Hagen. . Die Feuerwehr verkündet, dass ein technischer Defekt die Ursache für den spektakulären Unfall des Reinigungswagens im September gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft Hagen bestätigt das allerdings nicht.

  • Verwirrspiel um spektakulären Feuerwehrauto-Unfall
  • Rettungskräfte sprechen von technischem Defekt
  • Staatsanwaltschaft will das nicht bestätigen

Verwirrspiel um die spektakuläre Irrfahrt eines Feuerwehrwagens in Wehringhausen, bei der ein Bürger im September verletzt worden war: Die Feuerwehr verkündet im Internet, dass ein technischer Defekt die Ursache dafür gewesen sei, dass der Reinigungswagen sich selbstständig gemacht habe. Das sei nun offiziell und durch einen unabhängigen Gutachter festgestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Hagen bestätigt das allerdings nicht. „Uns liegt noch kein Gutachten vor“, sagt Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli. Und es werde auch weiterhin wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt.

Rückblende: Dienstag, 15. September, in der Mittagszeit: Die Feuerwehr wird zu einem Einsatz in den oberen Teil der Ewaldstraße in Wehringhausen gerufen. Dort gibt es eine Ölspur und die soll mit dem Reinigungswagen – im Volksmund „Rennbesen“ genannt – beseitigt werden. Vor Ort steigen die beiden Berufsfeuerwehrleute aus, um sich mit der Polizei abzusprechen. Doch dann setzt sich der Reinigungswagen in Bewegung, rast führerlos mehrere Hundert Meter die steile Ewaldstraße hinunter und kreuzt dabei die viel befahrende Lange Straße. Erst an einem Haus unten an der Minervastraße hat die Irrfahrt ein Ende.

Dort gibt es allerdings einen Verletzten: Ein Bewohner steht gerade in der Haustür, als der „Rennbesen“ auf ihn zugesaust kommt. Nur mit einem beherzten Sprung kann er sich retten, erleidet aber schwere Prellungen und muss stationär ins Krankenhaus. Das Haus wird beschädigt, ein Teil ist sogar zeitweise nicht bewohnbar.

Über die Ursache wird schnell gerätselt, denn die Handbremse ist angezogen, als das total beschädigte Fahrzeug (Anschaffungspreis: 260.000 Euro) von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wird. Und die beiden Feuerwehrleute erklären auch, dass sie die Bremse oben in der Ewaldstraße angezogen hatten. Die Staatsanwaltschaft schaltet einen Gutachter ein und leitet ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ein.

Verlautbarung auf Facebook

Wie kommt es nun zu den unterschiedlichen öffentlichen Verlautbarungen von Feuerwehr und Staatsanwaltschaft zum aktuellen Stand der Untersuchungen? „Nach dem Unfall im September gab es einen regelrechten ‘Shitstorm’ in den sozialen Netzwerken gegen die Kollegen “, so Veit Lenke, stellvertretender Feuerwehrchef. Wegen der damaligen Beschimpfungen im Internet habe man nun schnell reagieren wollen und auf dem Facebook-Profil der Feuerwehr die Nachricht verkündet.

Dort heißt es unter anderem: „Die Feststellbremse hatte im angezogenen Zustand versagt. Wir freuen uns für unsere Kollegen, dass sie nun von allen Vorwürfen befreit wurden.“ Die Quelle für diese Nachricht: Ein Schreiben der Polizei, dass die Feuerwehr das beschlagnahmte Fahrzeug abholen dürfe, da der Gutachter seine Arbeit beendet habe. Verbunden mit einem Telefonat des Feuerwehr-Werkstattleiters mit einem Polizisten, in dem dieser von einem technischen Defekt gesprochen habe. Bei der Staatsanwaltschaft Hagen zeigte man sich gestern dementsprechend verwundert über die öffentlichen Äußerungen der Feuerwehr.

Auch interessant

Von Michael Koch

Veit Lenke sagt aber: „Wir haben ja nicht behauptet, dass die Staatsanwaltschaft nicht mehr ermittelt.“ Dass letztlich aber tatsächlich ein technischer Defekt die Ursache war, davon ist der Vize-Feuerwehrchef überzeugt: „Nach dem Unfall hat sich ein Unternehmer gemeldet, der ähnliche Erfahrungen mit dem Fahrzeugtyp gemacht hat.“

Noch kein Ersatzfahrzeug

Die Folgen der Irrfahrt spürt die Feuerwehr auch heute noch. Einen Ersatz für das total beschädigt Reinigungsfahrzeug gibt es nicht, so lang die Schuldfrage nicht geklärt ist. „Wir müssen jetzt bei Ölspuren öfter Fremdfirmen einsetzen – wenn diese denn rechtzeitig können“, so Feuerwehchef Heinz Jäger. „Und auch die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr kommen öfter zum Einsatz, die dann per Hand Ölspuren beseitigen. Mit den Kräften der Berufsfeuerwehr allein schaffen wir das nicht.“

Und selbst wenn klar sein sollte, dass ein neuer „Rennbesen“ angeschafft werden kann, wird dies dauern. Alle Aufträge über 245.000 Euro müssen europaweit ausgeschrieben werden.