Hagen. . Bis 2022 müssen alle rund 500 Bushaltestellen in Hagen barrierefrei sein. Doch die Stadt hisst die weiße Fahne: Sie wird es nicht schaffen. Aber es gibt keine Strefgelder, beruhigt das Ministerium.

  • Hagen schafft Umbauziel für barrierefreie Bushaltestellen bis 2022 nicht
  • 18 000 Euro für jede der 500 Haltestellen nötig
  • Ministerium beruhigt: Es drohen keine Strafgelder.

Stand heute wird das nichts. Schon vor einem Jahr hatte der städtische Verkehrsplaner Jörg Winkler starke Bedenken geäußert, dass die Stadt Hagen dem novellierten Personenbeförderungsgesetz auch nur annähernd gerecht werden könnte. Demnach müssen bis zum 1. Januar 2022 knapp 700 Bushaltestellen in Hagen barrierefrei umgebaut werden. Ein Jahr später sind erst knapp zehn Prozent davon erreicht. Geht das in diesem Tempo weiter, wird das Ziel nicht erreicht. Von der Finanzierung ganz zu schweigen.

Rund 700 Haltestellen müssen baulich barrierefrei werden. Das heißt:

Bordsteine müssen im Einstiegsbereich 16 Zentimeter hoch sein, damit Rollstuhlfahrer problemlos einsteigen können. Im weiteren Haltestellenverlauf muss der Bordstein auf Fahrbahnniveau abgesenkt werden, damit Gehbehinderte mit ihrem Gefährt mühelos die Straße überqueren können.

Behindertenbeirat zeigt Verständnis für die Stadt

Der Vorsitzende des Hagener Behindertenbeirates, Meinhard Wirth, meint, dass es vermessen wäre, zu verlangen, dass 100 % der Bushaltestellen in Hagen bis 2022 barrierefrei umgebaut werden. „Das kann man angesichts der Zeit und der Haushaltslage ja gar nicht schaffen“, so Wirth. „Den Ansatz der Barrierefreiheit an allen Haltestellen finde ich natürlich gut, aber es müssen Kompromisse gefunden werden, die der Haushaltslage Rechnung tragen. Vor diesem Hintergrund habe ich Verständnis für die Situation der Stadt.“

Zuletzt war geplant, den Umbau eines Großteils der Bushaltestellen aus Mitteln des Kommunalinvestitionsförderungsgesetz („Konjunkturpaket III“) zu finanzieren, aus dem Hagen binnen drei Jahren 21 Millionen Euro erhält. Doch dafür gab es keine politische Mehrheit.

Dazu müssen so genannte taktile Elemente auf dem Boden angebracht werden. Leitstreifen und Rillenplatten, die Blinde per Taststab erkennen und merken, wo der Weg hinführt, wo der Bus hält und wo man besser nicht weitergehen sollte. Ein Noppenfeld zeigt zum Beispiel die Stelle, wo sich die Fahrertür öffnet.

18.000 Euro pro Haltestelle

„Wir haben riesige Probleme“, sagt Jörg Winkler, „ein zeitliches und ein finanzielles.“ Bislang sind knapp 70 Haltestellen umgebaut. Es wurde immer dann die Chance zum Umbau ergriffen, wenn ohnehin eine Straßenbaumaßnahme ausgeführt wurde. „Die Abstimmung mit der Hagener Straßenbahn klappt gut“, sagt Winkler, „aber eigentlich bräuchten wir große Investitions- und Personalprogramme für die Finanzierung und Umsetzung.“

Eine einzige Haltestelle umzubauen, kostet etwa 18.000 Euro. 12,6 Millionen Euro für sämtliche Haltestellen im Stadtgebiet also. Geld, das in der Nothaushaltskommune Hagen gar nicht vorhanden ist. Doch trotzdem sieht Jörg Winkler die Stadt in der Pflicht: „Für mich ist die novellierte Gesetzeslage maßgebend. Und die sagt: Alle Haltestellen umbauen bis 2022.“ Und er fürchtet sogar, dass es beim Nicht-Erreichen zu Strafzahlungen kommen könnte.

Hoffnung auf Fördergelder

Doch soweit wird es wohl nicht kommen. Das Landesverkehrsministeriums hat gestern auf Anfrage der WESTFALENPOST Entwarnung gegeben. „Es wird keine Sanktionen geben“, so Ministeriumssprecher Maik Grimmeck. Das Jahr 2022 sei als Ziel im Gesetz markiert. „Wenn eine Kommune das nicht schafft, dann hat sie aber die Pflicht, im Nahverkehrsplan darzulegen, bis wann sie das Ziel erreichen will.“

Und auch in Sachen Finanzierung sendet Düsseldorf Hoffnungszeichen gen Hagen. Derzeit werde im Landtag die Überarbeitung de ÖPNV-Gesetzes beraten. „Noch ist nichts entschieden, aber es wird ein neuer Fördertatbestand diskutiert“, so Maik Grimmeck. „Es wird überlegt, die Kommunen bei dieser Aufgabe auch finanziell zu unterstützten.“