Fröndenberg/Dortmund. Messerstecherei im Himmelmannpark in Fröndenberg: Jetzt steht das Urteil final fest. Der Angeklagte muss für siebeneinhalb Jahre in Haft.

Ein Mammutprozess geht zu Ende. Die Messerstecherei zweier syrischer Asylbewerber im Fröndenberger Himmelmannpark Ende 2019 ist vor dem Dortmunder Landgericht aufgeklärt worden. Mit einer Wiedervorlage des Prozesses, neuen Richtern und Verteidigern und mehreren Coronapausen. Am Ende aber mit dem gleichen Ergebnis wie beim ersten Urteil.

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Am Ende waren es schließlich um die 30 Termine, die zur juristischen Aufarbeitung nötig waren. Manch einer wurde ganz kurzfristig wieder abgesagt, teilweise noch am Verhandlungstag selber. Rückblick auf die eigentliche Tat: Am 18. Oktober 2019 kam es kurz nach 22 Uhr im Himmelmannpark, nahe des Ruhrbalkons zu der Bluttat. Polizei und Rettungskräfte kamen, alarmiert durch die Notrufe, hierhin und fanden das heute 28 Jahre alte Opfer blutüberströmt auf dem Boden liegend und bewusstlos. Mehrere Messerstiche hatten sich durch die dicke Jacke gebohrt, in Schulter und Rücken. Schließlich rettete nur eine Not-OP dem jungen Mann das Leben. Noch heute, so hatte er selber berichtet, leide er körperlich und psychisch darunter. Aber was war passiert?

Beziehungen spielen im Prozess eine große Rolle

Die Polizei nahm einen heute 32-jährigen Syrer fest, der in Fröndenberg lebt. Das mutmaßliche Opfer ist in Menden zuhause, die beiden waren bis zu diesem Zeitpunkt gut befreundet, seit sie sich in einer Mendener Asylbewerberunterkunft kennengelernt hatten. Dann aber schaukelte sich ein Streit zwischen den Beiden hoch. Mutmaßlich um Geld, aber auch, so wie es beide Beteiligte in ihren Aussagen berichteten, um die Beziehung des 28-Jährigen zu einer jungen Frau, welche der 32-Jährige wohl auch im Auftrag ihrer Familien unterbinden sollte.

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Gerade um diese familiären und freundschaftlichen Vorgänge war es in dem gesamten Prozess sehr detailliert gegangen. Vor allem der Angeklagte hatte immer wieder diese Themen angesprochen und sich in Details verstrickt, ohne auf die eigentliche Tat einzugehen. Zu den mutmaßlichen Messerstichen gegen seinen Bekannten hatte er eher knapp gesagt, diese lediglich in Notwehr ausgeübt zu haben. Das Opfer schilderte es genau andersrum: Er habe sich arglos mit seinem Bekannten am Ruhrbalkon getroffen, wo dieser ihn dann ohne Vorwarnung mit dem Messer angegriffen habe. Dieser Version glaubte schließlich auch das Schwurgericht in Dortmund.

Bundesgerichtshof eingeschaltet

Nach 19 Prozesstagen fiel das Urteil im Dezember 2020 gegen den heute 32-Jährigen: sieben Jahre und sechs Monate Haft wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Beschuldigte, der bis zum Schluss seine Unschuld beteuert hatte, und seine beiden Verteidiger aber gingen gegen das Urteil vor, zogen vor den Bundesgerichtshof. Und der gab ihnen zumindest teilweise recht. Er verwies einen Teil des Urteils zurück an das Dortmunder Landgericht.

Die Tat an sich, also die Messerstiche, sah man als bewiesen an. Für den BGH hatte die Kammer in Dortmund aber nicht ausreichend die Tötungsabsicht des Angeklagten dargelegt. Die Frage etwa eines möglichen Rücktritts von seinem Vorhaben sei in der Urteilsbegründung nicht ausreichend erläutert. Einer der Gründe: Der Angeklagte selbst hatte nachweislich seinem Gegenüber einige Zeit nach der Tat, als er mittlerweile nach Hause gegangen war, eine Nachricht geschrieben, die Sorge oder Bedauern nahelegt: „Lass mich wissen, dass es Dir gut geht. Geht es Dir gut?" stand darin.

Prozess neu aufgerollt: Jetzt geht es in Dortmund weiter

Und so wurde der Prozess ab Dezember 2021 neu aufgerollt. Zumindest in Teilen, denn konkret sollte es nur noch um die innere Einstellung, um die Gedanken, die Pläne des 32-Jährigen gehen. Diese neuen Termine standen unter keinem guten Stern, mehrmals traten bei Beteiligten oder im Umfeld Coronainfektionen auf, Quarantäneanordnungen ließen Termine platzen. Die Neuauflage musste deshalb auch gleich noch einmal neu gestartet werden. Denn wenn ein Strafprozess nicht innerhalb von drei Wochen fortgesetzt wird, platzt in der Regel das ganze Verfahren. Dadurch mussten manche Dokumente mehrfach verlesen, Zeugen zum gleichen Sachverhalt wiederholt angehört werden.

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Der Angeklagte hatte immer wieder bemängelt, seine Rechtsanwälte würden ihn nicht gut vertreten, seien eigentlich gegen ihn. So gab es hier in seiner Verteidigung zum Ende hin einen Personalwechsel, ebenso in der zweiten Neuauflage bei den Personen des Schwurgerichts. Was am Ende schließlich gleich blieb, war das Urteil. Der neuaufgelegte Prozess fand jetzt in Dortmund ein Ende mit dem exakt gleichen Urteil wie Ende 2020: siebeneinhalb Jahre Haft für den Syrer wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Auch dieses Mal, nun noch ausführlicher dargelegt und begründet, sah die Kammer die Mordabsicht des Angeklagten zum Tatzeitpunkt als erwiesen an.

Der Mann bleibt also in Haft, auf die Strafe wird aber die Zeit seit der Festnahme Ende 2020 mit der folgenden Untersuchungshaft angerechnet.