Hagen-Mitte. . Einmal in der Woche lernen Flüchtlinge im Café Dödtkomm in Hagen Deutsch. Aber auch die Helfer lernen: Über Kriegs- und Krisengebiete und über sich selbst.
- Bilder helfen bei der Verständigung
- Ehrenamtliche unterrichten in kleinen Gruppen
- Teilnahme unverbindlich und freiwillig
Ein kleiner Fluch vielleicht. Nicht ernst gemeint. Dazu ein Lächeln. Was die Frage aufwirft, was „verdammte Axt“ wohl auf Arabisch heißen mag. Vermutlich hat Areg Alrefaei genau das gesagt. „Verdammte Axt.“ Ging aber so schnell. Wie soll man sich das also merken?
Das ist die Frage, die sich auch die Mutter aus Syrien immer wieder stellen mag: Wie soll man sich das alles bloß merken? „Arm“, „reich“, „lustig“, „traurig“, „wach“ und „müde“ – lauter böhmische Dörfer für jemanden, der arabische Worte tief im Rachen zu schöpfen scheint.
Gefühlt und Gegenstände
Café Dödtkomm, Stadtkirchengemeinde, an einem Freitagnachmittag. Nach und nach geht Madina Dadshani mit Areg Alrefaei und der kleinen Lana die Bilder in dem Buch durch. „Glücklich“ steht unter der Zeichnung. „Zufrieden“ unter einer anderen. Und wo liegt da der Unterschied?
Es geht um Gefühle, es geht um Gegenstände, und es geht um das, was Menschen so tun. Immerhin: Englisch hilft. Das spricht die Frau, die mit ihrem Mann Khalid, der am Tisch nebenan büffelt, und den drei Kindern Lana (10), Lara (6) und Mila (2) vor Terror und Krieg geflohen ist. Madina, die gerade an der Gesamtschule Eilpe an ihrem Abitur arbeitet und deren Eltern einst aus Afghanistan geflohen sind, kann Deutsch, Englisch, Farsi und Latein. „Wobei letzteres kaum hilft“, wie sie mit einem Lächeln sagt. Farsi übrigens auch nicht, weil das für uns zwar wie Arabisch klingen mag, im Grunde aber wenig damit gemein hat. Also helfen Bilder, Hände, Füße und Gesten.
Bilder und Kekse
Madina zeigt auf die Zeichnungen, spricht langsam vor. Silbe für Silbe. Areg Alrefaei und Lana sprechen nach und schreiben – in lateinischer und arabischer Schrift – jedes neue Wort auf. Auch Lara und Mila hören zu. Sie malen, sie kichern, und sie widmen sich voller Leidenschaft einer Schale mit Keksen.
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Areg Alrefaei, Lana und Madina sitzen an einem Tisch. Aber auch die Plätze an den anderen sind gut gefüllt. Die Zuwanderungberatung der Diakonie, die Stadtkirchengemeinde und die Christusgemeinde Eilpe, aus der viele der Ehrenamtlichen, die die Nachmittage gestalten, kommen, haben das Angebot im Café Dödtkomm organisiert. Von einem „niederschwelligen Angebot“ spricht Pfarrerin Christina Biere, die auch für die Zuwanderungsberatung arbeitet. „Es gibt kein festes Programm“, sagt sie, „niemand muss sich anmelden. Die Menschen können auf einen Kaffee oder einen Tee vorbeikommen.“ Und auf ein paar Vokabeln.
Der Wille zu lernen
Denn Sprache steht im Mittelpunkt. Und diejenigen, die hierher kommen, sind unglaublich wissbegierig. Sie wollen lernen. Je mehr und je schneller, desto besser. Die Menschen, für die Hagen zur neuen Heimat werden soll, sind aber nicht die einzigen, die im Dödtkomm lernen. „Man erfährt hier unheimlich viel über die Flüchtlinge, über ihre Geschichten und ihre Herkunftsländer“, sagt Irmgard Wolff, ehemals Lehrerin an der Gesamtschule Eilpe, die sich ehrenamtlich engagiert.
Die Helfer erfahren viel über andere, aber auch über sich selbst. „Bei uns können Ehrenamtliche schauen, ob die Arbeit mit Flüchtlingen für sie das Richtige ist“, erklärt Christina Biere.
Mehrfaches Engagement
Madina Dadshani, eine junge Frau, die Flüchtlingskindern Nachhilfe gibt und sich noch in der Suppenküche einbringt, hat für sich schon eine Antwort gefunden. „Meine Eltern waren schon sehr engagiert“, sagt die Schülerin, „sie haben mir das mit auf den Weg gegeben.“
Dann wischt sich Madina mit den Zeigefingern durch die Augen, zieht die Lippen nach unten und schaut Lana und Areg Alrefaei an. „Traurig“, flüstert Lana und ihre Mutter wiederholt das Wort laut. Madina lächelt über beide Ohren und das, was Lana und Areg da sehen, spiegelt irgendwie auch ihre Stimmung wider. „Glücklich“, sagen sie.