Selbecke. . Daniel Kemper schlägt vor, dass die Stadt Bürgern, die besonders hohe Steuern und Gebühren zahlen, einen Rabatt einräumt, eine Art Bürger-Bonus.
- Familienvater aus Eilpe schlägt Bürger-Bonus vor
- Damit soll Mittelstand entlastet werden
- hauptausschuss nimmt sich des Themas an
Darf die Stadt Hagen Bürgern, die besonders hohe Steuern und Gebühren zahlen, einen Rabatt einräumen, eine Art Bürger-Bonus? Mit dieser verblüffenden Idee ist Daniel Kemper (36) an Verwaltung und Politik herangetreten. Der Familienvater aus Eilpe regt an, dass alle Beträge, die eine Person oder Familie an die Stadt entrichten muss, zusammengefasst werden sollten und im Laufe eines Jahres nicht höher als vier Prozent des verfügbaren Jahrseinkommens liegen dürften: „Dies schützt vor allem Familien im Mittelstand, die ohnehin schon den höchsten Anteil an Lohn- und Sozialversicherungsbeiträgen leisten“, argumentiert Kemper.
Darüber hinaus schütze es Hauseigentümer, die die in Hagen hohe Grundsteuern zu entrichten hätten. Ziel seines Vorschlags sei es, insbesondere jungen Familien gerechte und gut kalkulierbare Rahmenbedingungen zu bieten sowie den Reiz für den Zuzug nach Hagen zu fördern bzw. den Wegzug unattraktiv werden zu lassen.
Seitdem der Stadtrat zum 1. Oktober die Kindergartenbeiträge als Teil der Haushaltskonsolidierung drastisch erhöht hat, ist der Wohlfühlfaktor vieler Hagener Familien erheblich abgeflaut. Auch Daniel und Simone Kemper werden exorbitant zur Kasse gebeten, der Beitrag für Töchterchen Sonja (2), die den Herz-Jesu-Kindergarten in der Welle besucht, stieg um 48 Prozent auf fast 600 Euro. „Das ist einfach nicht zu rechtfertigen“, machen die Eheleute, die sich in der Selbecke den Traum vom Eigenheim erfüllt haben, ihrem Ärger Luft.
Deshalb bringen sie jetzt den Bürger-Bonus ins Spiel. Denn es sind durchweg durchschnittlich bis gut verdienende Familien, die die einschneidende Beitragserhöhung hinnehmen mussten. Er wolle keineswegs eine Neiddebatte vom Zaun brechen, so Kemper, der wie seine Frau als Industriekaufmann tätig ist, doch mache er sich große Sorgen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Bürger mit geringeren Einkünften – wie bei der Beitragsreform geschehen – zusätzlich entlastet würden und die Mittelschicht diese Entlastung nicht nur kompensieren müsse, sondern zusätzlich belastet werde. „Warum soll eine Familie mit einem Jahreseinkommen von 23.000 Euro nicht ebenfalls einen Beitrag leisten, zum Beispiel 1 Prozent ihres Jahreseinkommens, das bedeutet 20 Euro pro Monat“, schlägt er vor. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Familie als Grundsatz für Beitragssätze finde ja grundsätzlich seine Zustimmung: „Jedoch basierend auf einer ausgewogenen Struktur.“
Kaum praktikabel
Auf den ersten Blick ist es ein faszinierender Gedanke, Einwohnern, die mit ihrem Geld wesentlich zur finanziellen Ausstattung ihrer Kommune beitragen, mit einem Bürger-Bonus entgegenzukommen. Das verschaffte der Stadt Pluspunkte im Wettbewerb mit den umliegenden Kommunen, es würde vermutlich auch mehr junge Familien nach Hagen locken.
Auf der anderen Seite ist ein solcher Bürger-Bonus kaum praktikabel und würde zu Ungleichbehandlungen führen. Wie will man zum Beispiel mit einem Hausbesitzer umgehen, der ein relativ großes Grundstück sein Eigen nennt, aber nur über ein geringes Einkommen verfügt? Trotzdem: der Vorschlag von Daniel Kemper ist es Wert, diskutiert zu werden. Hubertus Heuel
Vertreter der Verwaltung wiesen den Bürger-Bonus im Rahmen einer Sitzung des Beschwerdeausschusses zurück, da einer solchen Regelung die Rechtmäßigkeit fehle. Wegen strenger gesetzlicher Vorgaben für die Erhebung kommunaler Abgaben scheide eine Rabattierung oder Kappungsgrenze aus, sie verstieße im Übrigen auch gegen die Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung. Eine Deckelung auf der Grundlage des Jahreseinkommens würde zudem dazu führen, dass die Inanspruchnahme kommunaler Leistungen für den Nutznießer eines Bürger-Bonus günstiger oder gar kostenlos wäre, während die Belastung bei anderen Bürgern gleich bliebe oder gar steigen würde, was weder gerechtfertigt noch praktikabel wäre.
Überzeugte Hagenerin
Doch Teile der Politik äußerten Verständnis für die Verbitterung vieler Familien über die enorme Beitragssteigerung: „Ich kann den Vorschlag gut nachvollziehen“, sagte Rainer Voigt zu der Initiative von Daniel Kemper. Und siehe da: Demnächst wird sich der Haupt- und Finanzausschuss mit dem Thema befassen.
Sie sei ihr Leben lang eine überzeugte Hagenerin gewesen, berichtet Simone Kemper (34), doch angesichts der massiven Belastung durch Grundsteuer und Kindergartenbeitrag habe sich das inzwischen geändert: „Unter diesen Voraussetzungen würden wir hier nicht noch einmal bauen.“