Hagen. . Der Wirtschaftsbetrieb Hagen könnte durch eine Millionen-Investition in die Wassersparte der Enervie-Gruppe finanziell unter die Arme greifen. Ein Vorschlag der die Politik zum Nachdenken anregt.
Trinkwasser wird auch in den nächsten Jahren vorzugsweise aus dem Wasserwerk in Hengstey sowie aus der Hasper Talsperre und nicht aus den Anlagen der Wasserwerke Westfalen in die Hagener Haushalte fließen. Obwohl Enervie aus Kostengründen gerne auf eine 15 Millionen Euro teure Ertüchtigung der Anlagen am Ufer des Hengsteysees verzichten würde und für die Zukunft Frischwasser aus Westhofen favorisiert, formiert sich in diesen Tagen in der Politik eine breite Mehrheit, die für den Fortbestand einer eigenständigen, lokalen Hagener Versorgung votieren wird – entweder in der Ratssitzung am 26. Februar, oder nach einer CDU-Klausurtagung im März. Im Hause der Enervie wird angesichts dieser Entwicklung bereits die Ausschreibung für die erforderliche Hengstey-Ausbaustufe vorbereitet.
Wirtschaftsbetrieb zahlt für Hengstey
Das muss jedoch keineswegs bedeuten, dass der unter einer bedrohlich niedrigen Eigenkapitalquote leidende heimische Energieversorger diese Investition aus seinen übersichtlich gefüllten Kassen zu stemmen hat. Denn Oberbürgermeister Erik O. Schulz liegt inzwischen ein von seinem Fachbereich angefordertes Konzept des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH) mit einem interessanten Alternativvorschlag vor: Demnach könnte die Anstalt öffentlichen Rechts für einen dreistelligen Millionen-Betrag das Hagener Wassernetz erwerben und damit auch die Hengstey-Ertüchtigung finanzieren.
Rat müsste eingehendere Prüfung beauftragen
Der Konzeptvorschlag aus dem Haus des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH) zur Rekommunalisierung der Wassersparte gilt bislang lediglich als Diskussions-Impuls. Eine eingehendere Prüfung müsste zunächst der Rat beschließen und beauftragen.
In weiteren Schritten müssten Verhandlungen zwischen WBH und Enervie aufgenommen werden, bei denen – neben der Ermittlung des Übertragungspreises – die Erarbeitung eines Betreibermodells und dessen Laufzeit im Vordergrund stehen. Zudem müsste eine kommunale Satzung entwickelt werden.
Das letzte Wort bei einem solchen Deal hätten am Ende die Anteilseigner der Enervie, also der Aufsichtsrat. Hier ist Hagen als größter Aktionär mit 42,7 Prozent beteiligt.
Der WBH würde bei diesem Modell als Investor auftreten, der gesamte Wasserbetrieb im Rahmen eines Dienstleister-Konstruktes jedoch bei Enervie verbleiben. Auch das gesamte Ablese- und Abrechnungswesen verbliebe bei den Haßleyern, beim WBH müssten keinerlei neuen Strukturen etabliert werden. Die Arbeitsplätze verweilten komplett bei Enervie. Mit der Rekommunalisierung dieser hoheitlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge würde der bisherige Wasserpreis sich in eine Wassergebühr verwandeln und somit aus dem Fokus der Kartellbehörden rücken. Die AöR müsste angesichts des in Hagen ausgereiften Wassernetzes sich in Zukunft vorzugsweise um den Bestand und die Wiederbeschaffungskosten kümmern.
Frisches Geld für Energieversorger
Für Enervie ergäben sich aus dem Verkauf der Wassersparte die Vorteile, dass notwendige Investitionen künftig nicht mehr die Liquidität belasteten, das Know-how verbliebe im Unternehmen und der Erlös des WBH-Deals spülte zudem reichlich frisches Geld in die Kassen der AG. Das Kapital könnte von Enervie beispielsweise genutzt werden, um das Darlehnsniveau (etwa eine Viertelmilliarde) zu senken: weniger Abschreibung, weniger Zinsaufwendungen und weniger Tilgung würden zu einer Verbesserung von Ertrag und Gewinn führen – trotz des Gewinnausfalls von einer knappen Million aus dem Wassergeschäft, so die Modell-Rechnungen, die dem Oberbürgermeister vorliegen.
Gleichzeitig würden sich für den WBH deutlich die Chancen erhöhen, Gewinne zu erwirtschaften. Und das sogar bei einem aufgrund kalkulatorischer Effekte wenige Cent niedrigeren Wasserpreis für die Kunden als bislang. Obwohl ein solches Millionen-Geschäft die Liquidität des WBH belastet, gehen die Eilper davon aus, dass der Kämmerer – nach den Investitionen für Hengstey – ab 2018/19 sogar von einem erhöhten Liquiditätsabfluss profitieren könnte. Denn die Finanzsituation der AöR wäre selbst nach dem Wasser-Geschäft komfortabel: Die Eigenkapitalquote läge bei ansehnlichen 34 Prozent.
Dividende könnte wieder fließen
Eine Prognose, die nicht nur Christoph Gerbersmann gefallen dürfte. Auch HVG-Geschäftsführer Christoph Köther könnte profitieren, wenn die Enervie-Gruppe durch ein solches Millionen-Geschäft seine wirtschaftliche Situation verbessern und damit die Dividendenfähigkeit zurückerhalten würde. Denn die Ausschüttung der Haßleyer federt bekanntlich die HVG-Verluste bei Bussen und Bädern ab.