Hagen. . Es ist noch nicht zu spät für Hagen, sich als Top-Wanderregion zu etablieren, sagt Experte Klaus Erber. Aber er benennt auch die Hausaufgaben.

  • Deutschlands führender Wanderexperte beleuchtet Hagens Potenzial
  • Noch nicht zu spät für Wanderregion
  • Weniger, aber bessere Wege anbieten

Hagen ist nicht zu spät dran. Hagen hat noch Chancen zu einer Top-Wanderregion mit Strahlkraft zu werden. Das sagt Klaus Erber, einer der führenden Wanderexperten Deutschlands. Er ist Vorsitzender des Deutschen Wanderinstituts, das die Premiumwanderwege zertifiziert. Unter anderem den Drei-Türme-Weg in Hagen. Im Gespräch mit der WESTFALENPOST macht Erber aber deutlich, welche Hausaufgaben Hagen erfüllen muss.

Das Potenzial

Das Potenzial ist da, sagt Klaus Erber: Nach einer Erhebung seines Instituts sagen mehr als die Hälfte der über 14-Jährigen in Deutschland, dass sie öfter wandern gehen. Und wer viel wandere, der suche auch immer wieder nach neuen Regionen. „Für ein gutes Wanderwochenende fährt man dann auch 200 Kilometer.“ Großstadt und Industrie sind keineswegs eine Ausschlusskriterium für eine Top-Wanderregion. „Der Hauptgrund für das Wandern, das zeigen alle unsere Befragungen, ist das Naturerlebnis“, so Erber. „Aber daneben sind auch Aussichten wichtig.“ Das müsse nicht der Blick auf die pittoreske Fachwerkstadt sein, das könne gerade der Blick auf Industrie sein. „Natürlich nicht nur. Es muss Abwechslung geben.“

Die Lage

Hagen liegt nicht an einem der populären „Steige“ wie Rothaar- oder Rheinsteig. Aber auch das ist laut Klaus Erber kein Hindernis. Der Markt der Fernwanderwege sei ohnehin eher gesättigt. Die meisten hätten keine Zeit, diese zu wandern. Gefragt sei ein anderes Profil: Regionen, in denen es mehrere attraktive (Rund-)Wege gebe.

Die Menge

Wandern als harter Standortfaktor

Die Müllproblematik ist die Gegenwart. Diese anzugehen braucht viel Energie. Das Thema Wandern ist Zukunft. Und dafür muss auch Kraft bleiben. Das ist zugespitzt, meint aber: Hagen braucht neben der Problembewältigung auch eine Vision. Wer nicht glaubt, dass wir das Zeug für eine echte Wanderregion haben, der war lange nicht mehr in Hagens Wäldern und auf den Höhen unterwegs. Zum einen besteht das Potenzial, dass mehr Wanderer nach Hagen kommen, hier auch die Gastronomie nutzen, einkaufen gehen oder das Theater besuchen. Zum anderen winkt ein Image-Gewinn. Der ist kein Luxus! Den brauchen Hagens Unternehmen, um künftig (siehe Negativ-Beispiel Douglas) Fachkräfte gewinnen zu können. Ein hoher Freizeitwert ist zum harten Standortfaktor geworden. Zusammen mit all den Plänen rund um den Hengstey- und Harkortsee kann ein großer Wurf gelingen. Aber wenn die Stadt das wirklich will, dann braucht es die (personelle) Ausstattung. Ja, das kostet Geld. Aber für eine Zukunftsvision lohnt es sich. Michael Koch

Ein zertifizierter Premium-Wanderweg wie der Drei-Türme-Weg ist das Zugpferd, er reicht aber nicht aus. „Ganz klar: Ein attraktiver Wanderweg macht noch keine Wanderregion. Fünf Wege, die wirklich Qualitätsansprüchen genügen, sind das Minimum.“ Erber weiß, dass er oft in Konflikt mit SGV und Co. gerät, wenn er sagt: „Und solche Wege sind meist nicht die vielen mit X gekennzeichneten Wege, die von den örtlichen Vereinen betreut werden.“ Vielmehr müsse man das Wegenetz ausdünnen. Und sich auf einige attraktive Strecken konzentrieren.

Streckenlänge

Variable Längen müssen die angebotenen Strecken haben: „Acht Kilometer, 14 Kilometer, auch mal 20 Kilometer .“ Und sie müsste sehr gut ausgeschildert sein: „Man muss die Wege ohne Karten oder sonstige Hilfsmittel gehen können.“ Es müssen Rundwanderwege sein. Oder aber: Sie müssen zumindest dort enden, wo man verlässlich mit Bus oder Bahn zum Ausgangspunkt zurück kommt.

Service

Ein gastronomisches Angebot und Einkehrmöglichkeiten sind Wanderern sehr wichtig, weiß Klaus Erber aus den Befragungen seines Instituts: „Dazu muss es dann aber verlässliche Angaben geben. Der Wanderer informiert sich heute vorab im Internet. Er muss tagesscharf über Öffnungszeiten informiert werden.“ Erklärungen am Rande des Weges seien eine Notwendigkeit: „Ein Wanderer will nicht zwei Stunden eine Burg besichtigen. Aber er will die Erklärung, was er dort sieht.“

Baumwipfelpfad

Den geplanten Baumwipfelpfad an der Hinnenwiese sieht Klaus Erber positiv: „Ich kenne solche Pfade. Das ist kein Halli-Galli, hier wird Menschen die Natur nahe gebracht. Wanderer werden auf ihrer Tour nicht unbedingt den Baumwipfelpfad nutzen, aber sie nehmen die Region als attraktiv wahr und kommen auch wieder.“

Kultur und Wandern

Hagen hat das Stadttheater, Hagen hat Museen. Und die Themen Kultur und Wandern können nach Erbers Ansicht durchaus touristisch miteinander verbunden werden könne: „Wir wissen, dass es die Wanderer gibt, die tagsüber in der Natur sein wollen, aber auch das Vier-Sterne-Hotel für die Nacht buchen und solche Kulturangebote nutzen wollen.“

Die Grundsatzfrage

Für Klaus Erber ist die entscheidende Frage: „Was will Hagen: Nur den eigenen Bürgern Naherholung bieten oder auch Wanderer von außen anlocken? „Wenn man das Wandern touristisch nutzen will, dann geht das nur durch eine professionelle Betreuung. Das kann man nicht ehrenamtlich machen. Das Wegenetz betreuen oder die Internetseite pflegen, das muss hauptamtlich geschehen.“