Hagen. Am Freitag soll im Aufsichtsrat der Enervie in Hagen das Aus für Vorstandssprecher Ivo Grünhagen besiegelt werden. Laut Oberbürgermeister Schulz gibt es kein Vertrauen mehr.
Die Krise von Enervie hat jetzt auch personelle Folgen – und zwar an der Spitze des mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfenden Hagener Energieversorgers: Vorstandssprecher Ivo Grünhagen muss gehen. Für den morgigen Freitag hat Oberbürgermeister Erik O. Schulz eine Sondersitzung des Aufsichtsrates einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt wird die Abberufung Grünhagens sein. Seitens der Anteilseigner gebe es kein ausreichendes Vertrauen mehr, dass dieser die Enervie durch die aktuelle Unternehmenssituation führen könne.
Zweifel, dass es am kommenden Freitag zu einer Mehrheit für die Abberufung kommen wird, gibt es nicht. Nach Informationen unserer Zeitung hat es gestern Vormittag ein Treffen zwischen Oberbürgermeister Erik O. Schulz, dem Lüdenscheider Bürgermeister Dieter Dzewas, den Kämmerern der beiden Kommunen und einem Vertreter des privaten Unternehmens Remondis gegeben – also ein Treffen der drei größten Anteilseigner. Danach war die Ablösung des Enervie-Chefs beschlossene Sache.
Brief an Banken als Auslöser
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Nicht alleiniger Grund, aber ein entscheidender Auslöser für den Schritt war ganz offensichtlich ein von Grünhagen verantwortetes Schreiben an Banken im Zuge der Akquise von neuen Krediten. Darin soll Grünhagen nach übereinstimmender Darstellung mehrerer Quellen gegenüber den Banken unter anderem erklärt haben, dass das Unternehmen in den kommenden 15 Jahre keine Dividende mehr an die Anteilseigener ausschütten werde. Eine Aussage, die weder mit den Anteilseignern noch mit dem Aufsichtsrat und dessen Vorsitzendem abgesprochen war. Das schon seit Wochen durch das Ringen nach dem richtigen Kurs in der Krise angeschlagene Verhältnis zwischen großen Teilen des Aufsichtsrats und dem Vorstand und insbesondere seines Sprechers war danach wohl endgültig beschädigt.
Gestern Nachmittag wurden erst die Aufsichtsratsmitglieder über die Absprache der drei großen Anteilseigener informiert, dann gab es wohl auch ein persönliches Treffen zwischen Grünhagen und Schulz. Weitergehende Auskünfte gab es von beiden auf Anfrage unserer Zeitung allerdings nicht.
Vertrag läuft noch bis Mitte 2018
Wie es nun an der Spitze von Enervie weitergehen wird, ist noch unklar. In der Gerüchteküche wurden gestern zwar erste Namen für eine mögliche Nachfolge gehandelt – erhärten lässt sich davon derzeit allerdings keiner. Mit Wolfgang Struwe, zuständig für den Vertrieb, und Erik Höhne, zuständig für Technik, verfügt das Unternehmen zudem über zwei weitere Vorstände. Eine Stellvertreter-Regelung gibt es aber nicht.
Die Anteilseigner
Hagen mit 42,7 Prozent und Lüdenscheid mit 24,1 Prozent sind die größten Anteilseigner der Enervie-Gruppe. Die Remondis Wasser und Energie GmbH ist mit 19,1 Prozent der einzige private Anteilseigner.
Weitere Anteile zwischen 0,2 und 4,4 Prozent haben Altena, Plettenberg, Halver, Schwerte, Bäderbetrieb Kierspe, Schalksmühle, Kierspe, Herscheid, Meinerzhagen und Herdecke.
Der Vertrag von Ivo Grünhagen (50) läuft eigentlich noch bis zum 31. Juli 2018 – er war zuletzt im August 2012 verlängert worden. Der gelernte Diplom-Kaufmann war ab 2004 zunächst Chef der Hagener Versorgungs- und Verkehrs GmbH (HVG) und wechselte im Jahr 2008 zur Enervie-Gruppe. Seit dem Jahr 2009 ist er Vorstandssprecher.
Enervie steckt schon seit Monaten in einer tiefen Krise. Durch die Energiewende und die damit unrentabel gewordenen konventionellen Kraftwerke sind zweistellige Millionenverluste angehäuft worden. Eine Dividende, die über Jahre an die Anteilseigner ausgeschüttet wurde, bleibt aus.. Durch die beabsichtige Abschaltung aller Kraftwerke werden voraussichtlich mehr als 300 Arbeitsplätze wegfallen – die Sozialplanverhandlungen laufen. Zudem ringt das Unternehmen derzeit um neue Kredite, die die Liquidität sichern sollen.