Hagen. . Rund 500 Bushaltestellen in Hagen müssen aufgrund einer Gesetzesänderung bis 2022 behindertengerecht umgebaut werden. Das kostet zehn Millionen Euro.

Auf die Stadt Hagen kommt eine Mammutaufgabe zu: In den kommenden sechseinhalb Jahren müssen alle Bushaltestellen im Stadtgebiet barrierefrei umgebaut werden. So schreibt es eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes vor, die zur Herstellung vollständiger Barrierefreiheit eine Frist bis zum 1. Januar 2022 setzt. Die Kosten in Hagen liegen bei mindestens zehn Millionen Euro.

Jörg Winkler, Verkehrsplaner im Rathaus, beziffert die Zahl der Haltestellen auf etwa 500. Da eine Haltestelle jedoch stets aus zwei Haltepunkten besteht (auf jeder Fahrbahnseite eine), muss an rund 1000 Stellen der Bürgersteig aufgerissen und mit barrierefreien Elementen neu gestaltet werden. Ob das bis zum Jahr 2022 gelingt, ist angesichts des Umfangs der Aufgabe keineswegs sicher: „Wir werden ein Programm auflegen müssen“, so Winkler: „Erst dann können wir auch einen Zeitplan benennen.“

Höherer Bordstein

Die Barrierefreiheit betrifft zunächst die bauliche Ausstattung der Bushaltestellen. Der Bordstein, der in dem Bereich, in dem der Bus hält, 16 Zentimeter hoch sein muss, damit Rollstuhlfahrer problemlos einsteigen können, muss im weiteren Verlauf der Haltestelle auf Fahrbahnniveau abgesenkt werden, damit die gehbehinderten Menschen mit ihrem Gefährt auch die Straße mühelos überqueren können.

Bessere Führung für Blinde

Noch viel anspruchsvoller und aufwändiger sind die Gestaltungsmaßnahmen für Blinde, denen mit dem Einbau von sogenannten taktilen (von lateinisch tangere: berühren) Elementen geholfen werden soll. Dabei handelt es sich um sogenannte Leitstreifen und Rillenplatten, auf denen der Blinde mit seinem Taststab Orientierung findet. Je nach Richtungsmarkierung und Anordnung der Steine zeigen ihm die Felder an, wo der Weg hinführt, wo der Bus hält und wo er nicht weitergehen sollte.

Vorschrift im Personenbeförderungsgesetz

Am 1. Januar trat eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) in Kraft, mit der zum ersten Mal eine Frist zur Herstellung vollständiger Barrierefreiheit festgelegt wird.

  • In Paragraph 8, Absatz 3 heißt es: „Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten

  • Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen.“ Daran arbeitet die Stadt Hagen nun.
  • Ein Aufmerksamkeitsfeld besteht zum Beispiel aus neun Platten mit Noppen, die dem Blinden signalisieren, dass sich an dieser Stelle die Fahrertür öffnen wird. In einem Auffangfeld dagegen liegen die Leitstreifen in Längsrichtung und bedeuten, dass der Gehweg endet. Um Menschen mit einem Restsehvermögen das Fortkommen zu erleichtern, werden die Steine und Platten in kontrastierendem Schwarz und Weiß verlegt.

    Zeitplan kaum einhaltbar

    Die Hagener Straßenbahn AG als Betreiber des Linienbusnetzes hat mit dem Vorhaben nichts zu tun, da die Infrastruktur der Haltestellen in den Verantwortungsbereich der Stadt fällt. Diese kann auf ein Haltestellen-Kataster zurückgreifen, das jüngst von einer Praktikantin erstellt wurde. Nach Absprache mit der städtischen Behindertenbeauftragten Martina Gleiß hat der Fachbereich Stadtentwicklung und Bauordnung zudem Musterblätter für die Gestaltung aller Haltestellen erarbeitet.

    Auch interessant

    Einige Haltestellen – etwa der Zentrale Omnibusbahnhof an der Bahnstraße in Hohenlimburg oder Haltestellen in der Mühlen- und der Frankfurter Straße – wurden bereits umgebaut. „Ich denke, wir können pro Jahr sechs bis sieben Haltestellen sanieren“, prognostiziert Winkler. Damit wäre die Vorgabe, bis 2022 alle Haltestellen in Angriff zu nehmen, Makulatur.

    Im Rathaus weiß ohnehin niemand so recht, wie die Baumaßnahmen finanziert werden sollen, schließlich unterliegt die Stadt dem Nothaushaltsrecht. Zur Verfügung stehen bislang lediglich Mittel aus der sogenannten Stellplatzablöse, in die Bauherren eine Ablösesumme zahlen müssen, wenn sie keinen Parkplatz nachweisen können. Aber die hier zur Verfügung stehenden Mittel reichen bei weitem nicht aus, um alle 500 Haltestellen barrierefrei umzugestalten.