Haspe. . Im Westen von Hagen haben drei Männer einen 28-jährigen Italiener brutal zusammengeschlagen. Nun stehen sie wegen versuchten Totschlags vor Gericht.
Es gibt Straftaten, die geschehen aus nichtigstem Anlass. Ein solches „sinnloses“ Verbrechen wird seit gestern vor dem Landgericht verhandelt: Auf dem Hasper Kirchplatz wurde mittags ein junger Mann (28) von einer aufgebrachten Meute brutalst zusammengeschlagen.
Vor der Großen Jugendkammer stehen drei Männer: ein 35-jähriger, ein 21-jähriger und ein 19-jähriger (hieraus ergibt sich die Zuständigkeit der Jugendrichter). Versuchter Totschlag lautet der Vorwurf. Alle drei Angeklagten verweigerten die Aussage.
„Immer mehr Messer“
Der spätere Hauptgeschädigte, ein Italiener, wollte am 24. September vergangenen Jahres die Mittagspause nutzen, um zusammen mit drei griechischen Arbeitskollegen etwas essen zu gehen. Beim Grillhähnchenstand auf dem Kirchplatz sollte das sein. Dort angekommen, äußerte sich der Italiener gegenüber seinen Kollegen auf verhängnisvolle Weise: „Haspe wird immer schlimmer, immer mehr Messer sind hier unterwegs.“
Diese Äußerung bekam ein Grillstandbesucher mit syrischen Wurzeln, der 21-jährige Angeklagte, mit. Er fühlte sich durch die Worte angesprochen und beleidigt – und reagierte äußerst aggressiv: „Entschuldige dich!“ forderte er. Als der Italiener das ablehnte, wurde ihm gedroht: „Ich werde dafür sorgen, dass du dich entschuldigst.“
Verstärkung herbeitelefoniert
Er griff zum Handy, telefonierte Verstärkung herbei: seinen jüngeren Bruder, den 19-jährigen Angeklagten, sowie einen befreundeten Türken (35), der als dritter Angreifer mit auf der Anklagebank sitzt.
Denn: Obwohl die Arbeitskollegen noch versuchten, die aggressive Stimmung zu entschärfen und beteuerten, man habe niemanden beleidigen wollen, wolle auch keinen Ärger haben und bitte darum, in Ruhe gelassen zu werden, eskalierte plötzlich die Situation: „Die waren einfach auf Streit aus“, fasste es gestern ein Zeuge zusammen.
Opfer leidet bis heute unter der Tat
Geradezu aus dem Hinterhalt, mit einem Angriff von der Seite, wurde der Italiener angegangen, er bekam einen heftigen Schlag ins Gesicht, gegen die linke Wange. Dann setzt die Erinnerung des Opfers aus. „Was ist passiert?“ will Vorsitzender Richter Marcus Teich wissen. „Was soll ich dazu sagen“, erwidert der geschädigte Zeuge, „ich war platt.“ Bewusstlos. Erst im Krankenwagen kam allmählich sein Bewusstsein zurück.
Der Frontkiefer war ihm gebrochen worden, vier Zähne hat er eingebüßt, durch brutale Tritte gegen den Kopf, als er bereits ohnmächtig am Boden lag. Zwei Monate war der Familienvater arbeitsunfähig, sein Gesicht ist vernarbt, bis heute ist er psychisch beeinträchtigt.
Die Anklage ging bislang davon aus, dass der 35-jährige Angeklagte ein 9,2 Kilo schweres Werbeschild des Hähnchenstandes ergriff und das Tatopfer damit niederschlug. Seit 2. Oktober saß er deshalb in Untersuchungshaft, gestern wurde der Haftbefehl jedoch aufgehoben. Der Prozess geht heute weiter.