Hagen. . Die Stadt Hagen scheint endgültig damit aufzuhören, weitere Kredite auf das hohe Schuldengebirge draufzupacken.
Für einen gebeutelten Kämmerer, der einen 1,2 Milliarden Euro hohen Schuldenberg zwar nicht zu verantworten, aber zu managen und abzubauen hat, macht Christoph Gerbersmann gar keinen so depressiven Eindruck. Im Gegenteil: Der Zwei-Meter-Mann, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, blickt mit österlich angehauchtem Optimismus auf die kommenden Jahre. Denn Hagen scheint endgültig damit aufzuhören, weitere Kredite auf das ohnehin himalaya-artig erscheinende Schuldengebirge im Zentrum der Stadt draufzupacken.
Sparmaßnahmen greifen
Irgendwie versprüht damit sogar die spröde Hagener Etatwelt einen Hauch von Ostern, wenn man die biblische Botschaft mit Begriffen wie Auferstehung oder Aufbruch übersetzt. „Kein Grund zum Übermut“, tritt Gerbersmann auf die Euphoriebremse, „aber ich möchte den Bürgern zumindest signalisieren, dass unsere Maßnahmen greifen. Schließlich hat jeder Hagener allein schon durch die Anhebung der Grundsteuern um 220 auf 750 Punkte seinen Beitrag geleistet.“
Die Planzahlen aus dem Finanzdezernat für die nächsten sieben Jahre sprechen aktuell eine klare Sprache: Um 121 Mio. Euro würde in diesem Jahr das Haushaltsminus anwachsen, hätte die Politik in den vergangenen Jahren die Hände in den Schoß gelegt. Doch durch die Konsolidierungsbeschlüsse des Rates im Rahmen des Haushaltssanierungsplanes können für 2015 Spareffekte von fast 66 Mio. Euro erzielt werden. Hinzu kommt noch die Stärkungspakthilfe des Landes im Volumen von 36 Mio. Euro, so dass am Ende bei den Liquiditätskrediten lediglich noch ein Minus von gut 19 Mio. Euro übrig bleibt. Letztmalig, wenn die Prognosedaten nicht aus dem Ruder laufen und das halten, was sie versprechen. Schon 2016 winkt erstmalig ein leichtes Liquiditäts-Plus, das bis 2021 – trotz kontinuierlich sinkender Stärkungspakt-Zuschüsse – sogar auf zweistellige Millionen-Beträge anwächst.
Stadt hat Signale verstanden
Für den Kämmerer ist die frohe Kunde auch das Ergebnis eines Auferweckungsprozesses, um im österlichen Bild zu bleiben. „Die Zuckerbrot-und-Peitsche-Systematik des NRW-Stärkungspaktes hat schon gefruchtet“, bilanziert er rückblickend. Die Politik habe die klaren Signale verstanden, dass es nur dann Stärkungspaktmittel gebe, wenn diszipliniert konsolidiert werde. Andernfalls droht der Sparkommissar. Mit welcher Humorlosigkeit dieser agiert, dafür lieferte der 2008 von der Kommunalaufsicht in Arnsberg nach Hagen entsandte Mentor Stefan Bajohr bereits einen bitteren Vorgeschmack.
Bis 2021 aus eigener Kraft ohne neue Schulden
Angesichts der Schuldenlast (Summe aus Liquiditäts- und Investitionskrediten) von gut 1,2 Milliarden Euro ergibt sich für Hagen eine jährliche Zinsbelastung von etwa 35 Millionen Euro.
Das Stärkungspaktgesetz des Landes sieht angesichts der jährlichen 36-Millionen-Euro-Unterstützung einen strukturellen Haushaltsausgleich bis 2016 vor. Aus eigener Kraft muss Hagen dies bis 2021 gelingen. Denn ab 2017 wird die Hilfe des Landes schrittweise abgeschmolzen.
Auferweckung jedoch nicht bloß in Hagen, sondern auch beim Land und in Berlin, so die Wahrnehmung des Finanzdezernenten: „Dort ist inzwischen verstanden worden, dass die Städte mit überbordenden Belastungen – allen voran die wachsenden Sozialleistungen – zu lange im Stich gelassen wurden.“ Die jetzt vom Bund angekündigten, zusätzlichen Hilfen, die ab 2017 Hagen erreichen, seien praktischer Ausdruck dieses Umdenkungsprozesses. Und damit – auch das ist eine Facette der Osterbotschaft – ein Stück Befreiung aus dem Unabänderlichen, also der Vergeblichkeitsfalle des Sparens.
Der Kämmerer bleibt dennoch Mahner: Ostern bedeutet für ihn nicht das Ende der Passions- und Fastenzeit, in deren Anschluss geprasst werden könne. „Grundvoraussetzung bleibt, dass wir diszipliniert an dem Konsolidierungskurs festhalten. Spielräume für neue Wohltaten gibt es nicht“, mahnt Gerbersmann mit Blick auf die anstehenden Kultureinsparungen. Und dabei spricht er noch längst nicht über Zins- und Gewerbesteuer-Risiken oder die Dividendenausfälle bei Enervie, die Haushaltsplanung immer zu einer Rechnung mit vielen Unbekannten und Risiken machen. „Aber Ostern ist auch nicht der Zeitpunkt, um neue Zweifel zu säen . . .“