Hagen. . Die großen Parteien in Hagen sind sich einig, die kleinen widersprechen: CDU- und SPD-Fraktion im Rat fordern eine Sperrklausel.

Die Männer sind wahre Einzelkämpfer. Zwei, die sich zusammenschließen wollen, obwohl der Wähler das gar nicht vorgesehen hatte. Frank Schmidt (0,4 Prozent/Bürger für Hohenlimburg) und Thorsten Kiszkenow (1,6 Prozent/Piratenpartei) sitzen im Rat. Sie diskutieren, sie stellen Anträge, sie stimmen ab. Und nicht selten sind die Vertreter der Parteien, die den geringsten Anteil an Stimmen auf sich vereinen konnten, in undurchsichtiger politischer Gemengelage das Zünglein an der Waage.

Damit soll es ein Ende haben. Zumindest wenn es nach den großen Fraktionen geht. SPD und CDU sprechen sich für eine Sperrklausel aus. Entsprechende Initiativen der Parteien gibt es auf Landesebene. „Stadt- und Gemeinderäte werden immer mehr an den Rand der Arbeitsunfähigkeit gebracht“, sagt Christoph Purps, Kreisvorsitzender der CDU Hagen. Und mit Blick auf Hagen: „Ein geordneter Sitzungsverlauf ist angesichts einer solchen Zersplitterung zum Teil nicht mehr möglich.“ Die CDU Hagen unterstützte eine entsprechende Initiative der Landtagsfraktion.

Nachträglicher Zusammenschluss

Ähnlich argumentiert auch die Hagener SPD. Hinzu käme, dass der Transfermarkt zwischen Parteien und Wählergemeinschaften dort besonders stark aktiviert werde, wo kleine Gruppierungen durch nachträglichen Zusammenschluss Fraktionsstatus und damit mehr politischem Einfluss erreichen könnten.

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„Das hat mit Wählerwillen nichts mehr zu tun“, so Mark Krippner, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, „die SPD ist dabei, ein Gesetz zu erarbeiten, um die Sperrklausel in die Landesverfassung zu übernehmen.“ Dabei geht es um ein 3-Prozent-Klausel. Immerhin eine Hürde, an der bei der letzten Kommunalwahl in Hagen neben den Bürgern für Hohenlimburg und den Piraten auch Pro NRW (2,0 Prozent) gescheitert wäre. FDP (3,6 Prozent) und AfD (3,7 Prozent) hätten sie knapp genommen.

Grünen sehen Spagat

Einen Spagat zwischen der kommunalen Selbstverwaltung und einem funktionierenden Repräsentativ-Organ sieht Grünen-Fraktionssprecher Jochen Riechel. „Eine Sperrklausel grenzt bestimmte Meinungen aus“, so Riechel, „auf der anderen Seite sehen wir das Problem der Zersplitterung. Zusammenschlüsse ändern Mehrheitsverhältnisse. Bevor man über eine Sperrklausel entscheidet, braucht es eine genaue Analyse der Ist-Zustände in den Räten.“

Von einem demokratiefeindlichen Denken spricht Dr. Josef Bücker mit Blick auf den Vorstoß der großen Fraktionen: „Natürlich kann es schwieriger werden, Mehrheiten zu schmieden. Aber das müssen wir aushalten. Wenn man eine Sperrklausel einführt und kleinere Parteien an Bedeutung verlieren, wird das zu einer noch geringeren Wahlbeteiligung führen.“

Oberbürgermeister als Moderator

Auch Ingo Hentschel, Fraktionschef der Linken, ist gegen eine Prozent-Hürde. „Dass die Ratssitzungen immer länger werden, liegt bestimmt nicht an den kleinen Fraktionen und Gruppen. Allein die dauernden Unterbrechungen, die die großen Fraktionen in der letzten Sitzung beantragt haben, allemal bess zweieinhalb Stunden gedauert. Man sollte sich auf Politik statt auf Scheindebatten konzentrieren.“

Kleine Fraktion: Linken-Chef Ingo Hentschel (links) hält nichts von einer Sperrklausel.
Kleine Fraktion: Linken-Chef Ingo Hentschel (links) hält nichts von einer Sperrklausel. © WP Michael Kleinrensing

Auch Thorsten Kiskenow hält die Idee für „großen Blödsinn“. „Im Rat funktioniert ja nicht einmal das sogenannte Bündnis der Vernunft“, sagt er und nimmt die Kooperation von CDU, Grünen und FDP, die einst Oberbürgermeister Erik O. Schulz als gemeinsamen Kandidaten präsentierten, ins Visier.

„Es liegt mit Sicherheit nicht an den drei Einzelvertretern, dass es nicht zu stabilen Mehrheiten kommt“, sagt Frank Schmidt, „der Oberbürgermeister ist ja als guter Moderator angetreten. Jetzt ist es in dieser Rolle gefragt.“