Hagen. Im Interview verrät Dr. Henning Kreke, Vorstandschef von Douglas, wie das Hagener Handelsunternehmen sich unter dem Druck des Internethandels verändert und wie er den Verkauf einstiger Tochtergesellschaften bewertet. Auch ein neuer Börsengang ist möglich.

Das Hagener Handelsunternehmen Douglas steckt mitten im Umbruch. Einige Tochtergesellschaften, die bisher als tragende Säulen der Gruppe galten, sind bereits verkauft (Christ, Hussel) oder stehen zumindest zum Verkauf. (Appelrath-Cüpper, Thalia). Darüber, wie Douglas den neuen Herausforderungen begegnen will und wie die Zukunft der Handelsgruppe mit oder ohne den Finanzinvestor Advent aussehen könnte, sprachen wir mit Vorstandschef Dr. Henning Kreke.

Ihr Vater Dr. Jörn Kreke hat an der Douglas-Spitze Großes geleistet. Welches Gefühl hatten Sie, der Sohn, als Sie antraten? Mussten Sie das machen?

Dr. Henning Kreke: Mein Vater hatte nie die Erwartung, dass ich unbedingt sein Nachfolger werden müsste. Insofern hatte ich keinen Druck. Aber er hat sich sehr darüber gefreut, nachdem ich mich entschieden hatte, aus dem Ausland zurückzukehren. Schon als Kinder hat er mich und meine Schwestern an den Handel herangeführt. So sind wir zum Beispiel schon in frühester Kindheit gemeinsam durch die Innenstädte gegangen und haben uns Schaufenster angesehen.

Ist für Sie der Standortfaktor Hagen ein Wert an sich?

Kreke: Natürlich. Vor allem wegen der Menschen, die hier arbeiten und die eine starke emotionale Bindung zu unserem Unternehmen haben. Mit einem Umzug würde unser Unternehmen ganz bestimmt einen Teil dieser emotionalen Bindung verlieren. Hier in Hagen sind über die Jahrzehnte viele positive Unternehmenswerte aufgebaut worden.

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Aber jetzt entsteht der Eindruck, Douglas verkauft nach und nach seine Perlen. Wie passt das zusammen?

Kreke: Wenn Sie darauf anspielen: Es war richtig, jüngst unsere Uhren- und Schmuckkette Christ zu verkaufen. Die Douglas-Gruppe konnte über viele Jahre spartenübergreifende Synergie-Potenziale ausschöpfen. Zum Beispiel konnten wir in Einkaufszentren größere Flächen anmieten, diese auf unsere Tochtergesellschaften aufteilen und damit Synergieeffekte im Immobilienbereich erzielen. Mit dieser Strategie ist unsere Unternehmensgruppe über viele Jahre gut gefahren. Inzwischen haben unsere Tochtergesellschaften aber völlig unterschiedliche Interessen, auch was Standorte angeht. Das gemeinsame Dach und der Zwang, gemeinsam zu agieren, sind somit hier und dort zu einem gewissen Nachteil geworden, da es die Handlungsfähigkeit der einzelnen Geschäftsbereiche zunehmend einengt. Damit ist ein wesentlicher Sockel am Fundament unserer Gruppe weggebrochen.

Was bedeutet das konkret?

Kreke: Das Handelsumfeld verändert sich derzeit rasant. Daher ist es wichtig, dass jedes Unternehmen für sich eigenständig aufgestellt ist und genau das macht, was in der jeweiligen Branche erforderlich ist, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Nur so werden sie im Wettbewerb zu den Besten gehören - ohne Rücksicht auf eine übergeordnete Gruppenstrategie. Unsere Handelsformate brauchen daher Eigentümer, die unsere starken Marken fokussiert weiterentwickeln. Dies geht einzeln besser als unter dem Dach einer zentralen Holding. Der Süßwarenfilialist Hussel etwa hat einen neuen Eigentümer, der richtig Gas gibt und viel in das Wachstum von Hussel investiert. Das ist gut für Hussel und auch für die Gruppe. Auch Christ hat einen tollen neuen Eigentümer, der die von uns zaghaft begonnene Internationalisierung unserer Schmucksparte nun intensiv vorantreiben wird. Und eine erfolgreiche Zukunft von Christ liegt meiner Familie wirklich sehr am Herzen. Das können Sie auch daran sehen, dass wir, also die Familie Kreke, uns mit einem Re-Invest unter der neuen Eigentümerschaft gern wieder an Christ beteiligen möchten - sofern die Möglichkeit dazu besteht.

Christ hat sich schon unter dem Douglas-Dach gut entwickelt und neue Filialen aufgemacht. Hätten Sie auch ohne Mehrheitsbeteiligung von Advent verkauft?

Kreke: Ja, das hätten wir. Denn, wie gesagt, wir müssen uns fokussieren, und der Fokus der Douglas-Gruppe liegt im Parfümeriebereich. Vergessen Sie bitte nicht: Wir haben erst kürzlich die französische Parfümeriesparte Nocibé mit mehr als 400 Filialen erworben und damit die größte Investition unserer Unternehmensgeschichte getätigt. Darin steckt viel Synergiepotenzial. Und in unserer Parfümeriesparte haben wir noch große Wachstumsambitionen. In Frankreich sind wir jetzt Nummer 2 beim Umsatz und Nummer 1 bei der Anzahl der Filialen. Mit unserer alten Eigentümerstruktur, also ohne Advent, wäre eine solche Investition gar nicht möglich gewesen.

Sie haben Ihre Buchhandelstochter Thalia noch gar nicht erwähnt.

Kreke: Auch bei Thalia befinden wir uns auf einem guten Weg und sind dort mittlerweile gut aufgestellt. Dennoch bleibt der Veränderungsdruck in der Buchbranche besonders groß. Denn dort gibt es neben dem Verkauf von Büchern in Buchhandlungen und in Online-Shops auch noch die Möglichkeit, Bücher digital - also als E-Book - zu lesen. Das revolutioniert die Buchbranche. Und genau dafür hat Thalia gemeinsam mit Partnern sehr erfolgreich den E-Reader Tolino entwickelt.

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Trotzdem steht auch Thalia zum Verkauf.

Kreke: Alle unsere Geschäftsbereiche müssen sich auf die richtige, individuelle Strategie konzentrieren und dort innovativ sein. Das muss nicht notwendigerweise innerhalb der Gruppe passieren. Aber egal ob innerhalb oder außerhalb der Gruppe: Wir sind von der erfolgreichen Zukunft von Thalia fest überzeugt. Deswegen würden wir - also die Familie Kreke - auch bei Thalia nach einem Verkauf wieder einsteigen, wenn wir dafür einen geeigneten Partner finden.

Sie wollen sich ganz auf die Parfümerien konzentrieren, um größer, internationaler und innovativer zu werden.

Kreke: Das Thema Innovation ist uns sehr wichtig - wir sind da sehr engagiert. Was Kunden begeistert sind Dinge, die neu sind und andere noch nicht haben. Da wollen wir Taktgeber werden. Mit Professional Beauty etwa. Das sind Hightech-Instrumente zur Gesichts- und Körperreinigung, für deren Anwendungen man bisher zur Kosmetikerin gehen musste. Oder wir messen die Hautfarbe und machen der Kundin individuelle Farbvorschläge für ihr Make-up. Und dann testen wir auch noch ein mobiles Gerät, mit dessen Unterstützung unsere Verkäuferinnen eine noch individuellere und fundiertere Beratung etwa zur Hautverträglichkeit durchführen können. Wir möchten unsere Kunden mit dem Besten beraten, was individuell und technisch möglich ist.

Was planen Sie als nächstes?

Kreke: Douglas soll sich von einer europäischen zu einer globalen Marke entwickeln. Das Potenzial dafür haben wir - egal, ob mit einem Finanzinvestor, einem strategischen Partner oder als börsennotiertes Unternehmen. Wir prüfen derzeit alle Optionen und gehen ergebnisoffen daran. Insofern hätten wir auch wirklich nichts dagegen, an die Börse zurückzukehren. Dass unser Partner und Mehrheitseigentümer Advent nur ein Partner auf Zeit ist, war von Anfang an klar. Damit ist auch klar, dass Advent seine Anteile an unserer Unternehmensgruppe zu einem Zeitpunkt X verkaufen wird. Aber auch danach werden sich die einzelnen Marken unserer Unternehmensgruppe positiv weiterentwickeln. Davon bin ich fest überzeugt.

Was macht Douglas für Sie zur Herzensangelegenheit?

Kreke: Unser Unternehmerherz hängt an den vielen tollen Menschen im Handel und daran, mit ihnen gemeinsam gute Handelsformate erfolgreich zu gestalten. Und dann natürlich vor allem an unserem Parfümeriebereich, dem Lebenswerk meines Vaters. Dort ist die emotionale Bindung meiner Familie besonders stark.

Mit Dr. Henning Kreke sprachen Stefan Hans Kläsener, Torsten Berninghaus und Stefan Pohl.