Hagen. . Das Hagener Arcadeon erfindet sich neu. Geschäftsführer Jörg Bachmann und Mit-Gründungsvater Dr. Hubert Groten feilen derzeit an einem zukunftsweisenden Konzept, das dem 98-Gästezimmer-Haus im Lennetal bis 2030 einen Spitzenplatz in der Branche sichern soll.

Nicht etwa, dass das bundesweit renommierte und Award-dekorierte Tagungshotel bereits nach 16 Jahren erste Patina ansetzen würde. „Doch in unserem sehr speziellen Segment zeichnen sich erhebliche Veränderungen ab“, hat Bachmann den Gesellschaftern bereits deutlich gemacht, dass im nächsten Jahr eine einstellige Millionen-Investition ansteht.

„Nach 16 Jahren sind wir zwar sehr erwachsen geworden, zeigen aber auch schon erste Gebrauchsspuren.“ Genau der richtige Zeitpunkt für einen Häutungsprozess, nach dessen Abschluss das Arcadeon mit innovativem Konzept und Raumangebot runderneuert mit neuer Attraktivität glänzen möchte.

Ansprüche der Seminarleiter

Auslöser für diesen Prozess sind erhebliche Veränderungen im Gästeverhalten sowie bei den Ansprüchen der Seminarleiter und Trainer. Immer seltener werden Fortbildungsveranstaltungen von Vortrags- und Diskussionseinheiten im großen Kreis geprägt. Workshop-Runden und Kleingruppen-Arbeitskreise machen stattdessen heute das Gros des Tagesprogramms aus. Eine Tendenz, die auch das Arcadeon immer wieder an Grenzen der Raumkapazitäten stoßen lässt und zum Handeln zwingt.

„Inzwischen ist die Hälfte der Seminarteilnehmer jünger als 40 Jahre, ein Viertel sogar jünger als 30“, erzählt Bachmann. „Damit verändert sich die Erwartungshaltung an ein Tagungshotel.“ Ebenso habe die Kopfzahl der Gruppen deutlich abgenommen, bilanziert der 50-Jährige: „Früher kamen meist 16 bis 22 Personen in einem großen Raum zusammen und reservierten maximal noch einen kleineren Extra-Raum. Heute sind die Tagungsgruppen nur noch halb so groß, sie legen dafür aber meist Wert auf drei Kleinstgruppenräume.“ Entwicklungen, für die die gesamte Tagungshotellerie-Branche keineswegs optimal präpariert ist. Das belegt auch das „Future Hotel“-Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts.

Flexible Zimmernutzung

Um bei dieser Trendwende die Nase vorn zu behalten, möchte das Arcadeon sich im nächsten Jahr mit dem Modell „Transforming rooms“ baulich, konzeptionell und damit auch ökonomisch fit für die Zukunft machen. Das Herzstück bildet dabei die innovative Idee, klassische Gästezimmer mit wenigen Handgriffen in Kleinstgruppen-Arbeitsräume verwandeln zu können. Die Grundlagen für diese logistischen Rochaden muss bereits ein pfiffiges Team an der Rezeption liefern. Nur wenn bei der Reservierung schon erfragt wird, wann der Gast gedenkt ein- bzw. wieder auszuchecken, lässt sich der Nutzungsrhythmus der Zimmer präzise planen.

Reist ein Arcadeon-Besucher beispielsweise um 9 Uhr ab, kann sein Zimmer innerhalb weniger Minuten gereinigt und für den Vormittag in einen Workshop-Arbeitsraum mit vertraulicher Besprechungsatmosphäre umgeswitcht werden, während nebenan bereits vor dem Plenum das Impuls-Referat eines Seminarleiters angelaufen ist. Wenn dann die Workshop-Phase beginnt, hat sich in dem Gästezimmer das Bett in ein Sitzsofa verwandelt, drei Stühle sind um einen Arbeitstisch drapiert sowie ein Flipchart und Material-Container mit Schreibutensilien platziert.

Zimmer als Prototypen

Wird der Mini-Konferenzraum am Ende des Tages nicht mehr benötigt, lässt er sich ebenso flott wieder zu einem modernen, beinah futuristisch anmutenden Hotelzimmer umbauen, das neben einem kleinen Arbeitsplatz für Geschäftsreisende unter anderem auch Lademöglichkeiten für portable Geräte im Safe und einen Badezimmer-Bereich zum Genießen anbietet. Der Late-Check-In-Gast wird niemals merken, dass sein Raum kurz zuvor noch als Gruppenarbeitsraum diente. Prototypen-Gästezimmer für dieses Konzept hat Bachmann für Demonstrationszwecke bereits gestalten lassen. Staunen ja, fotografieren nein – Betriebsgeheimnis. Der Ideen-Vorsprung soll möglichst lange gewahrt bleiben.

Public-Private-Partnership erfolgreich umgesetzt

Nach nur einjähriger Bauzeit wurde das Arcadeon im August 1998 im Beisein von Ministerpräsident Wolfgang Clement offiziell eröffnet. Das Projekt, erdacht vom damaligen Fernuni-Dezernenten Dr. Hubert Groten und konzipiert als Public Private Partnership, wurde vor allem deshalb zum Erfolgsmodell, weil die Stadt das Grundstück von Andernach & Bleck erwarb, das Land die 25-Millionen-D-Mark-Investition mit 15 Millionen Euro bezuschusste und die fehlenden Investitionen beispielhaft durch private Hagener Investoren gestemmt wurden.
Zu den Gründungsgesellschaftern zählten seinerzeit die Douglas Holding, Stadt Hagen, Deutsche Bank, Fernuniversität, Jörn-Kreke-Holding, SIHK, Europart, HVG, Wippermann und die Elektromark.
Mit Jörg Bachmann wurde ein Geschäftsführer gefunden, der sich bis heute als strategischer Glücksfall für das Arcadeon erwies. Im Gegensatz zum Branchentrend hielt er dem Unternehmen bis heute die Treue und entwickelte das Tagungshotel zu einer der besten Adressen Deutschlands in diesem Segment. Zuletzt erzielte das Haus Platz 3 beim Grand Prix der Tagungshotellerie.
Im Jahr 2004 schrieb das Arcadeon das erste Mal eine schwarze Null. Zwei Jahre später wurden das Angebotsspektrum sowie die Bettenkapazität durch den Erwerb des nahegelegenen Landhotels Halden (damaliger Kaufpreis: 1,4 Millionen Euro) noch einmal deutlich erweitert.
Das Arcadeon-Portfolio reicht von Fortbildungsveranstaltungen zahlreicher Wirtschaftsunternehmen aus der gesamten Republik über gesellschaftliche Events aller Art bis hin zu Fernuni-Weiterbildungsprogrammen im Rahmen des Aufbaustudiums zum Patentanwalt. Seit dem Jahr 2000 hat zudem die Hochschulübergreifende Fortbildung (HüF), eine Einrichtung des Landes NRW zur Fortbildung der Mitarbeiter in den Bereichen Administration und Logistik in allen Hochschulen des Landes, ihren Sitz am Arcadeon und nutzt das Haus für ihre Seminare.

„Wichtig ist natürlich, dass niemals ein Seminar-Teilnehmer in jenem Zimmer schläft, in dem er wenige Stunden zuvor noch in Tagungsgespräche vertieft war“, baut Bachmann auf die organisatorische Cleverness seines Mitarbeiterstabes. Abgerundet werden soll die moderne Tagungshotel-Infrastruktur künftig durch eine Kaffeehaus-Atmosphäre im Bereich der Lobby mit angrenzenden Gemeinschaftsbereichen, die auch als Co-Working-Spaces dienen können. „Das ist genau das Umfeld, das Lehrende und Trainer als Lernumgebung heute erwarten und einfordern.“

Denken aufbrechen

Das Arcadeon möchte jedoch noch einen Schritt weiter gehen. „Unser Vorstoß ist kein Selbstzweck, sondern soll die räumliche Basis dafür liefern, dass auch die Qualität des Lernens ein höheres Level erreicht“, begreift Hubert Groten den äußeren Hotel-Rahmen als strategischen Hebel der Lehrenden für ein besseres Tagungsergebnis. „Wir stellen unser Haus als Material zur Verfügung, um die eingefahrenen Bahnen des Denkens auszubrechen“, formuliert der ehemalige Hochschul-Dezernent die Denkfabrik-Vision. Sein Anspruch: „Wir müssen dem mittelständischen Unternehmer dabei helfen, dass das kreative Potenzial seiner Belegschaft geweckt und geschärft wird.“ Das Arcadeon als Bindeglied und Scharnier zwischen den Trainern und den Kunden aus der Wirtschaft.

Groten setzt dabei auf enge Zusammenarbeit mit der Landesinitiative „Creative.NRW“, die sich vorzugsweise um Brückenschläge zwischen der Kreativwirtschaft, Wissensvermittlung, Innovationen und Unternehmen verdient macht. Hier soll vor allem das Landhotel Halden – Arbeitstitel für die künftige Namengebung: „H82“, eine Mischung aus Hotel und Hausnummer – sich künftig zur intellektuellen Bauhütte fürs Querdenken mausern. Ein Dreiklang aus hochwertigem Tagungsumfeld, gefragten Lehrenden und damit wiederum neuen Kunden. „So schaffen wir das Fundament für die nächsten 15 Jahre“, strahlt Groten puren Optimismus aus, dass das Arcadeon seinen qualitativen Ruf in der Branche bewahrt.