Hagen. . Die Schüler der August-Hermann-Francke Schule müssen im Sommer aus der Selbecker Straße nach Wehringhausen umziehen. Eine stockende Inklusion durchkreuzt die Schulplanung in Hagen.
- Förderschulen fusionieren in Wehringhausen
- Am Standort in der Selbecke zu wenig Klassenräume
- Inklusion entpuppt sich als zähes Projekt
Die Förderschule Friedrich von Bodelschwingh bleibt, wo sie ist: im Schulzentrum Wehringhausen. Dagegen verliert die Förderschule August-Hermann-Francke bei der bevorstehenden Zusammenlegung nicht nur ihren Namen, sondern auch ihre Heimat: Die Schüler müssen im Sommer aus der Selbecker Straße nach Wehringhausen umziehen. „Wir werden den Übergang so gut wie möglich planen, damit er für unsere Schüler verträglich abläuft“, versprach Schulleiterin Britta Hein.
Ursprünglich sollten beide Schulen in der Selbecke zusammengelegt werden; der Bodelschwingh-Schule als der größeren Lehranstalt gebührt dabei das Recht, dem fusionierten Gebilde ihren Namen zu geben. Doch die Inklusion machte diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung, genauer gesagt: die stockende Inklusion. „Bei den Förderschulen ist der Schülerrückgang durch die Inklusion nicht so stark wie prognostiziert eingetreten“, so Jochen Becker, Leiter des Fachbereichs Bildung. Bislang entschließen sich weit weniger Eltern von Jungen oder Mädchen mit Förderbedarf dazu, ihr Kind an einer Regelschule anzumelden, stattdessen geben viele nach wie vor den bewährten Förderschulen den Vorzug. Offenbar sehen sie ihren Nachwuchs dort besser betreut. Im Bereich der Sekundarstufe verzeichnen die Hagener Förderschulen im laufenden Schuljahr gar eine deutliche Zunahme von 28 Schülern.
Zu wenig Platz
Das aber hat Konsequenzen für den Zusammenschluss von Francke- und Bodelschwingh-Schule. Das Gebäude in der Selbecke ist auf Basis der neuen Zahlen schlichtweg zu klein, um genügend Platz für adäquaten Unterricht zu bieten. „Eine Zusammenlegung am Standort Selbecker Straße ist nicht möglich“, fasste Schulrätin Vera Besser die Situation nach einem Ortstermin zusammen. Die Francke-Schule verfügt über maximal zwölf Klassen- und Gruppenräume, untergebracht werden müssen nach der Fusion aber mindestens 13 Klassen.
Im Schulzentrum Wehringhausen finden die Schüler dagegen noch mindestens bis 2021 ausreichend Platz. Die städtische Immobilie soll zwar an die dort ebenfalls beheimatete Freie evangelische Gesamtschule veräußert werden, doch diese befindet sich im Aufbau und braucht erst nach und nach mehr Raum. Außerdem zieht das Rahel-Varnhagen-Kolleg von Wehringhausen nach Emst.
Namensgebung unverändert
Also kann die Zusammenlegung von Francke- und Bodelschwingh-Schule wie geplant im Sommer stattfinden, doch die Schüler aus der Selbecke werden dann nach Wehringhausen fahren müssen. An der Namensgebung ändert sich nichts, die fusionierte Schule wird Bodelschwingh-Schule heißen. Was mit dem Schulgebäude an der Selbecker Straße geschieht, ist nach Auskunft von Schuldezernentin Margarita Kaufmann völlig offen.
Angst vor Konsequenzen
Mit der Inklusion an den Schulen, also dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern, ist das so eine Sache. Für so manchen förderbedürftigen Schüler mag es sinnvoll sein, in einem inklusiven Umfeld unterrichtet zu werden. Auf der anderen Seite muss man aber auch akzeptieren, dass nicht wenige Eltern mit dem bestehenden System der Förderschulen ausgesprochen zufrieden sind, weil es auf die Bedürfnisse ihrer Kinder individueller zugeschnitten ist.
An den Grundschulen ist die Inklusion längst zum Alltag geworden, dort werden Kinder mit Förderbedarf aber auch schon seit 20 Jahren mitunterrichtet. Wenn sich im Sekundarbereich die gleiche Entwicklung einstellen soll, dann muss man den Schulen und der Gesellschaft Zeit geben und darf nicht versuchen, politischen Willen übers Knie zu brechen.
Es ist ohnehin beschämend, dass Lehrer und Schulleiter, die die Inklusion kritisch sehen, ihre Meinung nur hinter vorgehaltener Hand äußern, weil sie Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen haben. Dass Pädagogen derart unter Druck gesetzt werden, verhindert eine offene Diskussion, schürt Misstrauen und wird einem so wichtigen Anliegen wie der Inklusion nicht gerecht. Hubertus Heuel