Hagen. . Die Resonanz auf die Aktion „Hagen barrierefrei“ ist bei Geschäften, Gastronomen und Praxen gering. In gut eineinhalb Jahren haben sich gerade einmal zwölf Einrichtungen zertifizieren lassen, um so Kunden und Patienten die Orientierung zu geben: Hier haben Geh-, Seh- oder Hörbehinderte keine Probleme.

In Berlin kostet das Ganze je nach Betriebsgröße 70 bis 1800 Euro. In Hagen gibt es die Zertifizierung umsonst. Und doch ist die Resonanz auf die Aktion „Hagen barrierefrei“ bei Geschäften, Gastronomen und auch Praxen mehr als gering. In gut eineinhalb Jahren haben sich gerade einmal zwölf Einrichtungen zertifizieren lassen, um so Kunden und Patienten die Orientierung zu geben: Hier haben Geh-, Seh- oder Hörbehinderte keine Probleme. Und unter diesen zwölf Einrichtungen sind gleich fünf Kaufpark-Filialen und zwei der so genannten J-Apotheken (Jupiter und Germania). Sie dürfen den gelben Aufkleber mit dem großen weißen Pfeil zeigen.

Diese Betriebe haben sich schon zertifizieren lassen

Bisher dürfen den Aufkleber „Hagen barrierefrei“ verwenden: Restaurant Museumsterassen im Freilichtmuseum, Ambulantes ­Rehazentrum Physiomed Steffen Barth, Haus für Kinder des Kinderschutzbundes, Praxis für Physiotherapie im Wohnpark Spinngasse, Kaufparkfilialen Mittelstraße, Enneper Straße, Minervastraße, Schwerter Straße und Eilpe, Krankengymnastik Althoff-Schott-Theilig, J-Apotheken (Jupiter und Germania haben es bereits, ­Johannes in Boele, Einhorn in Eilpe und Arminus in Kabel) sollen noch nachgebessert werden.

Wer sich bewerben möchte oder Infos benötigt: Martina Gleiß, Rathaus II (Berliner Platz 22), Zimmer A.314, 207-2895, Martina.Gleiss@stadt-hagen.de. Aktuell ist ein Verzeichnis zur Barrierefreiheit von Arztpraxen erschienen. Es ist unter www.hagen.de einsehbar. Fazit: Viele Praxen sind nicht barrierefrei.

Meinhard Wirth, Vorsitzender des Hagener Behindertenbeirats, und Martina Gleiß, Behindertenkoordinatorin der Stadt Hagen, können die Zurückhaltung nicht wirklich nachvollziehen. Denn der Bedarf sei schließlich da und damit auch eine große Ziel- und Kunden gruppe. 26.000 Menschen mit einer anerkannte Behinderung gibt es immerhin in Hagen. Und trotzdem läuft die ganze Aktion ­schleppend. Martin Gleiß kann nur vermuten: „Viele Geschäfte oder Gastronomen scheuen vielleicht den Aufwand.“ Doch der sei oftmals gar nicht so groß. „Klar, es gibt Einrichtungen, da wären größere Umbaumaßnahmen notwendig. Aber oft sind es nur kleine Schritte.“

Ein Beispiel: Glastüren sind für Sehbehinderte Menschen mit einem Rest-Sehvermögen eine gefährliche Falle. Mit einer kontrastoptimierten Markierung, die oftmals nur aus einem farbigen Aufkleber bestehen muss, kann hier schnell Abhilfe geschaffen werden. Der Kaufpark ist etwa auf diese Empfehlung eingegangen und kann in seinen ohnehin ebenerdigen Filiale jetzt mit der Barrierefreiheit werben.

„Die erste große Barriere besteht meistens im Kopf“, sagt Meinhard Wirth. „Das Bewusstsein muss sich ändern. Dann geht vieles.“

Folgende Kriterien müssen erfüllt werden

Welche Kriterien müssen erfüllt werden, um den Barrierefrei-Aufkleber nutzen zu dürfen?

Stufenloser Zugang: Möglichst über den Haupteingang, im Ausnahmefall auch ein Nebeneingang. Anlegbare Rampen oder ein Treppenlift, der auch von einem Elek­trorollstuhl nutzbar sein muss, werden als Hilfsmittel akzeptiert.

Ausreichend breite Türen: Hier gilt bei Neubauten 90 Zentimeter, bei Umbauten und Anpassungen im Altbaubestand sind bis zu 80 Zentimeter Mindestbreite erlaubt.

Ausreichend große Bewegungsflächen: Im Neubau müssen Bewegungsflächen von 1,50 mal 1,50 Meter sowie Gangbreiten von 90 Zentimetern eingehalten werden. Im Altbau können es auch 1,20 mal 1,20 Meter sein.

Markierung gefährlicher Glastüren und Stufen: Kontrastoptimierte Markierungen.

Allen Bürgern Mobilität und Teilhabe ermöglichen

Hinzu kommen für soziale Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Restaurants noch einige Spezialkriterien. Über die informieren die Behindertenbeauftragte Martina Gleiß und Mitglieder des Behindertenbeirats auch gern vor Ort. Wenn sich Betriebe um das Signet bewerben, ist es bei einem „Begehungstermin“ auch ein Team aus Behindertenrat-Mitgliedern und Martina Gleiß, das vor Ort die Begebenheiten überprüft. Und wenn diese Bedingungen noch nicht erfüllt werden, auch konkrete Hilfestellungen gibt. Alles kostenlos.

Meinhard Wirth hofft, dass doch noch einmal Schwung in die Aktion kommt: „Aber auch losgelöst von einem gelben Aufkleber an der Tür ist es unsere Verpflichtung als Stadt allen Bürgern Mobilität und Teilhabe zu ermöglichen. Dazu müssen Barrieren in allen Bereichen abgebaut werden.“

Die Stadt Hagen ist dafür übrigens kein wirklich gutes Beispiel: Ihre Einrichtungen – ob Bürgerbüros oder Museen – haben sich auch noch nicht zertifizieren lassen.