Schwlem/Gevelsberg/Ennepetal. Immobilien sind eine absolut sichere Wertanlage? Für diese Häuser wird das bald nicht mehr zutreffen, prophezeien Heinz und Madeleine Arens.
Vor nicht allzu langer Zeit, ließ sich Wohnen im Ennepe-Ruhr-Kreis - ganz grob umrissen - auf recht einfache Formeln bringen: Kleine Wohnungen kosteten kleine Miete, große Wohnungen große Miete. Wer sich Eigentum kaufte, hatte eine gute Wertanlage und damit auch ein Stück weit sein künftiges Rentnerdasein abgesichert. Wer Immobilien zur Vermietung kaufte, tätigte zumeist eine renditeträchtige Investition und die Baubranche boomte - völlig egal, ob es sich um Ein- oder Mehrfamilienhäuser handelte. Diese goldenen Zeiten sind vorbei, keine dieser Thesen trifft mehr ohne ein „Aber“ zu. Immobilien-Experten Heinz Arens und seine Tochter Madeleine blicken hinter die Kulissen der Wohnungswirtschaft im EN-Kreis und mahnen: „Diese Immobilien werden schnell massiv an Wert verlieren.“
Heinz Arens ist als Mr. LBS im Ennepe-Ruhr-Kreis bekannt geworden, bevor er sich vor einigen Jahren darauf konzentrierte, gemeinsam mit Ehefrau Rita das familiäre Immobilien-Portfolio auszubauen. Viele hundert Wohneinheiten in ganz Deutschland, die seit einigen Jahren auch von Tochter Dr. Madeleine Arens mitverwaltet werden, besitzt die Familie. Dr. Madeleine Arens ist auch Mitglied des Gutachterausschusses des Ennepe-Ruhr-Kreises und bekommt so hautnah von zwei Seiten aus mit, wie der Immobilien- und der Mietmarkt aktuell völlig verrückt spielen und immer tiefer ins Dilemma abgleiten.
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Um der Basis des Problems näher zu kommen, blickt sie dabei zunächst auf den Mietmarkt: „Ursache sind zum einen ein zu geringes Mietangebot von sanierten Wohnungen und zum anderen die Krise in der Immobilienwirtschaft, die immer weniger Neubauten herstellt.“ Zwar gibt es nur leichten Bevölkerungszuwachs bei den Bevölkerungszahlen, jedoch steigt die Anzahl der Haushalte unaufhörlich, weil die Singlehaushalte weiter zunehmen. Dazu komme, dass manche Eigentümer gar nicht mehr vermieten, seit der BGH im Herbst 2023 festgestellt hat, dass Mieter ihre Wohnungen untervermieten dürfen, ohne dies überhaupt mit dem Vermieter besprechen zu müssen. Heißt: Das Wohnungsangebot sinkt weiter, was im EN-Kreis vor allem die klassischen Einliegerwohnungen im selbst bewohnten Haus betrifft, die die Besitzer nun vom Markt nehmen. Grund: Sie wollen wissen, wer bei ihnen ein- und ausgeht.
Neubauziel der Regierung floppt auf ganzer Linie
Dazu kommt, dass das Regierungsziel von 400.000 Neubauten pro Jahr auf ganzer Linie floppt. Der Blick in die Realität zeigt: Im Jahr 2022 wurden ledigich 295.000 neue Wohnungen geschaffen, im Jahr 2023 sogar nur noch 243.000 Wohnungen. „Und im Ennepe-Ruhr-Kreis ist die Anzahl der Baugenehmigungen weiter stark rückläufig“, sagt Heinz Arens und nennt als Beispiel Eigentumswohnungen. Ganze 13 Neubaueigentumswohnungen sind im EN-Kreis entstanden. „In den vergangenen Jahren waren es jeweils hunderte“, sagt der Experte und geht mit seiner Tochter auf die Gründe dafür ein.
Die liegen in einfacher Addition: Zurzeit werden im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis Wohnungen für durchschnittlich 4100 Euro pro Quadratmeter gebaut. „Bei einem Zinssatz von circa 3,5 Prozent zuzüglich Instandhaltungsrücklage und Verwalterkosten beträgt die monatliche Miete zwischen 14 und 16 Euro pro Quadratmeter plus Betriebskosten von monatlich ungefähr 3 Euro pro Quadratmeter“, rechnet Dr. Madeleine Arens vor. Das bedeutet: Für eine 60 Quadratmeter große Neubauwohnung müsste inklusive der Betriebskosten die monatliche Warmmiete mehr als 1000 Euro betragen. „Diese Miete ist zurzeit nur in Ausnahmefällen erzielbar“, sagt Heinz Arens. Dazu kommt: Schon jetzt ist es für viele kaum möglich, ihre Mieten zu stemmen, potenziell würden wohl die staatlichen Wohngeldzuschüsse aus Steuergeldern steigen, wenn die Mieten steigen.
Und wenn ich kaufen beziehungsweise verkaufen will? Heinz Arens wählt drastische Worte: „Ein Eigenheim sichert die Rente nicht mehr und immer mehr Menschen fühlen sich um ihre Lebensleistung betrogen. Dazu kommt ein großer Vertrauensverlust, sodass viele nicht mehr investieren, auch wenn sie es könnten.“ Dahinter verbirgt sich die differenzierte Preisentwicklung bei den Immobilien. Deutschlandweit sind die Preise laut dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 für Eigentumswohnungen um 8,9 Prozent, für Einfamilienhäuser um 11,3 Prozent und für Mehrfamilienhäuser um 20,1 Prozent gesunken. Madeleine Arens hat die Vergleichszahlen für den Ennepe-Ruhr-Kreis parat: „Beim Weiterverkauf von Eigentumswohnungen betrug die Preisreduzierung 6,8 Prozent, beim Weiterverkauf von Einfamilienhäusern 8,6 Prozent. Zahlen für Mehrfamilienhäuser liegen nicht vor. Die Preise für Neubauwohnungen sind hingegen um 7,6 Prozent gestiegen.“
Zunächst gigantischer Preisanstieg
Die Gründe liegen im Sanierungsstatus der Gebäude. Vor allem während der Corona-Jahre war die Nachfrage hoch, die Menschen hatten Geld, die Kredite waren günstig. Die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen stiegen zwischen 2010 und 2022 um sagenhafte 123,5 Prozent. Dieser Preisanstieg hält jedoch nur noch bei Neubauten und top-sanierten Objekten an.
„Dabei geht es vorwiegend um energetischen Sanierung, aber natürlich auch vermehrt um die Optik“, sagt Dr. Madeleine Arens und ihr Vater ergänzt: „Die Finanzierung wird immer schwieriger. Die Zinsen sind gestiegen, die Banken fordern mehr Rücklagen und lehnen immer mehr Kreditanfragen ab.“ Das hat Folgen für diejenigen, die ihre Häuser nicht fortwährend modernisiert haben. „Wir haben im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis sehr, sehr viele nicht sanierte Ein- und Zweifamilienhäuser aus den 60er Jahren. Diese werden schon jetzt auf dem Markt nur weit unter dem Verkehrswert gehandelt“, sagt Heinz Arens und Tochter Madeleine rechnet für ein eben solches 60er-Jahre-Haus vor: „Ein solches Objekt energetisch aufzurüsten, würde für eine neue Heizung, Wärmedämmung und Fenster schnell Kosten von 150.000 Euro nach sich ziehen. Die Käufer ziehen schon jetzt große Teile dieser Kosten bei den Preisverhandlungen vom Verkehrswert ab.“
Denn: Steigende gesetzliche Auflagen und nicht zuletzt die exorbitant steigenden CO2-Abgaben zwingen früher oder später jeden zur Sanierung. Hat ein Einfamilienhaus beispielsweise im Jahr 2022 einen Verkehrswert in Höhe von 300.000 Euro und es stehen oben erwähnte 150.000 Euro Sanierungskosten an, dann wird es bereits schwer, mehr als 200.000 Euro für eine solche Immobilie zu erlösen - ein Preisrückgang von 33 Prozent.
Heinz Arens macht die Folgen deutlich: „Manche Objekte sind schon jetzt nicht mehr händelbar, der Verdrängungseffekt wird größer.“ Eigentlich müsste gerade jetzt investiert werden, in Neubauten, in Sanierungen, denn auch die Altbauten in den Innenstädten würden über kurz oder lang zu einem riesigen Problem. „Die Bestandshalter sind zudem mehr als jemals zuvor gefordert, ihre Objekte in Schuss zu halten“, sagen Vater und Tochter unisono.
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