Hagen. . „Sport trifft Wirtschaft“ - eine ungewöhnliche Initiative der Industrie- und Handelskammer Hagen soll junge Sportler aus der Region beruflich erden.

Sport trifft Wirtschaft - Berufsorientierung nicht nur in Schulen und Betrieben, sondern auch im Sportvereinsheim. Diesen ungewöhnlichen Weg beschreitet die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) zu Hagen in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsjunioren Hagen/Ennepe-Ruhr. Zielgruppe: Die 16- bis 18-jährigen Fußballer des TuS Ennepetal. Andere Sportvereine aus der Region sollen folgen.

„Das Orientierungsprogramm umfasst vier Tage“, erläutert Thomas Marotzke von der SIHK das Pilotprojekt. „Am Montag ein Besuch beim Karosseriezentrum Frischkorn in Ennepetal, am Dienstag eine Führung beim Ersatzteilspezialisten Febi Bilstein und am Mittwoch im Autohaus Tepass und Seiz in Schwelm, am Donnerstag ein Besuch im SIHK-Bildungszentrum - das soll die jungen Leute an die Berufswirklichkeit heranführen.“ Und wohl auch mögliche Flausen vertreiben. Sie spielen zwar Bezirksliga Südwestfalen, aber der Sprung in die Landesliga ist möglich. Als Belohnung winkt ein Probetraining mit dem Ex-Fußballprofi Giovanni Federico.

Rundgang durch die Febi-Produktion

Es schwingt ein wenig mit: Fußballern, die schon Geld mit ihrem Sport verdienen, zeigen, dass eine solide Berufsausbildung eine gute Grundlage ist. Damit sie nicht alles auf die verlockende Karte Profifußball setzen. Die 15, die am Mittwoch zum Rundgang durch die Febi-Produktion starten, machen nicht diesen Eindruck. Es ist, abgesehen von den Frisuren, eine bunt gemischte Gruppe aus Schülern unterschiedlicher Schulformen, die den Ausführungen der Febi-Auszubildenden so konzentriert lauschen wie taktischen Anweisungen ihres Trainers. Diese Disziplin macht sie interessant für Arbeitgeber, die auf der Suche nach Fachkräften sind - gleich, ob im technischen, kaufmännischen oder logistischen Bereich.

Auch interessant

„Die achten und neunten Klassen brauchen die meiste Orientierung“, sagt Dirk Brabender (41), Leiter Versand und Ausbildungschef Logistik bei Febi, ein Unternehmen mit 1650 Mitarbeitern weltweit, davon 900 in Ennepetal. Er beschäftigt in seiner Abteilung vier Azubis, drei weitere sollen in diesem Jahr dazu kommen. Dehalb ist durchaus Eigeninteresse vorhanden - er und Febi-Ausbildungsleiterin Melissa Ferreira (27) registrieren bei der Betriebsführung genau, wer interessiert ist und gute Fragen stellt.

Bewerbermangel

Derzeit stellt Brabender einen quantitativen Bewerbermangel fest, „der immer mehr zum qualitativen wird.“ Die Schulen müssten sich mehr öffnen für Berufsberatungen, für Betriebspraktika ihrer Schüler. Diese könnten sich unter vielen möglichen Berufen nichts vorstellen. Hier seien auch die Eltern gefragt, so der Versandleiter. „Wir müssten einen Elternabend organisieren“, ergänzt Melissa Ferreira. „Viele denken, es geht nicht ohne Abitur, dabei sind auch andere Ausbildungen möglich. Lieber ein Praktikum mehr und dann feststellen: Das war nicht mein Ding.“

Febi fertigt zu drei Viertel für den Automotive-Bereich. Die Jugendlichen können die Synchron-Nabe eines Ferrari in die Hand nehmen, die Radwelle eines Gabelstaplers bestaunen, aber nicht alle lassen sich von der Technik faszinieren. Tarek Atta (18) von der Gesamtschule Haßlinghausen, der beim TuS Ennepetal auf dem rechten Flügel spielt, ist dankbar, dass das Projekt die Anzahl seiner Auswahlmöglichkeiten etwas reduziert: „Es hilft weiter, herauszubekommen, was mir gefällt.“

Verbundstudium

Ihm schwebt nach dem Abitur eine kaufmännische Ausbildung vor oder gleich ein Verbundstudium mit kaufmännischem Hintergrund. Atta ist vielsprachig, spricht außer Deutsch noch Englisch und Arabisch. Was seine Eltern möchten? „Das Studium natürlich - wegen der Aufstiegschancen.“