Hagen-Mitte. . Dürfen Sie nun transportiert werden oder nicht? Über diese Frage streiten E-Scooter-Fahrer aktuell mit der Hagener Straßenbahn. Im Behindertenbeirat durfte gestern mitdiskutiert werden.

An der Grenze zur Unsachlichkeit, aber emotional durchaus nachvollziehbar, ging es gestern in der Sitzung des Beirates für Menschen mit Behinderungen zu. Was die Gemüter der auf einen so genannten E-Scooter angewiesenen Gäste (siehe Foto) so erregte, waren die Ausführungen des stellvertretenden Betriebsleiters der Hagener Straßenbahn, Thomas Wessinghage, der noch mal deutlich erklärte, warum das Verkehrsunternehmen die Betroffenen aktuell nicht transportiert.

Die Vorgeschichte hatte für jede Menge Wirbel gesorgt. Laut einer Untersuchung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) stellen die Elektromobile ein Sicherheitsrisiko dar. Zum Beispiel dann, wenn sie ins Schleudern oder Rutschen geraten. Sie sind zwischen sechs und 15 Stundenkilometer schnell, größer und schwerer als Rollstühle und für Fahrten auf der Straße gedacht.

Elektro-Mobil ist nicht gleich Elektro-Mobil

Man halte so lange an dem Verbot fest, bis eine Lösung für das Sicherheitsproblem gefunden sei, erklärte Wessinghage im Beirat. Er verwies auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, der das Beförderungsverbot bestätige. Das Gericht räumte allerdings auch ein, dass neue Erkenntnisse aus einem von der Landesregierung in Auftrag gegebenen zweiten Gutachten zu einer anderen Beurteilung führen könnten. Die Landesregierung hat die Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen (Stuva) mit einer ergänzenden Studie beauftragt. Erste Ergebnisse werden noch für Ende März erwartet.

Problematisch an der Diskussion ist, dass Elektro-Mobil nicht gleich Elektro-Mobil ist. Es gibt jede Menge unterschiedliche Typen mit unterschiedlicher Ausstattung und Gewicht, so dass eine pauschale Aussage über das Sicherheitsrisiko nur schwer zu treffen ist. Dazu kommt: Die Untersuchung des VDV hatte nur drei unterschiedliche Modelle überprüft – viel zu wenig.

Wessinghage räumte ein, dass die Straßenbahn von der Entwicklung überrannt worden sei. „Ich sehe auch die Hersteller in der Pflicht, Sicherheit zu gewährleisten.“ Beiratsmitglied Ingo Hentschel (Linke) entgegnete ihm: „Wer sagt eigentlich, dass ihre Entscheidung die richtige ist? Sie haben eine Beförderungspflicht. Dass der Verband das Verbot empfiehlt ist klar. Die wollen ihre Mitglieder aus der Haftung nehmen.“

Ordentlich Dampf abgelassen

Die erschienenen E-Scooter-Fahrer hatten Rederecht eingeräumt bekommen und nutzten die Gelegenheit, um Dampf abzulassen. Einer darunter ließ sich kaum zügeln und unterbrach später immer wieder die Sitzung. Gemeinsamer Tenor aller Wortbeiträge und Zwischenrufe: Das Gefühl der Diskriminierung und Ausgrenzung und dass die Politik zu langsam und zu spät handele.

Der Beirat zeigte in seinem Beschlussvorschlag, der in den politischen Gremien weiter diskutiert werden wird, Verständnis dafür, dass die Straßenbahn eine saubere haftungsrechtliche Grundlage haben möchte. Zu prüfen sei, ob die Hagener Straßenbahn E-Scooter unter Haftungsausschluss befördern kann.

Der Beirat fordert zudem, die Entscheidung des Mitnahmeverbots zu überdenken, bis das ergänzende Gutachten fertig ist. Hersteller hätten zu testen, ob die von ihnen produzierten Geräte ein Sicherheitsrisiko in Verkehrsmitteln darstellen oder nicht.