Hagen. . Die Politik setzt auf Müllentsorgung in Eigenregie. Damit wäre ein Einstieg eines Privaten à la Remondis tabu. Eine Auslastung der MVA scheint auch so gesichert.
- Die Politik setzt auf Müllentsorgung in Eigenregie.
- Damit wäre ein Einstieg eines Privaten à la Remondis tabu.
- Eine Auslastung der MVA scheint auch so gesichert.
Dass der Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) wieder zu einem rein kommunalen Unternehmen werden soll, hat der Rat der Stadt Hagen bereits vor vier Jahren schon einmal einstimmig entschieden. Vor dem Hintergrund der jüngsten Remondis-Avancen tat er dies in seiner jüngsten Sitzung ein weiteres Mal und beauftrage die beteiligten Tochterunternehmen, nach der Zauderphase unter Ex-OB Jörg Dehm die notwendigen Schritte endlich einzuleiten. Ein Signal, das bei dem Lünener Konzern offenkundig verstanden wurde, denn der private Entsorgungsriese hat inzwischen seine Fühler zur Abfallentsorgungsgesellschaft des Märkischen Kreises, die die Müllverbrennungsanlage in Iserlohn betreibt, ausgestreckt (unsere Zeitung berichtete am Samstag).
Inhouse-Fähigkeit sichern
Der politischen Einigkeit im Rat war zuletzt eine zähe, teils heftig-emotionale Auseinandersetzung vorausgegangen. Ziel der erneuten Abstimmung war es, die so genannte „Inhouse-Fähigkeit“ der HEB/HUI voranzutreiben. Dies bedeutet, der Hagener Entsorger wird von seiner Gesellschafterstruktur her wieder zu einem lupenreinen kommunalen Tochterunternehmen, dessen Geschäftsführung damit am aufwändigen europäischen Ausschreibungsregelwerk vorbei auf dem komplizierten Abfallmarkt agieren und somit vor allem die Zukunftsfähigkeit der eigenen Müllverbrennungsanlage (MVA) sichern kann. Was bedeutet: Remondis müsste definitiv draußen bleiben.
Heute liegen die HEB-Anteile zu 51 Prozent bei der Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVG), zu 20 Prozent bei der Entsorgung Dortmund GmbH (EDG) sowie zu 29 Prozent bei Mark-E, also der Enervie AG. Da unter deren Dach mit Remondis wiederum ein privatwirtschaftlicher Abfallriese Aktien hält, ist der HEB-Aufsichtsrat bemüht, diese Mark-E-Anteile jetzt in rein öffentliche Hände überzuleiten. Denn das Anteilspaket ist aktuell ohnehin auf dem Markt, da das Enervie-Restrukturierungsgutachten aus dem Hause Roland Berger unter anderem die konsequente Veräußerung aller Nichtkernaktivitäten vorsieht.
Dienstleister für 54 500 Abfallbehälter
Die Hagener Müllverbrennungsanlage (MVA) am Pfannenofen läuft aktuell unter Volllast. Das bedeutet konkret, dass dort 125 000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll thermisch verwertet werden.
Beim Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) sowie bei der Schwestergesellschaft Hagener Umweltservice- und Investitionsgesellschaft (HUI) sind insgesamt 300 Mitarbeiter beschäftigt.
Das Unternehmen kümmert sich um die Leerung von 54 500 Abfallbehältern im Hagener Stadtgebiet und ist für die Reinigung von 66 000 Straßenkilometern verantwortlich.
Durch die erzeugte Wärme und den Dampf aus der Müllverbrennungsanlage wird sowohl das Hagener Fernwärmenetz gespeist als auch die Turbine mit einer Jahresleistung von 17 Millionen Kilowattstunden Strom.
Ein Signal, das auch Remondis hat aufhorchen lassen. „Wir interessieren uns durchaus für den HEB“, machte der frühere Remondis-Geschäftsführer Markus F. Schmidt, der heute bei Enervie als Restrukturierungsmanager agiert, im Sommer aus dem Interesse der Lünener, auf dem Hagener Abfallmarkt Fuß zu fassen, keinen Hehl. Die etwa sechs Millionen Euro, die laut Insider-Informationen das Mark-E-Aktienpaket wert sein soll, wären für den global agierenden Müll- und Recycling-Riesen eine ökonomische Kleinigkeit. Allerdings bliebe damit die Inhouse-Fähigkeit von HEB/HUI unerreichbar.
HEB soll Mark-E-Anteile kaufen
Für den Rat keine Option. „Die privaten Anteilseigener müssen in den städtischen Konzern überführt werden“, plädiert Stephan Ramrath (CDU) dafür, Kurs zu halten und die Mark-E-Anteile zunächst vom HEB selbst aufkaufen zu lassen. Zumal der Dortmunder Partner seit dem Remondis-Flirt plötzlich weitaus positiver und konstruktiver um die Zukunft der MVA bemüht ist. Nach Informationen dieser Zeitung gibt es konkrete Signale aus der Nachbarstadt, über 2017 hinaus die MVA mit zunächst 20 000 Tonnen Hausmüll zu beliefern, was sich ab 2022 sogar auf 30.000 Tonnen steigern könnte. Eine Offerte, die Ramrath jedoch zunächst in schriftlicher Form auf dem Tisch sehen möchte, bevor die Weichen zur Inhouse-Fähigkeit endgültig gestellt werden.
Gleichzeitig warnt er davor, dass der Verkauf des Mark-E-Aktienpaketes auch unter den Fittichen des Enervie-Bankenpools stehe, an den diese Beteiligung verpfändet sei. Eine Bemerkung, die in der Politik Argwohn weckte: Die Frage von Dietmar Thieser (SPD), wann dieser Deal denn durch den Rat gegangen sei, blieb unbeantwortet . . .