Hagen. . Die Hagenerin Dr. Birgit Lühr und ihr Kollege Reza Soleimani eröffnen in Hagen ein Kinderwunschzentrum. Auch das umstrittene „social freezing“ von Eizellen wird angeboten.

  • Hagenerin Dr. Birgit Lühr eröffnet Kinderwunschzentrum
  • Beratung, aber auch künstliche Befruchtungen
  • Umstrittenes „social freezing“ von Eizellen

Bekannt ist das Gebäude als Ort des Geldes. Doch in dem gleichen Haus, in dem die Deutsche Bank in der Bahnhofstraße 1 ihre Geschäfte macht, wird oben unter dem Dach bald menschliches Leben entstehen. Mal durch eine intensive Beratung, oft aber auch durch moderne Medizin unter einem Hochleistungsmikroskop. Am 1. Oktober wird hier Hagens erstes Kinderwunschzentrum eröffnen. In mehr als 130 Städten Deutschlands gib es solche Einrichtungen bereits.

Die Reproduktionsmedizinerin Dr. Birgit Lühr und der Reproduktionsbiologe Dr. Reza Soleimani werden die Praxis betreiben. Sie sehen sich nicht als Konkurrenz zu den etablierten Hagener Gynäkologen. „ Was wir machen, gibt es noch nicht in Hagen“, sagt Birgit Lühr.

Haben viel in Technik investiert: Dr. Birgit Lühr (r.), Dr. Reza Soleimani (Mi.)  mit der     medizinischen Fachangestellten Anna Tappmeyer (l.).
Haben viel in Technik investiert: Dr. Birgit Lühr (r.), Dr. Reza Soleimani (Mi.) mit der medizinischen Fachangestellten Anna Tappmeyer (l.). © WP Michael Kleinrensing

Die 44-Jährige ist in Wehringhausen aufgewachsen, wohnt heute in Dahl und ist nach dem Abitur am Fichte-Gymnasium und dem Medizin-Studium in Bochum in der Welt herumgekommen. Ihre Assistenzarzt-Zeit hat sie in Australien absolviert, später als Fachärztin in der Frauenheilkunde in England praktiziert und sich in Spanien zur Reproduktionsmedizinerin weitergebildet. Zuletzt war sie im Kinderwunschzentrum Offenbach tätig. Doch es hat sie nun wieder nach Hagen gezogen. Und sie hat ihren ebenfalls in Offenbach tätigen Kollegen Reza Soleimani (41) überzeugt, samt Ehefrau und zwei Kindern auch nach Hagen zu ziehen.

Jetzt teilen sie sich in dem Kinderwunschzentrum die Aufgaben: Birgit Lühr führt die Gespräche mit den Patientinnen und Patienten, führt die Untersuchungen durch, ist also die behandelnde Ärztin. Reza Soleimani, der unter anderem in Harvard (USA) ein Kinderwunschzentrum mit aufgebaut hat, ist der Laborleiter, der Samen und Eizelle unterm Mikroskop zusammenbringen kann und Sperma im Labor so aktivieren kann, dass es zeugungsfähig wird.

Umstrittenes „social freezing“

Dass es in Hagen einen Markt für ein Kinderwunschzentrum gibt, davon ist Birgit Lühr überzeugt. Denn auch hier gebe es viele, oft verzweifelte Frauen und Paare, deren Kinderwunsch unerfüllt geblieben sei. „10 bis 15 Prozent aller Paare bleiben ungewollt kinderlos“, sagt die 44-Jährige. „Und weltweit ist die Entwicklung steigend.“ Schlechte Ernährung, viel Stress, aber auch Umweltfaktoren spielten hier eine Rolle. Sie hat viele unterschiedliche Fälle in ihrer bisherigen Laufbahn erlebt. Und viele verzweifelte Menschen, deren Leben sich nur noch um den unerfüllten Kinderwunsch dreht.

Gesetzlich Versicherte müssen selbst zahlen

Das Kinderwunschzentrum hat sich um eine Kassenzulassung bemüht, sie aber nicht erhalten, so Dr. Birgit Lühr. Gesetzlich Versicherte können sich behandeln lassen, müssen aber selbst zahlen.

Das Hagener Kinderwunschzentrum in der Bahnhofstraße 1 öffnet am 1. Oktober. Am Samstag, 24. Oktober, ab 10.30 Uhr ist die Hagener Bevölkerung zu einem Tag der offenen Tür eingeladen.

In der neuen, 500 Quadratmeter großen Praxis in der Bahnhofstraße gibt es teure Hochleistungsmedizingeräte. Doch sie sollen nicht unter allen Umständen zum Einsatz kommen. „Ich spreche erst intensiv mit den Frauen und Männern“, sagt Birgit Lühr. „Wenn ich eine stark übergewichtige Patientin habe, dann will ich sie erst zum Abnehmen und mehr Sport bewegen. Oftmals klappt es dann schon mit der Schwangerschaft.“ Oder wenn die Samenqualität des Mannes nicht ausreiche, helfe es, den schädlichen Einfluss von Energy-Drinks, Cola oder Kaffee zu reduzieren.

Wenn das nicht hilft, dann bietet das Hagener Kinderwunschzentrum aber auch das komplette Spek­trum der modernen Reproduktionsmedizin an. Die Insemination (also das Einbringen von Samen in die Gebärmutter), die künstliche Befruchtung von Eizellen im Reagenzglas, aber auch das Einfrieren von Eizellen und Samen bei Krebspatienten vor einer Chemotherapie. Und auch das nicht unumstrittene „social freezing“ gehört zum Angebot, also das Einfrieren von Eizellen, wenn der Kinderwunsch auf ein späteres Lebensalter verschoben werden soll, in dem die Fruchtbarkeit vermindert ist.

Birgit Lühr, die selbst keine Kinder hat, ist sich sicher, dass das neue Zentrum mit diesem Angebot Menschen über Hagen hinaus anziehen wird: „Allein schon weil wir beide gemeinsam elf Sprachen sprechen.“