Fröndenberg/Dortmund. Ein Fröndenberger (23) soll mit seiner Bande eine Sparkassenfiliale in Castrop-Rauxel gesprengt haben. Er wurde von der Polizei angeschossen.
Ein 23- Jahre alter Mann aus Fröndenberg steht in der kommenden Woche in Dortmund vor dem Landgericht: Er soll gemeinsam mit zwei Unbekannten eine Sparkasse in Castrop-Rauxel in die Luft gejagt haben. Bei dem spektakulären Einsatz im Mai soll der Mann von der Polizei angeschossen worden sein – und soll sich aktuell im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg befinden. Angesetzt sind vier Verhandlungstage. Ergaunerte Beute: Geldscheine in Höhe von 42.350 Euro.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund wirft dem Fröndenberger vor, am 19. Mai 2022 als Mitglied einer Bande Diebstahl in Tateinheit mit der Zerstörung von Bauwerken und einer Sprengstoffexplosion sowie einer Sachbeschädigung begangen zu haben. Hinter bestem Juristendeutsch getarnt, verbringt sich ein spektakulärer Einsatz. Die Kollegen der WAZ titelten damals so: „Polizei schießt nach Geldautomaten-Sprengung“. Und weiter: „Eine Filiale der Sparkasse Vest Recklinghausen in Castrop-Rauxel ist in der Nacht zu Donnerstag Ziel von Geldautomatensprengern geworden. Die Polizei war schnell und schoss auf die Täter. Zwei konnten fliehen, einer wurde verletzt, angeblich durch eine Polizeiwaffe.“
+++ Wichtig: Geldautomaten-Sprenger von der Polizei angeschossen – und gefasst +++
Zündschnüre auf dem Parkplatz verlegt – extremer Knall zu hören
Gegen 1 Uhr morgens habe es einen extremen Knall gegeben im Zentrum von Henrichenburg. Drei Männer hatten sich Zutritt zur Sparkassenfiliale verschafft und einen Sprengsatz in der Nähe des Geldautomaten im Nebenraum platziert. Auf einem Parkplatz verlegten sie Zündschnüre und versteckten sich hinter einer Ecke an einem Supermarkt. Von dort aus zündeten sie den Sprengsatz.
Die Detonation soll so heftig gewesen sein, dass nicht nur der Automat, sondern beinahe die gesamte Filiale verwüstet wurde. Verschiedene Medien zitierten den Sprecher der Sparkasse Vest, Stefan Fokken, damals damit, dass es eine solch starke Sprengladung im Verbreitungsgebiet bisher noch nie gegeben hatte. Es sei die achte Attacke innerhalb von sechs Jahren auf ein Objekt der Sparkasse Vest gewesen, sagte er. Dennoch: Die Wohneinheiten über der Filiale, so hieß es damals, seien weiterhin bewohnbar gewesen.
Schießerei – Zwei Männer entkommen
Die drei Männer seien anschließend ins Gebäude gerannt und hätten zahlreiche Geldscheine in Tüten verpackt, berichteten Zeugen. Eine Anwohnerin hatte die Polizei alarmiert, nachdem es gegen 1.05 Uhr zu der Explosion gekommen war. Eine sofort zum Tatort geschickte Polizeistreife, die in der Nähe war, habe dort drei Verdächtige entdeckt. Die Beamten versuchten laut Polizeibericht, die drei Täter zu stellen, die die Flucht ergreifen wollten. Als Fluchtwagen soll ihnen ein dunkler Audi RS7, ein schneller Sportwagen, gedient haben. Es kam zu Schüssen. Laut Zeugenangaben seien 20 Schüsse gefallen, aus unterschiedlichen Waffen. Einer der Täter wurde getroffen – jener Mann, der sich nun im JVK befindet und sich in der kommenden Woche vor Gericht für seine Tat verantworten muss. Er soll schreiend am Boden gelegen haben und wurde vor Ort festgenommen. Zur Art der Verletzung hatte die Polizei damals keine Angaben gemacht.
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Seine Bandenkollegen konnten entkommen. Die Polizei nahm die Verfolgung auf, auch ein Hubschrauber kam zum Einsatz. Doch die Täter fanden sich nicht. Zum möglichen Fluchtweg machte die Polizei keine Angaben. Die Anschlussstelle Henrichenburg der Autobahn A2 ist nur gut einen Kilometer vom Tatort entfernt. Der Tatort wurde weiträumig abgesperrt, um Spuren zu sichern.
Innenminister äußert sich zur Tat
Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte sich nach der Tat geäußert: „Seit Februar ist jeder verfügbare Streifenwagen nachts auf der Straße, nah an den Geldautomaten. Das ist ein Baustein in unserem Kampf gegen die Sprenger – und der trägt Früchte: Heute Nacht war die Polizei unheimlich schnell vor Ort, hat die Verdächtigen auf frischer Tat ertappt. Auch das Fluchtfahrzeug haben wir und nehmen es jetzt genau unter die Lupe.“
Aus Ermittlerkreisen war zu erfahren, dass der Verdächtige durch den Schuss aus einer Polizeiwaffe verletzt worden sei. Die Polizei gehe jedoch davon aus, dass auch die Täter bewaffnet waren und womöglich mit einem Revolver auf die Polizisten schossen. Innenminister Reul dankte der Polizei „für ihren ausgesprochen guten und mutigen Einsatz, der zeigt, dass wir dranbleiben“. Die Attacke in Castrop-Rauxel habe erneut deutlich gemacht, dass Geldautomatensprenger „hochexplosiv, hochmotorisiert und hochgefährlich“ vorgingen, sagte Reul.
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Interne Ermittlungen wegen Schusswaffengebrauch
Weil die Polizisten ihre Schusswaffen einsetzten, haben damals Polizei und Staatsanwaltschaft Dortmund dazu die Ermittlungen aufgenommen, aus Gründen der Neutralität, teilte die Polizei Recklinghausen mit. Eine Mordkommission sei gebildet worden. „Die meisten Polizistinnen und Polizisten müssen zum Glück ein Dienstleben lang keinen Schuss auf einen anderen Menschen abgeben. Kommt es doch dazu, ist das immer ein sehr belastendes Ereignis, das mitunter jahrelang nachwirkt. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird deshalb nach extremen Einsätzen immer auch Hilfe angeboten“, sagte Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen.