Hagen. . In dem dreijährigen Projekt „Auf Augenhöhe“ wird untersucht, wie Jugendliche ihre Interessen in der Gesellschaft einbringen können. Das Fazit bei einer Tagung in Hagen: Sie wollen sich einmischen.

  • Projekt „Auf Augenhöhe“ zur politischen Beteilgung Jugendlicher.
  • Junge Leute wollen sich einmischen, aber nicht in etablierten Strukturen.
  • Tagung in Hagen.

Die Wahlbeteiligung ist oft mies, bei jungen Wählern allzumal. Parteien klagen über mangelnden Nachwuchs und auch Jugendparlamente sind alles andere als Massenveranstaltungen. Es wächst zudem der Anteil der Migranten, von denen zumindest landläufig angenommen wird, sie würden sich weniger für politische Beteiligung interessieren. Muss man da Sorgen um die Demokratie haben?

Wissenschaftlich begleitet

Die Initiatoren des dreijährigen Modelprojekts „Auf Augenhöhe“ sind da gelassener, seit sie die Ergebnisse der Arbeit ausgewertet haben. Denn das Fazit lautet: Es gibt eine breites Interesse an Beteiligung, an Partizipation. Es gibt den Willen, sich einmischen zu wollen. Aber es gibt auch ein großes Bedürfnis dies informell zu tun, also abseits der etablierten Strukturen.

 Gandhi Chahine (43).
Gandhi Chahine (43). © WP Michael Kleinrensing

Insgesamt 1500 Jugendliche haben in den drei Städten Herne, Bochum und Hagen an dem vom Landesfamilienministerium unterstützten Modellprojekt teilgenommen. Die in Berchum ansässige Evangelische Schülerinnen- und Schülerarbeit in Westfalen ist Träger des Projekts, das von der Technischen Universität (TU) Dortmund begleitet wird.

Das Ziel des Ganzen: Es soll herausgefunden werden, wie die Jugendarbeit sich verändern muss, um jungen Leuten die Möglichkeit zur Beteiligung zu geben. Von den 1500 Jugendlichen, die in Arbeitsgruppen mitgewirkt haben oder bei der ESW in Berchum an Schulfahrten teilgenommen haben, wurden gut 400 per Fragebögen befragt. Mit weiteren 45 jungen Menschen wurden intensivere Interviews geführt.

Politikmüdigkeit, aber keine Demokratiemüdigkeit

Marc Witzel, der das Projekt an der TU Dortmund betreut, hat jetzt bei einer Fachtagung zum Projekt im Kultopia vorläufige Bilanz gezogen. Das Fazit: Es gibt eine Politikmüdigkeit, aber keine Demokratiemüdigkeit. Jugendliche wollen sich engagieren, brauchen dafür aber den niederschwelligen Zugang. Sprich: Gremien und große Foren sind eher nicht gefragt, wohl aber die Möglichkeit, sich selbst mit eigenen Themen einzubringen. Wer hier merkt, dass das Engagement sich lohnt, der begeistert sich auch für weitere Beteiligung.

Gandhi Chahine von der ESW kann all dies aus seiner alltäglichen Arbeit bestätigen: „Die Ansprache muss passen. Es gibt dieses Mitbestimmungsbedürfnis.“ Er weiß aber auch, dass die Jugendarbeit künftig noch mehr die Möglichkeiten schaffen muss, in einer ethnisch und kulturell vielfältigeren Gesellschaft Anreize dafür zu schaffen: „In der Jugendarbeit haben wir einen Migrantenanteil von bis zu 70 Prozent.“ Manche seien aus Gesellschaften geflohen, in denen keine demokratischen Strukturen herrschten. Demokratisches Verhalten werde auch nicht im Familienverbund gelernt.

Kaufmann will „gelöchert werden“

Wenn gerade diese Jugendlichen früh von der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe überzeugt würden, dann, so Gandhi Chahine, „gehen sie auch später wählen“.

Margarita Kaufmann, als städtische Beigeordnete zuständig für Soziales und Bildung, ermutigt Jugendliche ausdrücklich sich einzumischen. Auch in ihre Arbeit: „Ich freue mich, wenn ich mit Fragen gelöchert werde.“