Gevelsberg/Schwelm. . Es war neben dem Kirmes-Unglück im Musikexpress der schrecklichste Unfall im vergangenen Jahr in Gevelsberg: Ein Bus überrollt einen Vierjährigen — der Junge stirbt noch am Unfallort. Jetzt erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den 55-jährigen Busfahrer.

Mitten im Berufsverkehr, am Morgen des 27. Augusts, um 7.35 Uhr geschah das Unfassbare: Als der kleine Junge auf dem Weg zu seinem Kindergarten am Timpen gemeinsam mit seiner Mutter die Straße an der Ampel überqueren will, erfasst ihn und seine Mutter ein Linienbus der VER, der aus der Mittelstraße abbog. Die Mutter wurde mit einer Beinverletzung ins Krankenhaus gebracht.

Das Ziel des Schwelmer Busfahrers war das Schulzentrum-West. Das Fahrzeug war mit Kindern der Förderschule, der Hauptschule und des Gymnasiums voll besetzt.

Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Wie die Mutter und ihr Junge unter den Bus geraten konnten, konnten die ermittelnden Beamten damals nicht mit Gewissheit sagen. Fest steht: Der 55-jährige Busfahrer hielt sofort an, als er im Außenspiegel die beiden Fußgänger auf dem Boden liegen sah.

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Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Hagen Anklage unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung gegen den Berufskraftfahrer erhoben. Die Anklage wurde kürzlich per Eröffnungsbeschluss vom Schwelmer Amtsgericht zugelassen. Der 55-Jährige wird sich vor dem Schwelmer Strafgericht verantworten müssen.

Verschiedene Unfall-Konstellationen wurden inzwischen von Sachverständigen-Gutachten erstellt. Diese werden einen wichtigen Bestandteil des Prozesses einnehmen. Noch äußern sich Staatsanwaltschaft und Gericht auf Anfrage dieser Zeitung nicht konkret zu Inhalten der Anklage.

Nach Informationen dieser Zeitung sieht es jedoch so aus, dass Mutter und Sohn gelaufen sein sollen, um die Ampel noch zu überqueren. Der Busfahrer hatte beide nicht gesehen. Weil es ihm aber wohl möglich gewesen sein soll, den Jungen und die Frau rechtzeitig wahrzunehmen, kommt es nun zur Anklage.

Mehr als drei Dutzend Zeugen

Um das Geschehen abschließend zu rekonstruieren, werden auf Antrag der Verteidigung vermutlich mehr als drei Dutzend Zeugen aussagen müssen. Auch viele der Kinder und Jugendliche, die in dem Bus saßen. Die Eltern des Opfers werden durch Nebenkläger-Anwälte vertreten sein.

Im Falle eines Schuldspruches hat der Busfahrer nicht mehr als eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu erwarten. Darüber hinaus darf ein Strafgericht nicht gehen. Doch zunächst einmal gilt die Unschuldsvermutung. „Seelisch gestraft ist der bislang völlig unbescholtene Angeklagte auf jeden Fall für sein gesamtes Leben“, sagen seine Verteidiger.

Der Prozess beginnt voraussichtlich Ende September und wird vermutlich mehrere Verhandlungstage in Anspruch nehmen.