Hagen. . Am Freitag gab es keine Abberufung von Ivo Grünhagen: Hagens OB Erik O. Schulz soll jetzt mit dem Enervie-Chef über dessen Abschied verhandeln.

Der endgültige Abschied Ivo Grünhagens von der Spitze des Hagener Energieunternehmens Enervie verzögert sich. Der Aufsichtsrat hat den Vorstandssprecher gestern in seiner Sondersitzung nicht abberufen. Stattdessen wurde Oberbürgermeister Erik O. Schulz als Aufsichtsratsvorsitzender beauftragt, mit Grünhagen Verhandlungen über eine einvernehmliche Vertragsbeendigung zu führen.

Die müssen nun sehr zeitnah stattfinden, denn schon am Freitag, 24. April, wird es zu einer neuerlichen Sondersitzung des Aufsichtsrates kommen. Dann soll das Präsidium - in dem neben Schulz unter anderem Lüdenscheids Bürgermeister Dieter Dzewas, Gesamtbetriebsratvorsitzender Thomas Majewski und Remondis-Geschäftsführer Markus Schmidt sitzen – einen entscheidungsreifen Vorschlag präsentieren.

Nicht mehr operativ tätig

Doch auch wenn Ivo Grünhagen damit weiter formal kaufmännischer Vorstand und auch Sprecher des dreiköpfigen Enervie-Vorstandes ist, de facto ist er seit dem Gespräch mit OB Schulz am Mittwoch nicht mehr operativ tätig und auch nicht mehr im Büro präsent. Auch an der Aufsichtsratssitzung gestern hat er nicht teilgenommen. In der hat das Gremium nach Informationen unserer Zeitung dem Präsidium nicht nur den Auftrag gegeben, mit Grünhagen über dessen Abschied zu verhandeln – der Aufsichtsrat soll in der kommenden Woche auch über einen Weg beraten, wie die Nachfolgeregelung aussehen wird.

Hauptversammlung müsste entscheiden

Da Enervie eine Aktiengesellschaft ist, hätte Ivo Grünhagens noch gültige Bestellung zum Vorstand gar nicht vom Aufsichtsrat allein zurückgenommen werden können. Stattdessen hätte eine Hauptversammlung einberufen werden müssen. Das soll mit der Einigung vermieden werden.

Dass die Zeit drängt, wird von vielen Beteiligten betont. Es sei unerlässlich, dass schnell wieder Ordnung an der Vorstands-Front herrsche. Der Aufsichtsrat könne nicht selbst in das operative Geschäft einsteigen. In der Diskussion ist unter anderem, dass der einzige private Anteilseigner, Remondis, genug personellen Sachverstand habe, um aus seinen Reihen den Posten schnell zu besetzen. Doch dagegen würde es zumindest aus weiten Teilen der Hagener Politik heftigen Widerstand geben. Nach den Diskussionen des vergangenen Jahres, ob Remondis überhaupt den 19,1-Prozent Anteil von RWE übernehmen sollte, sei dies nicht vermittelbar.

Kommt es zur Kursänderung?

Zudem wird es um den grundsätzlichen inhaltlichen Kurs gehen, den die Enervie steuern soll. Grünhagen hatte immer auf ein „Jahr der Bereinigung“ gesetzt. Er wollte möglichst alle Belastungen, die durch die Energiewende und die damit verbundenen hoch defizitären konventionellen Kraftwerke entstanden sind, in die aktuelle Bilanz packen, um dann zu einem Neustart zu kommen.

Nun könnte es hier zu einer Neuorientierung kommen: Etwa, indem nicht sofort alle Kraftwerke abgeschaltet werden und damit auch nicht sofort so viel Entlassungen ausgelöst würden – dann würden aktuell weniger Kosten für einen Sozialplan anfallen.

Auch bei der Abschreibungspolitik und der Hebung so genannter stiller Reserven könnte ein neuer Kurs gefahren werden. All diese Maßnahmen hätten ein Ziel: Man müsste mit den Banken nicht um eine solch hohe Kreditlinie wie bislang verhandeln, um die Liquididtät des Unternehmens zu sichern.