Hagen-Mitte. . Das gibt es nicht nur in Studenten-Städten, sondern auch in Hagen: Im Rahmen unserer Wohnserie öffnete sich die Tür zu einer Männer-WG.

Ach, kommt Jungs. Jetzt zeigt schon her die geheimen Ecken. Kein Billardtisch? Keine Bierkammer? Kein Regal, in dem nur Nudeln mit fertiger Tomatensoße aus dem Glas stehen? Echt nicht? Allgemeines Kopfschütteln. Andreas Weirich (23), Tobias Rink (24), Florian Brüske (25) und Mathan Sellathamby (25) wären in Dortmund, Köln oder Bochum wahrscheinlich keine Zeile wert. In Hagen, einer Stadt ohne echte Universitätsszene, ist die Studenten-WG eine absolute Rarität.

Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder es gibt hier irgendwo eine Tür, die man öffnet und aus der einem dann lauter Sachen entgegenfliegen, die kurz vor dem Termin dort reingestopft wurden. Oder die vier jungen Herren sind wirklich ordentlich. Zweiteres ist der Fall. Keine Spuren der letzten Party, kein Chaos. „Human, oder?“, fragt ­Andreas Weirich. Ja, schon. Oder man ist früher selbst in WGs zu Gast gewesen, die einfach aus der Reihe gefallen sind.

Keine Party-Spuren

Drei Lehramtsstudenten, ein Polizist und die Frage: Warum Hagen? „Wir haben, wie viele andere Studenten auch, überlegt, nach Dortmund zu ziehen“, sagt Tobias Rink. Aber entweder fanden sie bei der Suche in ihrem Preis-Segment nur runtergekommene Wohnungen vor oder ihre Reise wäre im Dortmunder Norden geendet. Eine Gegend, die nicht gerade zu den bevorzugten Dortmunder Wohnlagen gehört. Nun ist die Hochstraße kurz vor dem Oberhagener Bahnhof auch keine architektonische Perle. Hier aber wurden die Schulfreunde fündig. 220 Quadratmeter für 900 Euro. Kalt. Das ehemalige Verwaltungsgebäude bietet große Räumlichkeiten, in denen jeder Mitbewohner, trotz Wohngemeinschaft, seine Rückzugsmöglichkeiten hat.

Gespür für die Hagener Wohnwelten

Verschiedene Generationen, unterschiedliche Kulturen, individuelle Wohlfühl-Ideen – wie wohnt Hagen? Mit unserer Serie möchten wir nicht nur verschiedene Lebenswelten porträtieren, sondern auch Stärken und Defizite des heimischen Wohnungsmarktes aufzeigen, Zukunftsideen aufgreifen und der Frage nachgehen, wo eventuell gegengesteuert werden müsste.

Hagen hat keine Studenten-Szene. Und viele von denen, die hier studieren, sind nicht vor Ort, weil sie Fernstudenten sind. „Aber es gibt ein paar wirkliche Vorteile, warum man sich mit seiner WG für Hagen entscheiden kann“, sagt Mathan Sellathamby, „wenige Minuten aus der Innenstadt zum Hauptbahnhof, von da aus gute Verbindungen in alle größeren Städte und, wenn man will, ist man in zehn Minuten im nächsten Wald.“ Mitbewohner Florian Brüske hakt da ein: „Es fehlt für eine größere WG-Szene eigentlich nur eine größere Kneipenvielfalt in Hagen.“

Ein bisschen Schlendrian hat sich dann doch eingeschlichen in der WG an der Hochstraße. Der anfängliche Putzplan ist von einmal pro Woche auf einmal im Monat geändert worden. Und es ist auch nicht so, dass hier nicht gefeiert wird. „Trotzdem läuft es bei uns reibungslos. In so einer Konstellation musst du bereit sein, viele Kompromisse einzugehen. Das war jedem von uns aber auch klar.“ Dennoch: Man sehe sich viel zu selten tatsächlich mal zu viert. Vielleicht zweimal pro Woche. Aktuell ist Lernphase für die Klausuren. „Da verschwindet jeder schon mal auf sein Zimmer“, sagt Tobias Rink.

Auf 220 Quadratmetern

Florian Brüske wird die WG zeitnah verlassen. Nicht, weil sie ihn hier nicht mehr leiden können, sondern weil der Schichtdienst als Polizist es erfordert. Ein neuer Mann ist schon gefunden. Der kann zum Einzug ja mal etwas Leckeres für alle kochen. Bislang tut das nämlich jeder für sich. Man sieht sich eben viel zu selten in der 220 Quadratmeter großen Vierer-WG.

„Wir können jedem nur raten, das WG-Leben auszuprobieren. Auch in Hagen. Das ist witziger als zu Hause zu wohnen“, sagt Andreas Weirich. Die Miete muss man dann so fleißig reinholen wie diese vier Jungs. Grundschul-AGs, Betreuungen bei der Diakonie und der Agentur-Mark oder Kurse bei der Caritas. Angehende Lehrer probieren sich schon mal aus.