Hagen-Wehringhausen. . Eine “hilfsbereite“ Nachbarin (37) soll in Hagen eine wohlhabende 90-Jährige um 160.000 Euro betrogen haben. Sie muss sich vor Gericht verantworten.

Kann man wirklich so gemein und hinterhältig sein? Die nette Nachbarin (37) kümmerte sich rührend um die alte Dame (90) im Haus gegenüber. Sie kam zum Putzen, zum Einkaufen und liebend gern auf ein Schwätzchen. Jetzt fehlen der wohlhabenden Rentnerin mehr als 160. 000 Euro.

„Sie hat mir von sich aus ihr Geld geschenkt, weil ich sie so gut betreut habe“, behauptet allen Ernstes die angeblich so hilfsbereite Nachbarin, die seit gestern vor dem Schöffengericht angeklagt ist. Es könnte schwer werden, ihr das Gegenteil zu beweisen, weil die 90-jährige Frau im Rollstuhl schwer demenzkrank ist.

"Ich durfte das"

Die Anklageschrift (Az. 409 Js 286/13) listet längst nicht mehr alle Vorfälle auf. Verhandelt werden nur noch 30 vorgeworfene Taten, aus dem Zeitraum zwischen Oktober 2012 und Juli 2013. Da ist die Nachbarin mit der EC-Karte der alten Dame „mal eben“ einkaufen gegangen: Ein Laptop, ein i-Pad, Bettwäsche, Kosmetika, Bekleidung, Kristallglas und acht Paar Schuhe – für 4900 Euro. Auch hat sie mehrfach Bargeld vom Konto der Rentnerin abgehoben – insgesamt 54.000 Euro: „Ich durfte das.“

Arzt kommt als Zeuge

Die 91-Jährige, die aufgrund ihrer Krankheit nicht mehr zu den Vorwürfen befragt werden kann, hat inzwischen einen gesetzlichen Betreuer.

Rechtsanwalt Lutz Bormann ist beauftragt, das Geld der Rentnerin zurück zu fordern.

Als Zeuge soll noch der Hausarzt der Geschädigten befragt werden, wie krank die alte Dame zum Tatzeitpunkt war.

Die Angeklagte, eine Teilzeit-Textilverkäuferin, behauptet, das Geld sei ihr von der 90-Jährigen, die keine Verwandten hat, geradezu aufgedrängt worden. Weil sie sich über Jahre so rührend um sie gekümmert habe: „Wenn sie mich brauchte, war ich immer für sie da.“

Aus dem Vermögen der alten Dame wurde auch die Mutter der Angeklagten mit Geld versorgt, „weil die doch in Polen lebt, wenig Rente hat und ihre Medikamente nicht bezahlen kann“. Der Ehemann der Angeklagten bekam 20.000 Euro ab. Geld, das bis heute auf seinem Sparbuch schlummert. Einen Peugeot Cabrio bezahlte der gelernte Autoschlosser mal eben in bar.

Handgeschriebener Zettel

Vor einigen Jahren besaß die alte Dame noch ein Wertpapierdepot für 290.000 Euro. Das wurde aufgelöst, das Geld auf ein anderes Konto verschoben und dann abgehoben. „Zuletzt waren nur noch 100. 000 Euro da“, bemerkte ein aufmerksamer Postbank-Angestellter (28). Er schaltete die Kripo ein: „Irgendetwas stimmte da nicht.“

In der Gerichtsakte befindet sich auch ein handgeschriebener Zettel. Darauf hat die demente alte Dame der Angeklagten bescheinigt: „Sie konnte Geld abheben nach meinem Wunsch und wie ich es wollte. Ich möchte nicht, dass sie Schwierigkeiten bekommt.“

Am 17. Februar wird die Verhandlung fortgesetzt.