Hagen. Bachelor-Schelte der Unternehmer findet in der Region geteilte Resonanz. Man setzt auf duale Studiengänge. Und es gibt auch gute Erfahrungen.
Es war ein schöner Plan im Zuge des Bologna-Prozesses: Der Bachelor-Abschluss sollte direkt in die Wirtschaft führen, der Master wissenschaftlich ambitionierten Studenten vorbehalten bleiben. Nun kommen die Bachelor-Absolventen in die Unternehmen- und die Unternehmen klagen: Zu viel theoretisches Wissen, zu wenig Praxisbezug. Aber man muss sehr differenzieren, zeigt eine Umfrage in Südwestfalen. Bachelor-Absolvent ist nicht Bachelor-Absolvent. Und: Die Region hat längst Auswege gefunden.
Zunächst einmal bestätigen die Industrie- und Handelskammern, deren Dachverband der DIHK ist, die Ergebnisse. „Die Studie sollte die negativen Erkenntnisse der Kammern überprüfen, und sie hat sie bestätigt“, sagt Klaus Fenster Geschäftsführer Berufsbildung bei der IHK Siegen. „Kein Bachelor-Absolvent mit der Fachrichtung Maschinenbau kann sofort als Ingenieur eingesetzt werden. Das Bachelor-Studium ist nicht berufsqualifizierend.“
Keine Akademiker-Region
„Viel Masse, wenig Klasse“, bestätigt Dr. Ralf Hueß, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Arnsberg. Dies sei kein Verdikt gegen den Bachelor-Abschluss insgesamt, Südwestfalen sei aber auch „keine Region, die auf Akademisierung so abfährt wie etwa Ballungsgebiete.“ „In Südwestfalen wollen die Unternehmen die jungen Leute erst kennenlernen, die dann für viele Jahre bei ihnen arbeiten“, ergänzt Thomas Haensel, Bildungsgeschäftsführer bei der SIHK in Hagen. Und nicht mit dem Uni-Abschluss unbefristet übernehmen.
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Dies scheint das Erfolgsgeheimnis zu sein: die jungen Leute frühzeitig kennenlernen, und in der Region gibt es dazu schon einige Modelle. Der duale Bachelor etwa, der an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) in Arnsberg die klassische Berufsausbildung mit dem Bachelor-Abschluss verbindet. „Jeder zweite Bachelor-Absolvent, der im Kammerbezirk Arbeit aufgenommen hat, kommt von der VWA“, schätzt Dr. Hueß und fügt hinzu, dass einige junge Leute in der dualen Ausbildung besser aufgehoben wären.
„Wir sind aktiv dabei, das zu ändern“, sagt auch Bildungsexperte Klaus Fenster aus Siegen. An der dortigen Universität gibt es seit 15 Jahren die klassische Form des dualen Studiums und von 2017 an eine weitere Ergänzung: Beginn mit einem Jahr Berufsschule, im zweiten Jahr die Überlappungsphase mit zwei Tagen in der Woche im Betrieb, zwei Tagen Universität und einem Tag Berufsschule und danach nur noch Universität. Die Semesterferien werden natürlich im Betrieb verbracht. Da lernt ein Unternehmen seinen künftigen Arbeitnehmer kennen.
Kein Bedarf
An einigen Firmen in der Region geht das Problem vorbei. Der Kaltband-Spezialist Risse+ Wilke aus Iserlohn hat aktuell keinen Bedarf an Bachelor-Absolventen, ebenso wenig Bandstahl Schulte aus Hagen. Mitinhaber Carl-Michael Schulte betont aber: „Die Fehler werden nicht an den Unis gemacht, die beginnen früher. Beim Wechsel zu G8 und manchmal schon in der Grundschule.“
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Bachelor-Absolventen von der VWA haben unter anderem die Firmen Veltins, Trilux, Hoppecke, Honsel und OBO Bettermann aufgenommen - meist nach einer Kennenlernphase. Veltins-Sprecher Ulrich Biene zeigt sich zufrieden: „Wir können die Studie nicht bestätigen. Da kommen solide und engagierte Leute. Wir haben mit ihnen gute Erfahrungen gemacht.“
Oft beginnt die Bindung eines Studenten oder Absolventen an ein Unternehmen mit einem Praxissemester. Wenn die Betriebe interessiert sind, jemanden zu halten, ermöglichen Sie dem Kandidaten oft noch eine Weiterbildung. Direkte Übernahmen mit unbefristeter Anstellung sind die Ausnahme geworden.