Hagen. Vier Angeklagte, die Schutzgelder auch im Sauerland erpresst haben sollen, stehen seit Montag vor dem Landgericht in Hagen. Schwerer Raub und schwere räuberischer Erpressung wird der Verbrecherbande unterstellt.

Unter strengen Sicherheitsauflagen hat vor dem Landgericht Hagen der Prozess um mutmaßliche Schutzgelderpressungen im Sauerland begonnen.

Geschäftsleuten mit Hells Angels gedroht

Erst fällt in dem Lüdenscheider Sportwetten-Büro ein Schuss – um den Besitzer und Kunden zu bedrohen, wie es in der Anklageschrift heißt. Dann wird dem Geschäftsmann die Herausgabe der Videoaufzeichnung des Vorfalls mit deutlichen Worten nahegelegt: „Sonst kommen gleich 100 Hells Angels und machen dich platt.“ Seit Montag muss sich eine mutmaßliche Bande von Schutzgelderpressern, die sich in Lüdenscheid gegründet haben soll, vor dem Landgericht Hagen verantworten.

Nach Überzeugung von Staatsanwalt Axel Nölle sollen Murat S. (37), Murat Yasin H. (23, beide aus Lüdenscheid) sowie Filiz S. (30) und Ziya Y. (42, beide aus Köln) bei mehreren Geschäftsleuten in Lüdenscheid und Hagen-Hohenlimburg ihr illegales Geschäftsmodell praktiziert haben. Unter Hinzuziehung von Gewalt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll der 42-jährige Angeklagte der Rockergruppierung „Hells Angels“ angehören.

Entsprechend streng sind die Sicherheitsvorkehrungen zum Prozessauftakt. Jeder Besucher, der den Prozess verfolgen will, muss bis auf seine Kleidung alle Gegenstände, die er bei sich hat - vom Smartphone bis zur Zigarettenschachtel - vor dem Schwurgerichtssaal abgeben. Justizbeamte füllen die Sachen in blaue Müllsäcke und nummerieren diese - für die spätere Rückgabe an die Besitzer.

Kuttenverbot im Hagener Landgericht

Zudem hat die 4. Große Strafkammer verfügt, dass an sämtlichen Hauptverhandlungstagen im gesamten Hagener Justizzentrum das Tragen von Motorradwesten („Kutten“) und sonstigen Bekleidungsgegenständen, die auf die Mitgliedschaft in einem Motorradclub schließen, untersagt ist. Allerdings sei nicht bekannt, so das Landgericht in einer Mitteilung, ob die mutmaßliche Erpresser Bande „in größerem Umfang Verbindungen“ zu den „Hells Angels“ hat.

Erpresser-Prozess in Hagen

Schutzgelder-Prozess in Hagen: Der Angeklagte Murat Yasin H. verdeckt sein Gesicht.
Schutzgelder-Prozess in Hagen: Der Angeklagte Murat Yasin H. verdeckt sein Gesicht. © Michael Kleinrensing
Prozessbesucher im Landgericht Hagen müssen sich strengen Sicherheitskontrollen unterziehen.
Prozessbesucher im Landgericht Hagen müssen sich strengen Sicherheitskontrollen unterziehen. © Michael Kleinrensing
Richterin Heike Hartmann-Garschagen eröffnet den Prozess in Hagen.
Richterin Heike Hartmann-Garschagen eröffnet den Prozess in Hagen. © Bernd Thissen/dpa
Angeklagt sind drei Männer und eine Frau wegen Schutzgelderpressung.
Angeklagt sind drei Männer und eine Frau wegen Schutzgelderpressung. © WP Michael Kleinrensing
Anwalt Wolf Bonn und Ralph Giebeler mit dem Angeklagten Ziya Y..
Anwalt Wolf Bonn und Ralph Giebeler mit dem Angeklagten Ziya Y.. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Ziya Y. (stehend) und Murat S. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Der Angeklagte Ziya Y. (stehend) und Murat S. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Murat S. mit Anwalt Dieter Kaufmann und Gerd Oliver Salzmann (re.).
Der Angeklagte Murat S. mit Anwalt Dieter Kaufmann und Gerd Oliver Salzmann (re.). © Michael Kleinrensing
Verschärfte Sicherheitskontrolle am Eingang zum Gerichtssaal.
Verschärfte Sicherheitskontrolle am Eingang zum Gerichtssaal. © Michael Kleinrensing
Die Angeklagte Yasin H. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Die Angeklagte Yasin H. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Richterin Heike Hartmann-Garschagen eröffnet den Prozess in Hagen.
Richterin Heike Hartmann-Garschagen eröffnet den Prozess in Hagen. © WP Michael Kleinrensing
Die Angeklagte Yasin H. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Die Angeklagte Yasin H. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Bernd Thissen/dpa
Richterin Heike Hartmann-Garschagen eröffnet den Prozess in Hagen.
Richterin Heike Hartmann-Garschagen eröffnet den Prozess in Hagen. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Murat Yasin H. verdeckt sein Gesicht beim Prozessauftakt in Hagen.
Der Angeklagte Murat Yasin H. verdeckt sein Gesicht beim Prozessauftakt in Hagen. © Bernd Thissen/dpa
Verschärfte Sicherheitskontrolle im Landgericht Hagen.
Verschärfte Sicherheitskontrolle im Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Anwalt Ingo Thiee und Ralph Giebeler beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Anwalt Ingo Thiee und Ralph Giebeler beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Murat S. beim Prozess in Hagen.
Der Angeklagte Murat S. beim Prozess in Hagen. © Bernd Thissen/dpa
Verschärfte Sicherheitskontrolleb im Landgericht Hagen.
Verschärfte Sicherheitskontrolleb im Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Ziya Y. nimmt mit seinen Anwälten im Verhandlungssaal Platz.
Der Angeklagte Ziya Y. nimmt mit seinen Anwälten im Verhandlungssaal Platz. © Bernd Thissen/dpa
Staatsanwalt Axel Nölle beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Staatsanwalt Axel Nölle beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Murat Yasin H. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Der Angeklagte Murat Yasin H. beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Anwalt Ralph Giebeler beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Anwalt Ralph Giebeler beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © WP Michael Kleinrensing
Staatsanwalt Christoph Bußmann und Axel Nölle beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Staatsanwalt Christoph Bußmann und Axel Nölle beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Der Angeklagte Murat S. mit Anwalt Dieter Kaufmann beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Der Angeklagte Murat S. mit Anwalt Dieter Kaufmann beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Staatsanwalt Christoph Bußmann und Axel Nölle beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Staatsanwalt Christoph Bußmann und Axel Nölle beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Anwalt Dieter Kaufmann beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Anwalt Dieter Kaufmann beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Anwalt Dieter Kaufmann und Gerd Oliver Salzmann (re.) beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Anwalt Dieter Kaufmann und Gerd Oliver Salzmann (re.) beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Die Angeklagten (l., mit Aktendeckel, hinten und r.) mit ihren Anwälten beim Prozessauftakt.
Die Angeklagten (l., mit Aktendeckel, hinten und r.) mit ihren Anwälten beim Prozessauftakt. © Bernd Thissen/dpa
Anwalt Wolf Bonn beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen.
Anwalt Wolf Bonn beim Prozessauftakt am Landgericht Hagen. © Michael Kleinrensing
Prozessauftakt am Landgericht Hagen. 35 Verhandlungstage sind angesetzt.
Prozessauftakt am Landgericht Hagen. 35 Verhandlungstage sind angesetzt. © WP Michael Kleinrensing
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Im Juli 2015 sollen jedenfalls, so die Anklage, drei der mutmaßlichen Bandenmitglieder in Begleitung zweier aufgrund ihrer Kleidung eindeutig als „Hells Angel“ zu identifizierende Männer ein Café in Hohenlimburg aufgesucht haben. Der „eindringlich“ vorgetragene „Wunsch“ der ungebetenen Gäste: Die Gewinne aus den Gewinnspielautomaten sollen zum großen Teil an den mutmaßlichen Bandenchef Murat S. (37) gehen. Und der Inhaber des Cafés solle diesem die Rückzahlung eines Darlehens (23 000 Euro) erlassen. „Weißt du eigentlich, mit wem du dich anlegst?“, soll S.’ Schwester Filiz zu dem Gastronomen gerufen haben.

Drei der vier Angeklagten schweigen beim Prozessauftakt 

Am ersten Verhandlungstag schweigen drei der vier Angeklagten, alle vorbestraft. Der 23-Jährige berichtet, dass er Murat S. – von der Staatsanwaltschaft als Kopf der Bande eingestuft – Anfang 2015 über den Weg gelaufen und zu dessen Geschäftspartner geworden sei. Bei legalen Geschäften, so seine Überzeugung. Ob er dann nicht sauer auf den Kollegen sei, fragt Richterin Heike Hartmann-Garschagen, dass er in etwas hineingezogen wurde? Seine Antwort: „Wieso sollte ich?“

Der Angeklagte Murat S. (37), hier mit Anwalt Dieter Kaufmann, soll der Bandenchef gewesen sein.
Der Angeklagte Murat S. (37), hier mit Anwalt Dieter Kaufmann, soll der Bandenchef gewesen sein. © Michael Kleinrensing

Die meisten mutmaßlichen Schutzgelderpressungen - teilweise unter Gewaltanwendung - sollen in Lüdenscheid verübt worden sein. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, so die Staatsanwaltschaft, soll die Bande in einem Sportwetten-Büro sogar einen Schuss aus einer Pistole abgegeben haben. „Er sah sehr verängstigt aus“, schildert am ersten Prozesstag ein Polizeibeamter im Zeugenstand die Reaktion des Besitzers.

35 Verhandlungstage angesetzt

Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Hagen hat zunächst 35 Verhandlungstage angesetzt. Den vier Angeklagten ist im Gerichtssaal jeglicher Kontakt untereinander untersagt. Fortgesetzt wird der Prozess am Mittwoch, 15. Juni.