Fröndenberg. Auf der einen Seite Verwaltung und Politik, auf der anderen Seite erbitterte Gegner, das Thema Schürenfeld findet in Fröndenberg kein Ende.
Bereits seit 2004 spielt das Schürenfeld in Fröndenberg als Gewerbegebiet in den politischen und wirtschaftlichen Diskussionen eine Rolle. Als nun alles danach aussieht, dass nach zwei Jahrzehnten endlich begonnen werden kann mit der Vermarktung, melden sich Julia Gungl und Alexander Neumann. Sie wollen mit aller Macht und aus ihrer Sicht mit plausiblen Gründen verhindern, dass das Gelände erschlossen wird. Mit einer Einladung, adressiert an die Ratsmitglieder und Bürgermeisterin Sabina Müller, versuchen die beiden, gemeinsam mit weiteren Mitstreitern, die Entscheidungsträger sowie die Vertreter der Gegenseite am „Runden Tisch“ zusammenzubringen, um in einen Dialog zu treten.
„Im Herbst letzten Jahres haben wir Ihnen, Ratsmitglieder und Bürgermeisterin, eine sachliche Ausarbeitung zum Thema vorgestellt und zugesandt. Bedauerlicherweise sind Sie ohne nähere Auseinandersetzung mit unseren Argumenten und ohne den Versuch einer Erörterung über die aufgezeigten Mängel und möglichen Alternativen hinweggegangen. Aus unserer Sicht hätte eine sachliche Diskussion stattfinden müssen“, steht in dem Schreiben. Da keine Reaktion erfolgte, wurde der Weg einer Petition beschritten, der deutlich mehr als 2400 Unterschriften und damit auch 2400 potenzielle Unterstützer erbrachte.
Zudem liegt ein Ratsantrag mit dem Titel „Unterbrechung der weiteren Planungen und Auftragsvergaben zum Projekt Gewerbegebiet Schürenfeld und faktenbasierte Prüfung der Sinnhaftigkeit des Vorhabens in ökonomischer und ökologischer Hinsicht“, seit dem 25. Januar vor. Weiter: „Mit externer Unterstützung könnte nun ein neutrales und unabhängiges Fachgutachten erstellt werden, das allen Bürgern und politischen Akteuren die Vor- und Nachteile sowie den aktuellen Stand des Schürenfelds aufzeigt.“
Unterschiedliche Standpunkte verstehen
Die Initiatoren der Gegner erkennen das Interesse von Parteien und Verwaltung an ihren Bemühungen durchaus an, deuten aber auch auf aus ihrer Sicht deutliche Versäumnisse hin: „Es hat zwar bereits ein Pressetermin seitens der Stadtverwaltung stattgefunden, jedoch gab es keinen direkten Austausch mit den Bürgern.“
„Ein solcher Runder Tisch bietet die Möglichkeit, die unterschiedlichen Standpunkte zu verstehen, offene Fragen zu klären und gemeinsam nach Lösungen zu suchen“, erklären Julia Gungl und Alexander Neumann.
Nachdem sich einige Ratsparteien durchaus offen für die Sichtweise der Protestler zeigten, FWG und SWGF unterstützten zu Beginn sogar den Bürgerantrag, gab es nun ablehnende Antworten von CDU und SPD.
„ Es geht hier zudem um Berechenbarkeit von politischen Entscheidungen.“
Gerd Greczka, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten, verwies in dem Antwortschreiben darauf, dass sich seine Fraktion seit Herbst 2023 intensiv mit dem Standpunkt von Gungl und Neumann auseinandergesetzt habe. „Ich habe Ihnen nach dem Besuch in unserer Fraktion geraten, rasch per Runden Tisch alle Argumente pro und contra zusammenzubringen“, ist zu lesen. Aber: „Diese Anregung liegt Wochen zurück.“ In der Zwischenzeit habe noch einmal ein intensiver Diskussionsprozess stattgefunden. Das Ergebnis war klar: Neun von neun Ratsmitgliedern hätten sich für das Gewerbegebiet ausgesprochen. Damit sei der Beratungsprozess abgeschlossen.
Der Steuerzahler hat bereits 5,5 Millionen Euro aufgewendet
Weiter führt Greczka aus, dass eine Teilnahme an einem Runden Tisch zum jetzigen Zeitpunkt den öffentlichen Eindruck vermittele, dass die CDU alles noch einmal aufrollen wolle. „Das wäre aus meiner Sicht das falsche Signal an den Steuerzahler, der bereits rund 5,5 Millionen Euro aufgewendet hat.“ Auch Investoren und Gewerbetreibende könnten abgeschreckt werden.
„Für mich wird weiterhin von falschen Voraussetzungen ausgegangen.“
Ähnliche Argumente gibt es in der Absage der SPD, verfasst von Klaus Böning. Zwar wird darin das bürgerschaftliche Engagement wertgeschätzt und die professionelle Akribie der Präsentation zum Gewerbegebiet bekommt höchsten Respekt, aber die Schlussfolgerungen aus dieser Arbeit sind doch zwischen SPD-Fraktion und den Briefschreibern erkennbar unterschiedlich. „Als Ratsfraktion haben wir die Pflicht und die Aufgabe, neben der ökologischen Betrachtungsweise auch ökonomische und politische Aspekte in unserer Entscheidungsfindung mit einfließen zu lassen. Es geht hier zudem um Berechenbarkeit von politischen Entscheidungen, die Auswirkungen auf den Standort Fröndenberg haben“, schreibt Klaus Böning.
Nach Stillstand wurden nach Antrag der FWG im August 2012 die Planungen wieder aufgenommen, seitdem gab es öffentliche Beteiligungen, Bürgerinformationsveranstaltungen und abschließende Grundstücksaufkäufe. „Ihr Einsatz und Engagement hätte zum damaligen Zeitpunkt unter Umständen ein anderes demokratisches Abstimmungsergebnis herbeiführen können. Im Heute sehen wir die Umsetzung in der vorliegenden Form als zwingend notwendig an, um wirtschaftlichen Schaden von der Stadt und seinen Bürgern abzuwenden und um Berechenbarkeit von demokratischen Entscheidungen zu gewährleisten“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende. Somit wäre eine Beteiligung an einem Runden Tisch nicht zielführend, zudem sich gravierende neue Erkenntnisse nicht erschlössen.
Es gibt jetzt eine Homepage für das Schürenfeld
Julia Gungl sieht aber weiterhin keinen Grund, in ihrer Initiative nachzulassen. Die Einrichtung einer Homepage www.schuerenfeld.de soll allen Interessierten umfassende Informationen liefern. Die Plattform verfolge das Ziel, größtmögliche Transparenz bezüglich der Recherchen und Argumentationen zu schaffen, untermauert mit Bildergalerien und aktuellen Luftaufnahmen der bestehenden Gewerbegebiete, die unbebaute Freiflächen und verwaiste Immobilien zeigen. Die Reaktionen der Parteien seien enttäuschend, ebenso wie die Aktivitäten der Bürgermeisterin im Rahmen einer Pressekonferenz: „Ein Dialog mit uns Bürgern und eine wirklich faktenbasierte Auseinandersetzung bleibt wieder aus. Die Blockadehaltung der Parteien irritiert mich, ich muss mich fast fragen, wovor haben die Angst.“
„Meine Motivation lässt nicht nach, das kann ich versprechen“, gibt Julia Gungl nicht auf. „Für mich wird weiterhin von falschen Voraussetzungen ausgegangen, der wirtschaftliche Rahmen hat sich geändert, es gibt den Klimawandel, die Baukosten sind um 62 Prozent gestiegen, wird dies alles berücksichtigt? Ich nehme an, nein.“