Gevelsberg. .

Sechs Wochen nach einem Chlorgas-Unfall im Gevelsberger „Schwimm in“ ist es zu einem weiteren schweren Unfall in dem Hallenbad gekommen. Diesmal mussten 14 Kinder, die über Reizungen klagten, zur Beobachtung in Krankenhäuser eingeliefert werden.

Trotz Temperaturen knapp unter 30 Grad war das Gevelsberger Bad am Sonntag nur schwach besucht. Zum einen lockte das WM-Spiel Deutschland gegen England die Fußball-Freunde vor den Fernseher - zum anderen zog der Gevelsberger Kirmeszug, das bedeutendste Ereignis des Jahres in der Stadt im Ennepe-Ruhr-Kreis, 50 000 Zuschauer in die Innenstadt. So blieben nur 81 Badegäste übrig, die sich in den Abendstunden Abkühlung im Wasser verschaffen wollten. Ihnen stand neben den Becken des Freibades der Rutschenturm des „Schwimm in“ zur Verfügung. Er ist eigentlich ein Teil des an diesem Tag geschlossenen Hallenbades, wird aber als Hauptattraktion des „Schwimm in“ auch regelmäßig für die Gäste des Freibades geöffnet.

Über Reizungen geklagt

In diesen Rutschenbereich war am 17. Mai bei Wartungsarbeiten Chlorgas eingetreten. Der Schwimmmeister hatte die Kinder, die aus Wuppertal kamen und über Reizungen klagten, ohne Alarm zu schlagen einfach nach Hause geschickt, weil es ihnen anscheinend besser ging. Sechs mussten später in Kliniken behandelt werden. Das Krisenmanagement hatte damals versagt. Und es waren am Sonntag wieder die Rutschen, in denen der Unfall geschah. „Um 19.34 Uhr erhielt die Notrufzentrale des Ennepe-Ruhr-Kreises den Anruf eines Mitarbeiters des ,Schwimm in’. Er erzählte, dass fünf Kinder über leichte Reizungen klagen würden“, berichtete gestern Gevelsbergs Stadtbrandmeister Rüdiger Schäfer. Großalarm wurde ausgelöst. 60 Feuerwehrleute und 30 Mitglieder von Rettungsdiensten eilten zu der Badeanstalt. Fünf Minuten nach dem Notruf seien die ersten Helfer vor Ort gewesen. Der Notarzt stellte bei insgesamt 14 Kindern im Alter zwischen elf und 15 Jahren Beschwerden fest. „Allen geht es inzwischen wieder gut“, versicherte Bürgermeister Claus Jacobi gestern.

Wie aber konnte es zu dem zweiten Unfall in so kurzer Zeit kommen? Jacobi: „Wir gehen davon aus, dass ein Ausfall des Belüftungssystems die Ursache war.“ Das Chlor löst sich bei Bewegungen des Wassers und steigt in die Luft. Wird es nicht abgesaugt, nimmt die Konzentration zu. Die Experten der Stadt gehen davon aus, dass das System höchstens eine Stunde ausgefallen sei, bis die ersten Badegäste über Reizungen klagten. Normalerweise wird das Badpersonal durch ein Lichtsignal gewarnt, wenn etwas mit der Belüftung nicht stimmt. Die entsprechende Leuchte für den Rutschenturm befindet sich allerdings im Regie-Bereich des Hallenbades, das an diesem Tag geschlossen und deshalb nicht ständig mit Personal besetzt war.

Bad sofort geschlossen

Bürgermeister Jacobi, der noch kurz vor dem Unfall auf der Ehrentribüne den Mitwirkenden des Kirmeszuges zugejubelt hatte, ließ das Bad seiner Stadt sofort schließen. „Es gab Stimmen, nur die Rutschen zu sperren und das Freibad geöffnet zu lassen, aber ich wollte absolute Sicherheit haben.“ Gestern wurde das Belüftungssystem vom TÜV-Nord überprüft. Es kann heute wieder seine Türen öffnen.

Der Technische Überwachungsverein hatte die Anlage bereits am 16. März routinemäßig kontrolliert. Alle unbedeutenden Mängel, die dabei entdeckt wurden, seien abgestellt worden, so Jacobi. Die Stadt überlegt nun, ob sie nicht noch akustische Warnsignale installieren soll.

In Gevelsberg ist man sich sicher, dass der zweite Chlor-Unfall in kurzer Zeit nicht eben das Image der Bäder anheben wird. Nach dem Unfall im Mai, der erst durch die Eltern der verletzten Kinder an die Öffentlichkeit kam, hatte sich ein Mitarbeiter verteidigt: „Ich wollte nicht solch eine Welle auslösen.“

Gestern tröstete sich sein Bürgermeister damit, dass „inzwischen eine unglaubliche Sensibilisierung“ bei dem Thema Chlor in der Mannschaft des „Schwimm in“ eingetreten sei.