Hagen. . Frank „Zico“ Schmidt ist der Frontmann der „Bürger für Hohenlimburg“. Seine Vision: Ein eigenständiges Hohenlimburg in einem Kreis Hagen.
- Serie „So funktioniert Hagens Politik“
- Heute im Porträt: Frank „Zico“ Schmidt
- Traum von der Eigenständigkeit Hohenlimburgs
Der Löwe ist quasi noch frisch. Gestochen beim letztjährigen Stadtfest. Roter Körper, blaue Krallen, blaue Zunge. So brüllt es, das Wappentier Hohenlimburgs. Und zwar als deutlich sichtbares Tattoo auf dem Unterarm von Frank Schmidt. Als der Kaffee in seinem Ein-Mann-Büro in Raum C321 des Hagener Rathauses durch den Automaten auf der Fensterbank in eine Tasse mit dem Aufdruck „Lindenstraße“ läuft, erinnert sich der Ratsherr an den 11. November 1976. Ohne diesen Tag, an dem Bezirksvorsteherin Marie Schumann auf den Balkon des Hohenlimburger Rathauses stieg, wäre Schmidt heute kein Kommunalpolitiker. Und auch die „Bürger für Hohenlimburg“ gäbe es nicht. Er wäre Journalist geblieben. Das Tattoo allerdings, das hätte er trotzdem.
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Frank Schmidt, 51, atmet durch. „Die dickste Kröte ist vom Tisch. Das Richard-Römer-Lennebad wird nicht geschlossen.“ Es ist eines dieser Hohenlimburger Themen, für die Frank Schmidt antritt. Der Stadtteil im Hagener Osten ist für Schmidt Heimat und Programm zugleich. In 4 von 29 Wahlkreisen waren seine „Bürger für Hohenlimburg“ (BfHo) bei der Kommunalwahl 2014 angetreten – genauer gesagt: in Hohenlimburg. 2,3 Prozent der Wähler machten stadtweit ihr Kreuzchen für die BfHo. Das langte am Ende für einen Sitz im Rat für Frontmann Schmidt, der mittlerweile, nach längerer gerichtlicher Auseinandersetzung mit der Stadt Hagen, mit Ratskollege Thorsten Kiszkenow (Piraten) eine anerkannte Ratsgruppe bildet. Schmidt ist Geschäftsführer dieser Gruppe.
Der Antrieb allen Handelns
„Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, dass wir nur Dorftümelei betreiben“, sagt Schmidt, „wir richten den Blick sehr wohl auf die gesamte Stadt und arbeiten uns intensiv in alle Hagener Themen ein.“
Antrieb allen kommunalpolitischen Engagements bleibt aber Hohenlimburg. Und die Vision, dass der 1975 eingemeindete Stadtteil eines Tages wieder eigenständig sein wird. „Vielleicht in einem Kreis Hagen. Die Stadt Hagen wäre der Sitz der Kreisverwaltung und das wichtigste Zentrum in diesem Kreis. Hohenlimburg wäre darin eine eigenständige Kommune.“
Dass Schmidt dieser Gedanke antreibt, hat mit jenem diesigen und nass-kalten 11. November des Jahres 1976 zu tun. Am 1. Januar des Vorjahres 1975 war die kommunale Gebietsreform in NRW mit ihrer letzten Zündstufe in Kraft getreten. Überkommene Gemeindestrukturen, die in ihrer Form noch auf das 19. Jahrhundert zurückzuführen waren, wurden neu geordnet. Hagen erhielt durch das Sauerland/Paderborn-Gesetz vom 5. November 1974 Flächenzuwachs. Neben Berchum, Garenfeld, Teilen von Waldbauer und Breckerfeld (Dahl), Ennepetal (Teile des Hasperbachtals) und kleineren Flächen von Nachrodt-Wiblingwerde und Dortmund bedeutete das vor allem: Das vormals eigenständige Hohenlimburg gehörte ab sofort zu Hagen. „Hohenlimburg hatte dagegen geklagt“, erinnert sich Schmidt. Am 11. November stieg Bezirksvorsteherin Schumann vor Hunderten Hohenlimburgern auf den Balkon des Rathauses und erklärte, dass die Klage abgewiesen worden sei. „Die Menschen waren tief traurig, man hatte ihnen die Stadtrechte genommen. Als ich diese Stimmung so intensiv spürte, da entschied ich: Wenn du mal groß bist, dann tust du etwas dagegen.“
Aufbruchstimmung erzeugt
In den 80er-Jahren versuchte die Bürgervereinigung zur Wiederherstellung der Selbstständigkeit erneut, die neuen Strukturen aufzubrechen. Doch es gelang nicht. Mitte der 90er-Jahre wollte sich die engagierte Mannschaft auflösen. Der Mittdreißiger Schmidt aber wurde Vorsitzender, kniete sich mit voller Kraft in das Projekt. Rund zehn Jahre später wurde die mögliche (Wieder-)Selbstständigkeit Hohenlimburgs Thema im kommunalpolitischen Ausschuss des NRW-Landtags. „Die Aufbruchstimmung in Hohenlimburg war großartig“, sagt Schmidt. Doch aller Enthusiasmus war vergebens. „Wir hatten letztlich keine Chance.“
2005/2006 entbrannte der Kampf um das Kirchenberg-Bad. Wieder war Schmidt der Frontmann der Initiative „Ja zum Kirchenberg-Bad.“ Man gewann sogar den Bürgerentscheid. „Aber das Quorum haben wir nicht erreicht“, sagt Schmidt. Es fehlten 20 Prozent der Stimmen. „Wir haben in manchen Stadtteilen Hagens kaum jemanden mit dem Thema erreicht.“
Schmidt kroch mental auf dem Zahnfleisch. Der einstige Journalist dieser Zeitung war demoralisiert und enttäuscht. Kurz davor, einfach aufzugeben. Doch dann kam Hagens Erster Bürgermeister Hans-Dieter Fischer mit einem Zitat um die Ecke, das jahrelang wie ein Stachel im Fleisch von Frank Schmidt saß. „Er hat gesagt, dass er froh gewesen sei, dass sich die Hohenlimburger Partikularinteressen nicht durchgesetzt haben.“
Das war ein Schub. Neuer Antrieb. Neue Kraft. So stinkig Frank Schmidt jahrelang auf Hans-Dieter Fischer wegen dieses Spruches war, so sehr kitzelte das Statement des Bürgermeisters weitere Tropfen Sprit aus Schmidts mentalem Tank. „Wir haben die Bürger für Hohenlimburg gegründet, mit denen wir jetzt im Rat sitzen. Wir sind motiviert. Wir sind weiterhin da.“
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Schmidt will nicht wirken wie jemand, der alte Sissi-Streifen guckt und sich dabei die Augen aus dem Kopf heult, weil früher alles besser und seine Hohenlimburger Welt noch heile war. „Aber wir müssen auch die Realitäten im Blick halten. Im wichtigen Nebenzentrum Hohenlimburg hat sich stadtentwicklungstechnisch seit 25 Jahren nichts getan. Während in der Hagener Innenstadt dauernd Lösungen gefunden werden, verkümmert Hohenlimburg zusehends.“
Späte Entschuldigung
Damit Schmidt und Gruppen-Partner Thorsten Kiszkenow von den Piraten ihre politischen Ideen durchbringen können, müssen sie ganz anders arbeiten als Fraktionen das tun. Als Gruppe im Rat können sie zum Beispiel keine Anträge stellen, sondern nur Anfragen abgeben. „Wir haben aber mit den Linken eine Fraktion gefunden, mit der wir gut zusammenarbeiten können.“
Dass seine kleine Partei nicht mehr nur als verträumter Haufen wahrgenommen wird, hat Schmidt nicht zuletzt erkannt, als ein Mann im Rat kurz nach der Auszählung bei der letzten Kommunalwahl aufstand, zu Schmidt kam und sich für den Spruch entschuldigte, der Frank Schmidt in den vergangenen Jahren einen enormen Schub verpasste hatte. Der Mann war Bürgermeister Hans-Dieter Fischer. „Wir haben sehr ehrlich miteinander gesprochen, und ich habe mich über seine Entschuldigung gefreut.“