Hagen. Rund 4300 Euro verdient das Ehepaar Hentschel monatlich. Sie als Fraktionsvorsitzende, er noch dazu als Fraktionsgeschäftsführer. Ein Ratskollege äußert heftige Kritik.

Ein stiller Wechsel an der Fraktionsspitze der Linken: Bereits seit dem 1. Juni ist Elke Hentschel – unbemerkt von der Öffentlichkeit – neue Frontfrau der dreiköpfigen Fraktion. Nicht mehr ihr Mann Ingo. Der ist nun – neben seiner Tätigkeit als einfacher Ratsherr – auch hauptamtlicher und bezahlter Geschäftsführer der Fraktion. Das stößt unter anderem bei Grünen-Ratsherr Rainer Preuß auf heftige Kritik. Die bringt er etwa in der Facebook-Gruppe „Hagen – Eine Stadt steht endlich auf“ vor.

Hintergrund: Elke Hentschel erhält nun als Fraktionsvorsitzende den dreifachen Satz der Aufwandsentschädigung eines normalen Ratsmitglieds (437,50 Euro). Das sind 1312,50 Euro. Ingo Hentschel kassiert neben seiner Ratsmandat-Entschädigung nun ein Salär als hauptamtlicher Geschäftsführer. Und dazu ist seine Schwägerin auf halber Stelle als Fraktionssekretärin angestellt. Preuß kommt zu dem Schluss: „Wenn dies alles wahr ist, würde sich ja eine Familie komplett auf Kosten der Stadt sanieren.“

Mögliche Rückforderungen der Stadt

Unklar ist noch, ob die Stadt Rückforderungen an Ingo Hentschel stellen wird, der in den Monaten Februar und März sowie Juni und Juli nach Informationen unserer Zeitung doch den dreifachen Satz für den Posten als Fraktionschef erhalten haben soll – obwohl er parallel hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer war.

Juristisch ist es in Ordnung, Fraktionsgeschäftsführer und Ratsmitglied gleichzeitig zu sein. Bei der neuen Rats-Gruppe Bürger für Hohenlimburg/Piraten wird wohl Frank Schmidt (BfH-Ratsherr) Geschäftsführer werden. Übrigens: Der Vorsitzende einer Ratsgruppe (weniger als drei Mitglieder) bekommt keine höhere Vergütung. Kandidat ist hier Thorsten Kiszkenow (Piraten).

Ingo Hentschel ist enttäuscht von der Kritik seines Ratskollegen. Die personelle Entwicklung bestätigt er zwar, seine Lesart ist aber eine andere: „Bis Februar habe ich das Amt des Fraktionsgeschäftsführers ehrenamtlich ausgeführt, weil sich für die Linken dieser Posten einfach nicht besetzen lässt.“ Der vormalige Geschäftsführer hatte die Stelle schon nach kurzer Zeit aufgegeben, um sich beruflich zu verändern.

Brandschutz-Firma aufgegeben

Finanzamt und Krankenkasse seien irgendwann auf ihn zugekommen, erklärt Ingo Hentschel. Mit dem Hinweis, dass 40 ehrenamtliche Stunden als Fraktionsgeschäftsführer pro Woche nicht mehr glaubhaft seien. Bis vor einem halben Jahr hatte Hentschel nach eigenen Angaben noch eine Firma betrieben, die sich um Brandschutz gekümmert habe. Weil die nicht lief, gab er sie auf. „Seit Februar bin ich ganz offiziell Fraktionsgeschäftsführer.“

Für diese Tätigkeit als Fraktionsgeschäfsführer erhält Hentschel nach eigener Aussage seitdem rund 2600 Euro netto pro Monat. Zur Einordnung: Insgesamt erhält die Linken-Fraktion 90.000 Euro aus der Stadtkasse, von der sie unter anderem ihre gesamten Personalkosten stemmen muss. Als Fraktionsvorsitzender habe er seit Februar allerdings nicht mehr den dreifachen Vergütungssatz beansprucht.

Dann habe es ohnehin den Wechsel an der Spitze gegeben: Die dreiköpfige Fraktion wählte nach Aussage der Linken Elke Hentschel zum 1. Juni zur Vorsitzenden. Diese Information erhielt die Verwaltung aber erst am 8. September.

Anspruch auf dreifache Vergütung

Als Fraktionsvorsitzende hat Elke Hentschel, die hauptberuflich beim Caritasverband arbeitet, monatlich nun Anspruch – und zwar rückwirkend bis Juni – auf die dreifache Ratsmandat-Vergütung von 1312,50. Für sein politisches Wirken erhält das Ehepaar Hentschel (mit Ingo Hentschels normaler Aufwandsentschädigung) insgesamt also rund 4300 Euro netto monatlich.

„Es geht uns um die Politik in Hagen“, sagt Ingo Hentschel, „mein Bruder wäre auch gerne Ratsmitglied geworden, hat aber verzichtet, weil das sonst noch blöder aussieht mit noch einem Hentschel. Niemand von uns ist arbeitssuchend. Es geht uns um die Zukunft dieser Stadt.“ Hentschels Bruder sitzt nicht im Rat, ist aber Mitglied der Bezirksvertretung Haspe.