Hagen.. In Hagen sind die Urteile im Raser-Prozess gefallen. Die Verteidiger hatten Freispruch gefordert – den gab es aber nicht.
Die langerwarteten Urteile im Hagener Raser-Prozess sind gefallen: Das Gericht verhängte am Montagnachmittag:
- ein Jahr auf Bewährung für den Fahrer des Skoda wegen fahrlässiger Körperverletzung
- ein Jahr und zehn Monate ohne Bewährung für den Fahrer des Audi wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort.
Rückblick: Hagen, 16. Mai, 2016: Ein Skoda und ein Audi rasen mit mindestens 80 Stundenkilometern über eine vierspurige Straße. Als von einem Parkstreifen am Rand ein Rentnerpaar mit seinem Smart auf den rechten Fahrstreifen zieht, kommt es zum dem Unfall mit tragischem Ausgang.
Diese Urteile fielen bisher in Raser-Prozessen
>>> HINTERGRUND: ILLEGALE AUTORENNEN2001 stirbt bei einem Raserunfall in Köln der Sohn des damaligen Oberbürgermeisters. Zwei Männer bekommen zwei Jahre Haft auf Bewährung.2008 verurteilt das Landgericht Konstanz zwei Raser zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung. Der Bundesgerichtshof widerspricht der Bewährung.2012 kommen bei Freiburg eine unbeteiligte 27-Jährige und einer der beiden Raser ums Leben. Der andere erhält zweieinhalb Jahre Haft.2015 stirbt in Köln eine Radfahrerin (19). Die beiden Raser erhalten zwei Jahre auf Bewährung.Im Juni 2017 starten drei Raser auf der Rathenaustraße in Mönchengladbach ein Rennen. Nur wenige Hundert Meter nach dem Start erfasst einer auf der Gegenfahrbahn einen Fußgänger: Der Mann wird 36 Meterweit durch die Luft gewirbelt wird und sofort stirbt. Die Staatsanwaltschaft will das Vergehen als Mord einstufen.
Der Audi, der auf der rechten Spur fährt, zieht, so das Gericht, nach links. Der Skoda-Fahrer will ausweichen, verreißt das Steuer und schleudert mit hohem Tempo in den Gegenverkehr. Hier stößt er mit dem Ford einer Hagener Familie zusammen. Ein sechsjähriger Junge wird so schwer verletzt, dass er wochenlang in Lebensgefahr schwebt. Er muss künstlich beatmet werden, er wird mehrfach operiert, ein Teil seines Dünndarms muss entfernt werden.
Hagener Fall nicht vergleichbar
Vergleichbar mit den spektakulären tödlichen Raserunfällen in Köln, Mönchengladbach und Berlin, wo Raser sogar wegen Mordes verurteilt wurden, ist der Hagener Fall aber nicht. Das unterstrich auch Dr. Bettina Wendlandt, Vorsitzende Richterin am Landgericht Hagen, in ihrer Urteilsbegründung: „Es war kein Rennen.“ Von einem illegalen Wettstreit zwischen dem Audi- und dem Skoda-Fahrer war noch in der Anklageschrift die Rede gewesen. Die Beweisaufnahme jedoch stützte diese Behauptung nicht.
Für Aufsehen in den Medien sorgte der Prozess, der auf fünf Tage angesetzt war, dennoch. „Der Leidensweg des kleinen Kindes ist das Erschütternde an diesem Fall“, so Richterin Bettina Wendlandt. Für das Gericht steht ferner fest: Hätten die Angeklagten sich an die vorgeschrieben Geschwindigkeit von 50 km/h gehalten, wäre die Situation zu beherrschen gewesen.
Beide Angeklagten sind seit dem Unfall ohne Führerschein. Der Skodafahrer muss weitere 19 Monate ohne Fahrerlaubnis auskommen, der Audifahrer sogar zwei Jahre. Während der Audifahrer im Prozess geschwiegen hatte, hatte sich der Skoda-Fahrer geäußert: Vor dem Unfall habe er einen Anruf seiner Frau erhalten. Sein Sohn hätte wie schon so oft einen Krampfanfall bekommen. Deshalb hätte er schnell nach Hause gewollt.
Entfernen vom Unfallort
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Im Falle des Skoda-Fahrers ging das Gericht sogar über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus (neun Monate auf Bewährung wegen fahrlässiger Körperverletzung), im Falle des Audi-Fahrers bliebt sie darunter (zwei Jahre und drei Monate wegen fahrlässiger Körperverletzung, vorsätzliche Verkehrsgefährdung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort). Zumindest die vorsätzliche Verkehrsgefährdung sahen die Richter nicht. Dass der Audifahrer zunächst weitergefahren, dann angehalten und zu Fuß zurückgekehrt war, sich gegenüber Polizisten allerdings als Zeuge ausgab, wird juristisch gesehen gewertet als Entfernen vom Unfallort.
Frank Becker, Verteidiger des Skoda-Fahrers, der sich mehrfach öffentlich bei den Unfall-Opfern entschuldigt hatte, hatte für eine geringere Bestrafung seines Mandanten plädiert. „Er hat Reue gezeigt und das mehr als ernst gemeint.“
Verteidiger fordern Freispruch
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Die drei Anwälte des Audi-Fahrers hatten in ihren Plädoyers jeweils einen Freispruch für ihren Mandanten gefordert. Am Ende sei ihm nur eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h nachzuweisen. Dafür verliere man nicht einmal den Führerschein.
Immerhin: Verurteilt ist der 34-Jährige bereits wegen der Beteiligung an einem spektakulären Tresor-Raub. Da in diesem Fall Revision eingelegt wurde, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Auch im Raser-Fall wollen die Anwälte die nächste Instanz anrufen. „Uns fehlt die Begründung, warum das Gericht davon ausgeht, dass sich der Smart bereits auf der Fahrbahn befunden hat“, so Rechtsanwalt Michael Aßhauer
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