Hagen. . Für minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern sollen jetzt Wohngruppen in Boele und Holthausen, vielleicht auch in Berchum und der Obernahmer, eingerichtet werden.

Mit dem nicht abreißenden Flüchtlingsstrom schwappen vermehrt minderjährige Kinder und Jugendliche aus den Krisengebieten dieser Welt nach Hagen. Für sie sollen jetzt Wohngruppen in Boele und Holthausen, vielleicht auch in Berchum und der Obernahmer, eingerichtet werden. „Wir bereiten uns damit auf eine Gesetzesänderung vor“, erläutert Reinhard Goldbach, Leiter des Fachbereichs Jugend und Soziales im Rathaus.

Hilferuf aus Dortmund

Bislang konzentrieren sich minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland kommen, in grenznahen Regionen oder Städten, die über einen Flughafen erreichbar sind. Zuständig für ihre Betreuung ist das Jugendamt der Kommune, in der sie erstmals aufgegriffen werden. Diese Regelung überfordert die betroffenen Gemeinden. So hat die Stadt Dortmund, die mit besonders vielen Flüchtlingen konfrontiert ist, kürzlich einen regelrechten Hilferuf nach Hagen gesendet mit der Bitte, einige der Jugendlichen aufzunehmen. „In Dortmund wird man der Situation nicht mehr Herr“, schildert Goldbach die Dramatik des Geschehens. Da Bund und Länder die Unterbringung der Flüchtlinge ab 2016 ohnehin gerechter auf alle Kommunen verteilen wollen, hat die Stadt Hagen schnell rea­giert und mehrere Gebäude als geeignete Wohngruppen ausgeguckt.

Flüchtlinge in DeutschlandBei der Betreuung der Minderjährigen arbeitet die Stadt eng mit Sozialverbänden zusammen. So wird der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) das ehemalige Schulungszentrum der Caritas in der Pillauer Straße in Boele zu einer Wohngruppe umbauen. Dort wird es Platz für neun Jugendliche geben, von denen jeder maximal drei Monate vor Ort bleibt. Denn bei dieser Wohngruppe wird es sich um eine sogenannte Clearing-Gruppe handeln, in der zunächst die persönliche Situation jedes Betroffenen geklärt wird. „Viele dieser Jugendlichen befinden sich seit Jahren auf der Flucht und dürften traumatisiert sein“, so SkF-Geschäftsführer Michael Gebauer.

Dagegen werden die Jugendlichen im evangelischen Jugendgästehaus von Holthausen für längere Zeit bleiben. Die evangelische Jugendhilfe will in dem Haus, das mitten im Dorf liegt, zwölf bis 15 Jugendliche betreuen, berichtet Geschäftsführerin Angelika Hamann: „Jeder wird ein eigenes Zimmer haben. Wir nennen das Verselbstständigungszentrum.“ Es wird Sprachkurse und vielfältige sozialpädagogische Unterstützung für die Minderjährigen geben, damit sie sich möglichst schnell einleben und eine Schule besuchen können.

Gesetzlicher Vormund

Auch das Fachwerkhaus auf dem Gelände der Bildungsstätte Berchum sowie ein zum Werkhof gehörendes Gebäude in der Obernahmer werden derzeit für ihre Eignung als Wohngruppen geprüft. Sowohl der SkF als auch die ev. Jugendhilfe wollen zehn neue Mitarbeiter einstellen, um den Betreuungsbedarf in den neuen Wohngruppen bewältigen zu können. Bei den allein auf der Flucht befindlichen Minderjährigen, für die nach ihrer Registrierung in Deutschland auch ein gesetzlicher Vormund bestellt wird, handelt es sich zu 90 Prozent um männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. Oftmals haben deren Familien viel Geld für die Schleuserbanden gespart. Die jungen Leute, so die Hoffnung, sollen in Deutschland Geld verdienen und damit ihre zurückgebliebenen Angehörigen versorgen.

Bislang geht der Bund davon aus, dass auf 5000 Einwohner ein minderjähriger Flüchtling kommt. Für Hagen würde das bedeuten, dass die Stadt 40 Betroffene aufnehmen muss. Experten wie Reinhard Goldbach gehen jedoch davon aus, dass die Zahl der Jugendlichen, die ohne ihre Eltern zu uns kommen, schon bald erheblich steigen wird.