothe keineswegs uneingeschränkt begeistert von diesem Vorstoß. Der Wohnblock mit seiner prägenden Optik sei durchaus typisch für die klassischen Strukturen in Wehringhausen und beispielhaft für die verdichtete Bebauung in dem Quartier mit ihren ruhigen, begrünten Innenhöfen.

Andererseits sieht der Stadtbaurat auch die ökonomischen Zwänge des Wohnungsunternehmens und ist sich darüber im Klaren, dass der Wohnungsbestand in Hagen für eine perspektivisch schrumpfenden Stadt inzwischen zu hoch ist.

Aldi sucht neuen Standort

Als Nutzer für den Discounter-Standort käme sicherlich die Firma Aldi in Frage, die ohnehin ihre zu klein gewordene 800-Quadratmeter-Dependance an der Wehringhauser Straße gegenüber dem Hawker-Gelände aufgeben möchte. Aktuell favorisiert die Kette an der Berliner Straße unweit der Einmündung Rehstraße einen Filial-Neubau mit gut 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche.

Diesen Standort lehnt die Stadtverwaltung jedoch ab, weil die Grundstücke entlang der B7 stadtplanerisch bevorzugt für klassische Gewerbebetriebe vorgehalten werden sollen. Natürlich könnte sich auch jede andere Discounter-Kette an der Minervastraße etablieren.

Grothe kündigte im WP-Gespräch an, dass die Planungsverwaltung den Mehrwert der GWG-Idee für den Stadtteil prüfen werde. Dazu gehöre auch, dass die Vorschläge im Stadtteilforum Wehringhausen diskutiert würden.

>>HINTERGRUND: 3500 WOHNUNGEN ZU VIEL

  • Im Auftrag der Stadt Hagen sowie der städtischen Wohnungsgesellschaft HGW hat das Institut für Raumforschung und Immobilienwirtschaft an der Bergischen Universität Wuppertal unter der Regie von Prof. Dr. Guido Spars eine Wohnungsmarkstudie für Hagen erarbeitet.
  • Dabei wurde offenkundig, dass in der Stadt sieben Prozent der Mietwohnungen leer stehen und somit ein massiver Preisverfall voranschreitet. Der Experte hält eine Leerstandsquote von drei Prozent für tolerabel.
  • Prof. Spars regt daher einen intelligenten und kontinuierlichen Stadtumbau an: Über zehn Jahre hinweg sollten 350 unzeitgemäße Wohneinheiten pro Jahr vom Markt verschwinden, aber parallel auch 150 Objekte nach modernem Standard neu entstehen.