Hagen. . Vor Gericht sitzt ein Entwicklungsingenieur (46), ihm zur Seite Rechtsanwältin Julia Gray. Unerlaubte Abfallentsorgung lautet der Vorwurf. Es geht um 35 Euro Bußgeld.
- Letzter Fall des Mülldetektivs vor Gericht
- Es ging um 35 Euro Bußgeld
- Detektiv arbeitet jetzt als Schaffner
Es ist kein Abschied mit Wehmut, sondern mit Groll: Hagens ehemaliger Mülldetektiv (38) hat, wie er selber sagt, „die Schnauze voll“. Viel zu oft hat er sich über renitente Umweltferkel ärgern müssen. Während über einen Nachfolger noch diskutiert wird, hatte er jetzt seinen letzten Fall.
Vor Gericht sitzt ein Entwicklungsingenieur (46), ihm zur Seite Rechtsanwältin Julia Gray. Unerlaubte Abfallentsorgung lautet der Vorwurf. Es geht um 35 Euro Bußgeld. Die will er nicht zahlen und gegebenenfalls aufs Ganze gehen.
Am 25. Februar vergangenen Jahres, so der Vorwurf im Bußgeldbescheid, hätte er einen leeren Persilkarton in einen Papiercontainer an der Augustastraße gestopft. Zwar ist das Einwerfen von Pappe darin erlaubt, doch war der Waschpulverkarton von innen mit Plastikfolie ausgekleidet – und diese gehört nun mal nicht ins Altpapier.
Dummerweise lauerte versteckt auch noch der Mülldetektiv und fotografierte mit seinem Teleobjektiv das Umweltvergehen. Auf den Fotos sieht man ein Auto sowie einen Mann mit Persilkarton. Ganz offensichtlich der Umweltsünder, der die Pappe samt Folie in den Papiercontainer schiebt. Einen besseren Beweis als solche Tataufnahmen, könnte man glauben, gibt es eigentlich nicht.
Doch auf den Bildern aus der Digitalkamera ist auch eine eingeblendete Uhrzeit zu sehen. Das lässt den Betroffenen triumphieren: „10.51 Uhr? Das kann unmöglich ich sein.“ Zu diesem Zeitpunkt, an jenem Sonntag, befand er sich nachweislich in der Kirche: „Auf der Taufe von einem 50-jährigen Freund, ich habe dort Fotos gemacht.“ Alle Taufgäste könnten das bestätigen.
Nun als Schaffner unterwegs
Außerdem wäre man eine ganz andere Strecke gefahren und an besagtem Müllcontainer in der Augustastraße gar nicht vorbeigekommen.
Umweltrichterin Susanne Wegner zeigt auf die Fotos in der Akte: „Ist das ihr Auto?“ Er nickt: „Ja.“ Die Richterin tippt auf den Kartoneinwerfer am Container. „Ich sehe nur einen Mann“, erklärt der Entwicklungsingenieur kleinlaut, „ob ich das bin, weiß ich nicht.“ Die Richterin widerspricht: „Ich würde sagen, das sind eindeutig Sie!“ Dann hakt sie energisch nach: „Haben Sie den Persilkarton dort eingeschmissen, ja oder nein?“ Der Betroffene windet sich elegant heraus: „Ich weiß es nicht mehr.“
Doch weiterhin beharrt er darauf, um 10.51 Uhr in der Kirche gewesen zu sein. Die Richterin blättert im Protokoll des Mülldetektivs. Darin hatte er als Tatzeit 9.51 Uhr notiert. „Auch wenn die Zeit in der Kamera um eine Stunde falsch eingestellt war, wird Sie das nicht vollständig entlasten“, so die Richterin Wegner. „Ich kann anbieten, das Verfahren einzustellen. Ihre Anwältin müssten Sie aber selbst bezahlen.“ Das bedeutet immerhin ein Anwaltshonorar von 450 Euro. Glücklicherweise ist er rechtsschutzversichert.
Rechtsanwältin Gray gibt nach kurzer Beratung für ihren Mandanten die Erklärung ab: „Unter Zurückstellung aller Bedenken hat er sich entschieden, der Einstellung zuzustimmen.“
Der ehemalige Mülldetektiv, der mittlerweile als Zugschaffner arbeitet und die ganze Zeit vor dem Saal warten musste, wird hereingerufen. Seine Zeugenaussage ist nicht mehr nötig.
„Haben Sie noch andere Verfahren?“ fragt der Mann sichtlich genervt. „Nein“, antwortet die Richterin, „das war jetzt der letzte Fall.“ Daraufhin ist ein lauter Stoßseufzer von ihm zu hören: „Zum Glück!“