Eppenhausen. . Ärger an der Hagen Schule: Eltern beschweren sich darüber, dass Lehrpläne nicht geschafft werden und melden ihre Kinder ab.

  • Einzelne Klassen hinken angeblich den vorgegebenen Lehrplänen weit hinterher.
  • Häufig wechselnde Lehrer stoßen bei Eltern auf wenig Verständnis.
  • Schulleiter Alexander Fliege weist die Vorwürfe zurück.

Reformpädagogik bedeute, vom einzelnen Kinde aus zu denken, mit allen Sinnen zu lernen und eine ganzheitliche Erziehung und Bildung in Freiheit und Verantwortung anzustreben. So heißt es auf der Internetseite der Hagen-Schule, die vor fünf Jahren als private Montessori-Schule mit vielen Vorschusslorbeeren in Eppenhausen eröffnet wurde.

Doch inzwischen erheben Eltern schwere Vorwürfe gegen die Lehranstalt: „Ich liebe die Montessori-Pädagogik, aber was an der Hagen-Schule geschieht, hat damit nichts mehr zu tun“, behauptet Carolin Olivier, die ihre beiden Kinder von der Schule abgemeldet hat. Schulleiter Alexander Fliege weist die Vorwürfe im WP-Gespräch zurück. Man sei im Plan.

„Unhaltbare Zustände“ an der Hagen-Schule

In diesem Gebäude an der Lützowstraße befindet sich die Hagen-Schule.
In diesem Gebäude an der Lützowstraße befindet sich die Hagen-Schule.

Carolin Olivier, selbst Leiterin eines Kindergartens, spricht dagegen von „unhaltbaren Zuständen“ an der Hagen-Schule. Es seien sowohl zu wenig Lehrer als auch zu wenig Betreuungspersonal vorhanden, die Unterrichtsinhalte hinkten dem Lehrplan weit hinterher, in drei Jahren habe sie vier Klassenlehrer kennengelernt: „Es gibt an der Schule weder Beständigkeit noch Verlässlichkeit.“

Als sie die Probleme auf einer Elternversammlung habe diskutieren wollen, sei ihr vom geschäftsführenden Schulleiter Alexander Flieger der Mund verboten worden.

Bezirksregierung eingeschaltet

An der Hagen-Schule gibt es Probleme.
An der Hagen-Schule gibt es Probleme.

Wie Carolin Olivier geht es vielen weiteren Eltern. Sie haben ihre Kinder abgemeldet und sich in ihrer Not an die Bezirksregierung in Arnsberg gewandt, die für die Schulaufsicht zuständig ist. Dort heißt es, man befinde sich in „intensivem Austausch“ mit der Schule: „Es gab dort problematische Situationen, was den Unterrichtsumfang anbetrifft“, erklärte eine Sprecherin der Behörde. Im übrigen seien die Gründe, die Eltern dazu brächten, ihr Kind abzumelden, an einer Privatschule vielfältig.

Die Bezirksregierung unterstütze die Betroffenen dabei, eine andere Schule zu finden. Wie viele Kinder die Hagen-Schule in den vergangenen Jahren unplanmäßig verlassen hätten, vermochte in Arnsberg jedoch niemand zu sagen.

Laut Schulleitung erhöht sich Zahl der Schüler

Auch Alexander Flieger, der die Schule 2012 mit seiner Gattin Sibylle Hecker ins Leben rief, wusste keine konkreten Zahlen zu nennen, äußerte sich jedoch offen zu den von den Eltern erhobenen Anschuldigungen: „Natürlich gab es Abmeldungen, aber das sind doch allzu pauschale Vorwürfe.“ Die Schule habe zwar durch Stellenwechsel und Krankheiten einige Ausfälle von Lehrern zu beklagen gehabt, jedoch stets genügend Personal vorzuweisen gehabt – wie von der Bezirksregierung gefordert: „Wir sind voll im Plan.“

Eltern-Stimmen von der Hagen-Schule

 

Rommy Stagge: "Wenn ich meinen Sohn fragte, was er in der Schule gemacht hätte, bekam ich zur Antwort: Wir haben gemalt. Immer wieder, monatelang. Einmal kam er mit einem aneinander geklebten, drei Meter langen Band von Zetteln nach Hause, die er alle an diesem Tag bemalt hatte. Von heute auf morgen waren mehrere Lehrer verschwunden. Wir Eltern wurden darüber nicht informiert. Herr Flieger hat alles schön geredet, anstatt die Dinge anzugehen. Dafür forderte er vehement, dass ich mein Gehalt offenlege. Ich habe das als dreist empfunden."

 

Katharina Prigiel: "Die Kinder werden sich selbst überlassen, monatelang lernen sie nichts. Bei meiner Tochter heiß es, sie passe nicht ins System, ich sollte sie im Rahmen einer Lernortverlagerung zu Hause unterrichten. Das ist doch gar nicht erlaubt, es besteht doch Schulpflicht. Einmal fiel eine Klassenfahrt aus, weil angeblich zu viele Kinder Heimweh hätten. Ich hatte mir viel von der Schule erhofft, konnte es aber nicht verantworten, meine Kinder dort zu belassen. Montessori-Konzept? Dass ich nicht lache."

 

Annette Schmidt: "Ich habe erst durch meine Tochter erfahren, dass es  massive personelle Probleme gibt. Einmal hat sogar eine Küchenkraft den Unterricht geleitet. Viele Kinder wiesen Defizite auf. "

 

Melanie Barbrook: "Mein Sohn erzählte mir eines Tages, er ginge gar nicht auf eine richtige Schule, es sei wie im Kindergarten. Herr Flieger präsentierte immer ein strahlendes Lächeln, aber den Eltern wurde nie Einsicht in irgendwelche Vorgänge gewährt. Und die Lehrer? Irgendwann war keiner mehr da."

 

Dirk Föste: "Mein Sohn hat die Schule verlassen müssen. Dort wurde nur Blödsinn gemacht. Wenn die Kinder nicht lernen wollten, dann lernten sie eben nicht."

 

Britta Burandt: "Mein Sohn bekam statt der regulären 34 nur 18 Schulstunden: Sechs  Stunden „Unterricht“, vier Stunden Sport- bzw. Schwimmen, zwei Stunden Schulhof- bzw. Frühstückspause, zweieinhalb Stunden Mittagspausen, der Rest waren Fahrzeiten zu den Sportstätten (z.B. Sporthalle Rummenohl). Lesen, Schreiben und Rechnen habe ich ihm zu Hause beigebracht. Ich hatte mich für die Hagen-Schule entschieden, weil mir die Unterrichtsgestaltung nach dem Montessori-Konzept gefallen hat. Die Hagen-Schule wusste das allerdings in keinster Weise umzusetzen."

 

Fatima-Elke Köse-Dahlhaus: "Solche Vorwürfe machen mich wütend. Eine Montessori-Schule ist nicht für alle geeignet, die Eltern sollten sich vorher informieren, ob sie für ihr Kind in Frage kommt. Aber viele tun das nicht, werden ihrer Verantwortung nicht gerecht und schimpfen dann, wenn sie unzufrieden sind. Mein Sohn kommt an der Hagen-Schule hervorragend zurecht. Er macht alles selbstständig. Ich bin super zufrieden."

1/7

Natürlich sei es für Eltern immer schwierig, wenn ausgerechnet derjenige Lehrer ausfalle, zu dem sie eine enge Beziehung gehabt hätten. Andererseits erwarte man von den Eltern, dass sie sich tatkräftig am Aufbau der Schule beteiligten: „Wir können hier auch mit schwierigen Kindern zusammenarbeiten, aber die Eltern müssen mitziehen. Wenn sie das nicht tun, legen wir ihnen nahe, für das Kind eine andere Schule zu suchen.“ Nach wie vor befinde sich die Hagen-Schule auf Wachstumskurs, im nächsten Schuljahr werde die Schülerzahl von 120 auf 135 Kinder steigen.

Schulpflegschaft steht hinter Leiter

Die Schulpflegschaftsvorsitzende Barbara Schulik, die selbst drei Kinder (7, 12, 14) an der Hagen-Schule hat, pflichtet Flieger bei. Wer sein Kind an der Hagen-Schule anmelde, der müsse sich mit dem Montessori-Konzept auseinandersetzen: „Und das tun viele Eltern nicht.“ Wenn sie ihre Erwartungen dann nicht erfüllt sähen, kotzten sich manche Eltern aus: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“ Helikopter-Mütter, die ihre Kinder rundum versorgten und ihnen keine Eigenverantwortlichkeit zuständen, seien falsch an der Hagen-Schule.