Hagen. . Normalerweise beantragen in Hagen 40, 50 Personen pro Jahr den kleinen Waffenschein. Seit Anfang des Jahres sind aber schon fast 400 Personen.

  • Bis März schon 400 Anträge auf kleinen Waffenschein
  • Sonst nur 40, 50 Anträge pro Jahr
  • Unsicherheitsgefühl steigt

Im Januar hatte die Polizei von einem „extremen“ Anstieg gesprochen. Im März muss die Behörde noch mal nachlegen und von einem „nie dagewesenen Anstieg“ sprechen. Denn seit Beginn des Jahres sind in Hagen fast 400 sogenannte kleine Waffenscheine beantragt worden. Normal sind 40, 50 pro Jahr. Für die Polizei und den Hagener Waffenhändler Willi Becker ist das Ausdruck eines allgemeinen Unsicherheitsgefühls.

Antworten stehen noch aus

Wie viele scharfe Waffen in Hagen im Umlauf sind, darüber kann die Polizei keine Angaben machen. Nach einer Anfrage beim Nationalen Waffenregister verwies man uns an das Land NRW. Die Beantwortung dort steht noch aus.

Scharfe Waffen, für die man einen Waffenschein benötigt, führen in Hagen 575 Jäger, 7 Sammler und 485 Sportschützen.

Mit einem kleinen Waffenschein ist man zum Führen einer Gas- oder Schreckschusswaffe berechtigt. Solche Schreckschusswaffen feuern im Gegensatz zu echten Waffen keine Projektile ab, sondern verschiedene Arten von Reizgas- oder Kartuschenmunition. Sie sollen abschrecken, nicht verletzen, sind optisch aber einer echten Waffe nachempfunden. „Wie viele solcher Waffen tatsächlich von Hagener Bürgern mitgeführt werden, kann die Polizei, bei der man den kleinen Waffenschein beantragen muss, nicht sagen. Die Behörde führt darüber keine Statistiken. Sie prüft lediglich, ob der Bewerber volljährig, nicht vorbestraft und nicht drogen- oder alkoholabhängig ist. Zudem müssen Bewerber körperlich und geistig geeignet sein. Wenn das alles zutrifft, bekommen sie den kleinen Waffenschein ausgehändigt.

Polizei sieht Umgang kritisch

„Das ist schon ein Zeichen gestiegener Unsicherheit, dass es so viele Anträge gibt“, sagt Polizeisprecher Tino Schäfer. „So viele Anträge sind bemerkenswert.“ Schon im Januar hatte die Polizei unserer Zeitung gegenüber erklärt, dass sie den Selbstschutz mit Schreckschusswaffen und Co. kritisch sehe, weil auch die Gefahr bestehe, dass man sich durch unsachgemäße Bedienung selbst gefährde. Oder dass die Waffe gegen einen selbst eingesetzt werde, wenn Angreifer sie an sich nehmen würden. Eine Gaspistole, in Kopfnähe eingesetzt, könne zu Verletzungen führen. Besser sei es, stets belebte Plätze anzusteuern und – noch viel effektiver – zum Handy zu greifen und die Polizei anzurufen oder auf laut schrillende Alarmgeräte zurückzugreifen, die Täter abschrecken würden.

Wie groß der Wunsch ist, sich mit einer Schreckschusswaffe, Pfefferspray, Elektroschocker oder Schlagstock zu schützen, spürt Waffenhändler Willi Becker täglich an seinem Verkaufstresen. „Sie kriegen aktuell kaum noch etwas. Man muss Wartezeiten in Kauf nehmen, wenn man derzeit eine Gaspistole kaufen möchte.“ Die Kunden seien unterschiedliche Personen. Junge Damen seien genauso dabei wie ältere Herren. „Die Menschen haben Angst, sich an spezielle Orte zu begeben und möchten sich schützen“, sagt Becker – natürlich auch mit Geschäftsinteresse.

Unsere Zeitung hatte zuletzt über Angsträume in Hagen berichtet. In der heutigen Ausgabe greifen wir das Thema mit Reaktionen unserer Leser wieder auf.