Hagen. . Die Sicherheitslage in Hagen ist nicht beunruhigend. Flüchtlinge spielen bei Gewaltdelikten kaum eine Rolle. Das ergibt eine Analyse der Situation durch die Polizei.
- Die Sicherheitslage in Hagen ist nicht beunruhigend
- Flüchtlinge spielen bei Gewaltdelikten kaum eine Rolle
- Das ergibt eine Analyse der Situation durch die Polizei
Es sind Anzeichen für eine verunsicherte Hagener Gesellschaft: Die Zahl der Anträge für den so genannten kleinen Waffenschein sind extrem gestiegen, die Nachfrage nach Pfefferspray, Gas- und Schreckschusspistolen ist groß – unsere Zeitung hat darüber berichtet. Insbesondere nach den Vorfällen von Köln wird dieses Unsicherheitsgefühl mit der Flüchtlingswelle in Verbindung gebracht. Doch deckt sich das subjektive Empfinden vieler Bürger mit den Zahlen der Polizei? Polizeipräsident Wolfgang Sprogies hat für die WESTFALENPOST die Lage analysiert.
Das Fazit: Die Statistik für 2015 wird zwar zumindest bei den Wohnungseinbruchsdelikten einen Anstieg der Kriminalität in Hagen aufweisen. In den allermeisten Bereichen gibt es aber keinen signifikanten Anstieg – vor allem nicht bei Sexualdelikten. Die etwa 3000 Asylbewerber und Flüchtlinge spielen bei einigen Tatverdächtigen-Gruppen zwar eine Rolle, aber nicht bei Gewalt- und Sexualdelikten.
600 Verdächtige sind Flüchtlinge
Die Zahlen, die der Polizeipräsident den WP-Lesern präsentieren kann, sind noch nicht der Endstand. Die exakte Statistik gibt es erst im März, wenn NRW-Innenminister Ralf Jäger auch die Landeszahlen präsentiert. Die Tendenzen spiegeln elf Monate wieder, einige Anzeigen und Fälle sind noch nicht enthalten. Trotz dieser Einschränkungen gibt es deutliche Hinweise. Die Polizei in Hagen konnte rund 7000 Tatverdächtige, die für verschiedene Straftaten verantwortlich gemacht werden, ermitteln. Rund 40 Prozent von ihnen haben keine deutsche Staatsangehörigkeit. Von den 7000 sind aber nur etwa 600 Asylbewerber oder Flüchtlinge (8,6 Prozent). Schaut man auf die einzelnen Deliktarten ergibt sich ein noch differenzierteres Bild.
Kapitaldelikte (Mord/Totschlag): Es gab kein einziges versuchtes oder vollendetes Tötungsdelikt, bei dem ein Asylbewerber ein Tatverdächtiger ist.
Sexualdelikte: Bei aller Vorsicht, dass nicht alle Taten erfasst sein könnten: Bislang ist nur ein Fall registriert, in dem ein Asylbewerber wegen eines Sexualdelikts Tatverdächtiger ist. Der ist allerdings massiv – unsere Zeitung hatte berichtet. Einem 36-jährigen Asylbewerber wird vorgeworfen, eine 17-jährige Hagenerin, die mit ihm in die Flüchtlingsunterkunft in Boele gegangen war, im November schwer sexuell missbraucht zu haben. Hier haben Polizei und Justiz aber auch reagiert: Der Mann sitzt weiter in Untersuchungshaft, ist inzwischen angeklagt und muss sich im Februar vor Gericht verantworten. Insgesamt gilt: Nach bisherigem Stand gab es im Jahr 2015 in Hagen 77 Tatverdächtige wegen Sexualdelikten, nur einer war Asylbewerber. Es gibt laut Polizei auch keinen Anstieg von angezeigten Sexualdelikten, bei denen noch kein Tatverdächtiger ermittelt wurde.
Körperverletzung: Im Jahr 2015 sind etwa 2000 Tatverdächtige bei Körperverletzungsdelikten registriert worden, rund 60 davon waren Asylbewerber.
Ladendiebstähle: Hier liegt der Anteil von Asylbewerbern höher: Rund 1500 Tatverdächtige wurden im vergangenen Jahr ermittel, 200 waren Asylbewerber.
Taschendiebstahl: Rund 40 Tatverdächtige wurden insgesamt ermittelt, acht davon waren Asylbewerber. Einzuschränken ist dabei: Die Aufklärungsquote bei Taschendiebstählen ist relativ niedrig.
Betrugsdelikte: Hier wurden im vergangenen Jahr binnen elf Monaten in Hagen rund 1700 Tatverdächtige ermittelt, 195 davon waren Asylbewerber. Geht man noch weiter ins Detail, relativiert sich diese Zahl. Denn in rund 145 Fällen ging es ums Schwarzfahren.
Wohnungseinbrüche: Schon jetzt ist klar, dass die Zahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr deutlich gestiegen ist – nachdem es drei Jahre lang rückläufige Zahlen gab. Aber auch hier gehen die Ermittler nicht davon aus, dass Flüchtlinge die Täter sind. Aufgrund eines immer professionelleren Vorgehens stehen vielmehr organisierte Banden aus Südosteuropa im Fokus der Ermittler.
Polizeipräsident Wolfgang Sprogies sieht in Hagen „keine verschärfte Sicherheitslage“. Im WP-Interview hofft er, dass sich dies bald wieder in der Stimmung der Bürger widerspiegelt: „Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage nach Schreckschusswaffen oder Pfefferspray nach einiger Zeit wieder zurückgeht.“