Hagen. . Das Gericht war überzeugt: Weil der Beifahrer ins Lenkrad griff, kam es zu dem tragischen Unfall auf der A1. Jetzt soll der 24-Jährige im Gefängnis büßen.

Das Urteil traf den Hagener wie ein Peitschenhieb: Das erweiterte Schöffengericht in Hagen war überzeugt, dass der 24-jährige durch seinen Griff ins Lenkrad der Fahrerin auf der A1 bei Volmar­stein einen tödlichen Unfall verursacht hat. Der Mann muss nun wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Er ist jedoch überzeugt: Ihn trifft keine Schuld an dem Unfall.

Auto überfüllt

„Wer mit der Lüge leben kann, bitte sehr!“, äußerte sich der Hagener Student in seinem „letzten Wort“. Zu Prozessbeginn beharrte er darauf, er habe zwar ins Lenkrad der 26-jährigen Fahrerin, seiner damaligen Freundin, gegriffen. Aber nur, um das schleudernde Auto vor einem schlimmen Unfall zu bewahren. Das mit fünf Insassen überfüllte Auto raste in die Leitplanke, dann wurden drei junge Leute durch die aufgesprungene Heckklappe hinausgeschleudert.

Eine junge Frau starb, als ein nachfahrender Mercedes sie überrollte. Auch der 44-jährige Mercedes-Fahrer saß auf der Anklagebank, wurde aber von allen Vorwürfen freigesprochen, weil er laut Gutachten nicht mehr in der Lage gewesen sein kann, auszuweichen.

So ging es schlussendlich um den Hagener, dessen Verteidiger Hans-Christian Freier Freispruch beantragt hatte und durchblicken ließ, dass sein Mandant in zweiter Instanz weiterkämpfen wird. Er hatte erhebliche Zweifel an der Aussage der Twingo-Fahrerin gehabt, sein Mandant habe im Streit ins Lenkrad gefasst. Er vermutete eine Retourkutsche für die beendete Beziehung.

Das Gericht fand die Aussage der 26-Jährigen plausibel. „Wäre sie die einzige Zeugin gewesen, die Belastendes gegen den Angeklagten vorgebracht hätte, wäre darüber nachzudenken gewesen. Aber alle Zweifel werden durch den Kfz-Sachverständigen ausgeräumt, der sagt, dass auch ein überladener Twingo nicht ohne ein solches Eingreifen in den Lenkvorgang ausgebrochen wäre“, stellte der Vorsitzende Richter fest.

Schadenersatz gefordert

Mit der Begründung, psychisch unter dem Vorfall zu leiden, hatte der Hagener sich mit Schadenersatzansprüchen an die Fahrerin gewandt, nachdem das Ermittlungsverfahren gegen sie eingestellt worden war.

Dazu sagte er gestern: „Mir ist klar, dass mir vorgeworfen wird, dass ich mich unmenschlich verhalte. Die einzige Schuld, die ich mir vorzuwerfen habe ist, nicht sofort zu der Verletzten gegangen zu sein, um sie von der Straße zu ziehen.“

Worte, die das Gericht nicht zu überzeugen vermochten – auch angesichts zweier Einträge im Verkehrsregister und Ungereimtheiten bei zwei Zeugen. „Das Nach-Tatverhalten des Angeklagten ist nicht sehr erfreulich. Er nahm in Kauf, dass zwei Zeugen hier falsche Angaben machten“, hieß es. Die beiden Mitfahrer hatten den Angeklagten zwar „rausgehauen“, sich aber bei näherem Nachfragen in Widersprüche verstrickt, hieß es von Seiten des Richters.