Fröndenberg. Aleksandra Brolls Mutter wird im Haus Hubertia gepflegt. Über das Engagement des Personals ist sie froh. Informationspolitik ärgert sie.
Verunsicherung, Angst, Wut und Hilflosigkeit: Die Corona-Krise hat das Schmallenbachhaus in Fröndenberg stark gebeutelt und bringt nicht nur Geschäftsführer Heinz Fleck an seine Grenzen. Sechs Bewohner sind mittlerweile mit nachgewiesener Corona-Infektion gestorben. Doch es gibt endlich auch Positives zu vermelden: Nach vielen Unwägbarkeiten steht nun ein fester ärztlicher Ansprechpartner zur Verfügung. Nach langem Warten sind auch Testergebnisse da: Viele davon fallen negativ aus, Notmaßnahmen scheinen Früchte zu tragen (wir berichteten). Es geht augenscheinlich bergauf.
Dennoch sind Angehörige angespannt und haben weiterhin Angst. So wie Aleksandra Broll. Sie ist die gesetzliche Betreuerin ihrer pflegebedürftigen Mutter, die im Haus Hubertia lebt. Sie schildert ihre Gefühle und Eindrücke der vergangenen Wochen und erzählt, wie es ihrer Mama geht.
Direkter Draht zum Personal
"Das Pflegepersonal macht einen super Job", sagt Broll. Ihre Mutter sei trotz der Vorkommnisse in guten Händen, da ist sich die Frau sicher. Sie ist froh, dass sie einen Platz für die schwer Pflegebedürftige dort bekommen hat. Die Bezugspersonen ihrer Mama seien "mega tapfer" und würden "immer noch mit einem Lächeln für die Leute da" sein. "Sie sagen nicht, dass sie Angst haben. Jedes Gespräch ist der Wahnsinn - im positiven Sinne", schildert Aleksandra Broll.
Die Angehörige habe großen Respekt vor dem Personal und sei froh, dass trotz Kontakt- und Besuchsverbot einiges ermöglicht werde. So würde das Personal dafür sorgen, dass ihre Mutter mehrmals am Tag in der Lage sei zu telefonieren. Auch Videotelefonie habe das Schmallenbachhaus realisiert. "Das erleichtert vieles und es tut gut zu sehen, dass es ihr gut geht", sagt Aleksandra Broll. Bereits zu Beginn der Krise habe es Informationen per Brief oder Telefon gegeben, um die Angehörigen auf dem Laufenden zu halten. "Aber ich rufe auch gerne direkt bei den Schwestern an." Die wüssten am besten, wie es ihrer Mama geht, ob sie oft weine und wie sie die Situation verkrafte.
Mutter hat Angst und ist unsicher
"Meine Mutter ist mega traurig darüber, dass wir nicht vorbeikommen", sagt Aleksandra Broll. Ihre 59 Jahre alte Mutter ist aufgrund mehrerer Schlaganfälle ein schwerer Pflegefall und auf eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung angewiesen. Sie zu sich nach Hause zu holen, darüber habe die Familie nachgedacht, doch realisierbar sei das nicht. "Wir haben keine Ahnung von Pflege." Ihr Mutter müsse gewickelt, gelagert und auch gefüttert werden.
Durch ihren Krankheitsverlauf sei das Kurzzeitgedächtnis ihrer Mutter beschädigt, sagt Aleksandra Broll. Dennoch bekomme sie viel mit. "Sie weiß, dass es Corona gibt und fragt nach, wann es endlich vorbei ist. Sie hat Angst." Umso wichtiger sei es, dass ihre Bezugspersonen vor Ort sich gut um sie kümmern. "Sie haben super viel für die Menschen vor Ort getan. Sie machen ihren Job mit Herz."
Über lange Wartezeiten geärgert
Unabhängig davon sei Aleksandra Broll enttäuscht über die Informationspolitik des Kreises Unna. Das zuständige Gesundheitsamt habe lange für die Tests und die Übermittlung der Ergebnisse gebraucht. Außerdem habe sie bei ihren Recherchen festgestellt, dass es zu Problemen mit den Teströhrchen gekommen sei. So habe man gewisse Personen sowohl an einem Dienstag, als auch an einem Donnerstag getestet. Das habe das Verfahren in die Länge gezogen. "Das ist ein Spiel mit Menschenleben", prangert Aleksandra Broll an. Es sei in ihren Augen unfair, dass das Schmallenbachhaus mehrere Tage im Ungewissen gewesen sei.
Eine Nachfrage beim Kreis ergibt: Bei der großen Testung in den drei Schmallenbachhäusern habe man in der letzten Woche 150 Nachtestungen vornehmen müssen, weil das Land NRW dem durchführenden Rettungsdienst Abstrichröhrchen mit Gel-Basis geliefert habe. Die aber konnten in den damit belieferten Labors nicht ausgewertet werden. Daraufhin seien unmittelbar die Nachtestungen erfolgt, bestätigte Josef Merfels, Leiter des Fachbereichs Gesundheit und Verbraucherschutz beim Kreis Unna, am Mittwoch vor der Presse.
Mehr Unterstützung gewünscht
Geschäftsführer Heinz Fleck habe laut Aleksandra Broll alles in seiner Macht stehende getan, um Personal und Bewohner zu schützen. Die Angehörige hätte sich mehr Unterstützung für ihn gewünscht, wie Schutzkleidung oder schnellere Ergebnisse und einen festen Arzt. Doch klar ist auch: Bei der Vielzahl an Testungen können Fehler auftreten und es kann bei den Laboren zu Wartezeiten kommen. Corona ist für alle eine große Herausforderung.
Aleksandra Broll versucht ihrerseits zu helfen, wo sie kann. Auch bei der Stoff-Aktion des Hauses habe sie unterstützt. "Ich habe selbst auch Stoffe abgeholt und zu mehreren Näherinnen gebracht." Das Engagement sei groß. Sie hofft, dass sich die Lage weiter entspannt. "Wir können nur abwarten." Ihre Mutter sei negativ getestet worden. Zumindest das sorge für eine gewisse Erleichterung.