Hagen. Mit der Enervie-Rettung muss sich am Donnerstag erneut der Hagener Rat beschäftigen. Diesmal geht es darum, die Bürgschaft in ein echtes Dahrlehn zu verwandeln.
Die Bewahrung der Enervie-Gruppe vor dem Gang zum Insolvenzgericht ist noch immer nicht endgültig abgewendet. Banken, Unternehmensberater, Juristen, AG-Vorstand und Aufsichtsräte ringen in diesen Tagen permanent um ein Eckpunkte-Papier (neudeutsch: „Term Sheet“), das Bedingungen, Fristen, Kennzahlen und Kreditlinien fixiert, die zumindest bis Jahresende ein weiteres Stillhalten der inzwischen gut 30 Gläubigerbanken garantiert. Ziel bleibt es, mit Hilfe der Unternehmensberater von „Roland Berger Strategy Consultants“ ein Finanzierungskonzept auf die Beine zu stellen, das eine Restrukturierung des strauchelnden Energieversorgers bis zum Jahresende 2019 gewährleistet.
Verzinsung von 4,22 Prozent
Eine wesentliche Grundlage für diesen Weg bilden millionenschwere Gesellschafterbeiträge der drei größten Aktionäre (Stadt Hagen, Lüdenscheid und Remondis), die bislang lediglich als so genannte Patronatsbürgschaften (Garantieerklärung) vom Rat beschlossen wurden. An diesem Donnerstag muss das Stadtparlament in nicht-öffentlicher Sitzung den 30-Millionen-Euro-Anteil in einen echten Cash-Beitrag verwandeln. Der volle Betrag, so der aktuelle Verhandlungsstand mit den Banken, soll bereits bis Oktober 2015 abgerufen werden. Letztlich wird das Geld, so hat der Aufsichtsrat bereits zugestimmt, aus dem Haus der Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVG) fließen, die dafür Fondsanteile veräußert. Der Zinssatz soll bei 4,22 Prozent/Jahr liegen. Das hat nach Angaben der HVG jedoch zur Folge, dass das Unternehmen bereits 2016 nicht mehr in der Lage ist, die ausfallende Enervie-Dividende in Höhe von etwa sieben Millionen Euro aus eigenen Rücklagen aufzufangen. Eine direkte Darlehnsgewährung der Stadt Hagen an Enervie ist aber ebenfalls unmöglich, weil die Kommunalaufsicht eine solche Vorgehensweise per Nachtragshaushalt angesichts der leeren Kassen des Kämmerers niemals genehmigen würde. Allerdings wird die Stadt Hagen, um die Risiken für die HVG ein wenig abzufedern, eine Ausfallbürgschaft über knapp 23,9 Millionen Euro übernehmen. Eine höhere Quote lässt das EU-Beihilferecht nicht zu.
HVG muss sich hinten anstellen
Bei der Rückzahlung des Cash-Beitrages muss die HVG sich zudem hinter den Interessen der Banken anstellen. Diese haben zur Stärkung der Enervie-Eigenkapitalquote auf einer klaren Rangrücktrittserklärung bestanden, was konkret bedeutet: Eine Rückzahlung des Gesellschafterdarlehns ist erst möglich, wenn die Enervie-Sanierung gemäß des Restrukturierungsplanes erfolgreich abgeschlossen ist, der Sanierungsberater dies bestätigt hat und alle während der Sanierungsphase von den Banken gestundeten Tilgungen auch gezahlt sind. Zwischenzeitig stand sogar noch die Forderung der Kreditgeber im Raum, die Hauptaktionäre sollten zur Absicherung der Bankenforderungen ihre Aktienpakete verpfänden. Doch dieses zumindest für die Stadt Hagen völlig indiskutable Ansinnen ist inzwischen wieder vom Tisch.
Wann das fast 60-seitige Eckdaten-Papier („Term-Sheet“) mit den Banken, das als Vorstufe für das mittelfristige Finanzierungskonzept gilt, final ausverhandelt ist, bleibt freilich weiterhin offen. Solange diese Anschluss-Stillhaltevereinbarung nicht steht, lassen auch die endgültigen Wahrheiten des Restrukturierungsplanes (Stellenabbau, Verkäufe, Verschlankungen, Vorstandsreduzierung) weiter auf sich warten.