Eckesey. . Bei einem Großangriff auf Hagen starben am 28. Februar 1945 mindestens 380 Menschen. Vor 70 Jahren legten Bomber den Stadtteil Eckesey in Trümmer.
Die Bilder zeigen die Überlebenden, nicht die Toten. Mehr als 380 Menschen kamen heute vor 70 Jahren im Umfeld des Bahnhofs und in Eckesey ums Leben. Ein ganzer Stadtteil wurde in weiten Teilen dem Erdboden gleich gemacht. Ein Teil Hagens, der wie aus dem Luftkriegstagebuch der Stadt Hagen hervorgeht, bis zu diesem Tag nahezu verschont geblieben war.
Am Nachmittag des 28. Februars 1945 lag Eckesey in Trümmern. Dokumentiert hat die unglaubliche Zerstörung der Apotheker Ludwig Neuhoff, der unmittelbar nach der „Entwarnung“ auf den Auslöser seiner Kamera drückte.
Fotos eine Rarität
„Diese Straßenszenen so unmittelbar nach dem Angriff sind eine Rarität“, sagt der Hagener Historiker Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive, „eine der eindrucksvollsten Fotoserien vom Luftkrieg in Deutschland.“
Zahlreiche Gefallene auf Hagens Straßen nach Luftangriff auf Norden der Stadt
28. Februar 1945: 11.11 Uhr: Öffentliche Luftwarnung, 11.51 Uhr: Alarm, 12.20 Uhr: Vorläufige Luftgefahr zu Ende, 12.25 Uhr: Luftgefahr zu Ende.
13.43 Uhr: Öffentliche Luftwarnung, 13.45 Uhr: Alarm, 14.27 Uhr: Vorläufige Luftgefahr zu Ende, 14.35 Uhr: Alarm, 15.48 Uhr: Vorläufige Luftgefahr zu Ende, 16.32 Uhr: Luftgefahr zu Ende.
19.37 Uhr: Öffentliche Luftwarnung, 20.40 Uhr: Luftgefahr zu Ende.
Sehr schwerer Tagesangriff auf den LS-Ort, wovon der Stadtteil Eckesey, der bis dahin fast gar nicht durch die vorangegangenen Angriffe gelitten hatte, hart, sehr hart, betroffen wurde. Der Angriff erfolgte diesmal von Osten her u. hatte die Verkehrsanlagen zum Ziel. Es waren etwa 120 – 150 Flugzeuge daran beteiligt. Die erste Angriffswelle flog um 15.05 – 15.07 aus niedriger Wolkendecke an, die zweite von 15.10 - 15.33 Uhr.
Es wurden Sprengbomben in kleineren u. größeren Kalibern in Teppichen geworfen. Außerdem auch zahlreiche Brandbomben. Schwere Verwüstungen u. Schäden entstanden auf dem Bahngelände zwischen Schipkapass u. Harkortbrücke u. im ganzen Stadtteil Eckesey, sowie Freiligrath-, Hammecker-, Bering-, Röntgenstraße sowie dem Häuserblock Allee-, Friedens- Boeler Straße. Fuhrparkbrücke sowie Fuhrpark total zerstört. Sehr viele Brände u.a. auch Gastankstelle an der Eckeseyer Straße.
Das Angriffsgebiet ein Trichterfeld. Zahlreiche Verschüttetenstellen, darunter Fuhrpark, wo auch der Major Ulrich von der FSch.Pol. mit ums Leben kam. Es war ein Bild des Grauens, das Hass u. Mitleid auslösen musste.
Überall Gefallene, meist treue, ehrsame, fleißige Arbeiter, Fuhrleute lagen neben ihren Pferden, Wagenlenker neben ihren Kraftfahrzeugen. Nach Osten zieht die mächtige schwarze Rauchwolke von der brennenden Tankstelle. Erkundung war infolge der vielen Trichter äußerst schwierig, mit Fahrzeug war nicht durchzukommen.
Eigene LS.-Pol.-Kräfte waren schnell an Ort u. Stelle, reichten aber nicht aus, es wurden daher noch 2 F.u.E.Einheiten aus Dortmund, 3 Bereitschaften der Freiwilligen Feuerwehr u. 5 auswärtige Bergungstrupps eingesetzt.
Personenverluste bzw. Verwundungen: [Sachschaden erheblich, so vor allem auf der Reichsbahn u. den anliegenden Werken u. an den Versorgungsanlagen. Transport der Gefallenen u. Behebung der Schäden stößt wegen Mangel an Kraftstoff auf große Schwierigkeiten.
Verkehr auf der ganzen Eckeseyer Straße musste wegen der Blindgänger 2 Tage gesperrt werden.
Es kann festgestellt werden, dass ein Tagesangriff sich auf ein ziemlich scharf abgegrenztes Gebiet beschränkt u. bei der jammervollen Abwehr wuchtige u. erfolgreicher ist, als ein Nachtangriff, der sich meist auf das ganze Stadtgebiet erstreckt u. die Schäden sich auf einen größeren Raum verteilen.
Nachtrag:Durch den Angriff wurde auch der Stadtteil Vorhalle betroffen. Dort wurden etwa 25 Sprengbomben u. eine geringe Anzahl Brandbomben abgeworfen. Personen- u. Sachschaden gering. Einsatz von Kräften war im ersten Augenblick nicht notwendig.
08.43 Uhr: Luftwarnung, 12.52 Uhr: Luftgefahr zu Ende, 14.40 Uhr: Alarm, 15.27 Uhr: Vorläufige Luftgefahr zu Ende, 15.37 Uhr: Luftgefahr zu Ende.
17.12 Uhr: Luftwarnung, 17.40 Uhr: Alarm, 17.56 Uhr: Vorläufige Luftgefahr zu Ende, 18.33 Uhr: Luftgefahr zu Ende.
19.02 Uhr: Alarm, 19.55 Uhr: Vorläufige Luftgefahr zu Ende, 20.14 Uhr: Luftgefahr zu Ende, 20.02 Uhr: Luftwarnung, 21.12 Uhr: Luftgefahr zu Ende.
21.56 Uhr: Luftwarnung, 22.18 Uhr: Luftgefahr zu Ende. Kein Angriff.
Dabei war der Angriff an diesem Tag eigentlich dem Zufall geschuldet. Er war so etwas wie der Plan B der amerikanischen Airforce. In die Tat umgesetzt wurde er wegen der schlechten Witterung. „Ursprünglich sollten die Bomber Angriffe auf die Verschiebebahnhöfe in Leipzig und in Halle fliegen“, erklärt Dr. Ralf Blank, der in seinem Buch „Bitter Ends“ die letzten Kriegsmonate im Ruhrgebiet ausführlich beschrieben hat, „die schlechten Wetterprognosen für den mitteldeutschen Raum sorgten dafür, dass die Angriffsbefehle noch in der Nacht zum 28. Februar geändert wurden.“ So kam der am Vortag ausgearbeitete Alternativplan zum Zug – das „Todesurteil“ für einen Stadtteil.
Bodenoffensive
Statt Leipzig und Halle standen nun die Verschiebebahnhöfe in Hagen-Eckesey, Soest, Schwerte und Siegen sowie der Eisenbahnviadukt bei Arnsberg und die Honsel-Leichtmetallguss GmbH in Meschede in den Angriffsbefehlen. Strategisch betrachtet galten die Luftangriffe auf diese neuralgischen Punkte auch der Unterstützung der Bodenoffensive. „Am 28. Februar 1945 brachen die 9. und die 1. US-Army bei Erkelenz und Schleiden durch die deutschen Verteidigungslinien, um an den folgenden vier Tagen den Rhein bei Düsseldorf und Köln zu erreichen.“
Kaum vorstellbare 1100 Langstreckenbomber starteten am Morgen gegen 7 Uhr auf Flugplätzen in Ostengland mit Kurs auf die Ziele in Westdeutschland. Dass sie am Ende ihre tödliche Fracht nahezu unbehelligt über den Zielen abwerfen konnten, lag auch an der Fehleinschätzung der deutschen Jagdleitführung: „Wie schon an den Vortagen ging sie von einem erneuten Einflug der US-Bomber in den mitteldeutschen Raum und nach Berlin aus“, so Blank. Die Jägerleitoffiziere bemerkten den Einflug viel zu spät. „Die über Mitteldeutschland in Warteräumen versammelten Jagdflugzeuge hatten schließlich keinen Treibstoff mehr, um die Bomberverbände zu erreichen.“
Hagen besonders stark betroffen
Die Folgen waren fatal: „So stark wie Hagen war keine der anderen Städte betroffen“, sagt Ralf Blank, „das im Norden des Hauptbahnhofs gelegene Eisenbahngelände wurde zwischen 15.05 und 15.11 Uhr und noch einmal um 15.32 bombardiert. 151 Flugzeuge waren daran beteiligt. Das gesamte Eisenbahngelände und die angrenzenden Wohn- und Industrieviertel wurden durch den konzentrierten Abwurf von mehren Bombenteppichen komplett verwüstet.“ 380 Menschen starben in Altenhagen, Boelerheide und vor allem in Eckesey.
Ein ehemaliger SPD-Stadtverordneter notierte in seinem Tagebuch: „Selbst im Stollen, wo ich während des Angriffs war, merkte man die ungeheuren Erschütterungen. Als wir rauskamen, bot sich ein Bild der Verwüstung, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Ich bin von Eckesey bis zu meiner Wohnung nur über Trümmer geklettert.“