Ennepetal. Kinder, Eltern, Lehrer waren in Angst, als an der Sekundarschule in Ennepetal falscher Amok-Alarm ausgelöst wurde. Ein Versehen oder Missbrauch?
Einmal ausgelöst, ist die Sache nicht mehr aufzuhalten. Nur Minuten, nachdem am Donnerstagmittag für die Ennepetaler Sekundarschule Amok-Alarm ausgelöst worden war, rasen zahlreiche Streifenwagenbesatzungen der Polizei zu der Schule; ebenso Notarzt- und Rettungswagen, Einsatzkräfte der Feuerwehr. Bald steht fest: Hierbei handelt es sich zum Glück um einen Fehlalarm. So beruhigend es auch ist, dass auch im lebensgefährlichen Ernstfall alle Rädchen ineinander gegriffen hätten, beschäftigt die Ermittler der Polizei im Nachgang dennoch eine Frage: Wer hat den teuren Großeinsatz aus welchem Grund ausgelöst?
Es ist 13.30 Uhr am Donnerstag, noch haben drei Klassen auch mit jüngeren Schülerinnen und Schülern an der weiterführenden Schule Unterricht, als der Amok-Notruf ausgelöst wird. Das ist an der Sekundarschule so gelöst, dass eine gewisse Anzahl an Handynummern bei einer Sicherheitsfirma hinterlegt ist. Ruft eines dieser Telefone dort an, zögern die Security-Mitarbeiter keine Sekunde, um im Ernstfall nicht unnötig Zeit zu verlieren und alarmieren die Feuerwehr. Weiter geht die Alarmierung an die Polizei.
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Als die vor Ort eintrifft - zunächst nur mit allen verfügbaren Wagen der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr - rüsten sich die Einsatzkräfte mit Helmen, Amok-Westen und Maschinen-Pistolen aus, bevor sie das Gebäude betreten. Im Innern der Schule haben die antrainierten Mechanismen zum Schutz von Kindern und Lehrkräften derweil auch perfekt gegriffen. Die 60 Jungen und Mädchen warteten ruhig in den Klassenzimmern, die die Lehrerinnen und Lehrer verschlossen hatten. „Wir haben Kontakt aufgenommen und haben sie ganz ruhig und kontrolliert aus der Schule geführt“, sagt Christoph Neuhaus, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr.
SEK-Einsatz noch gestoppt
Sehr schnell, so fährt er fort, sei klar gewesen, dass trotz des ausgelösten Alarms keine reale Bedrohungslage an der Schule vorlag. So rückte das SEK aus Dortmund, das bei einer realen Gefahrenlage nach Ennepetal gekommen wäre, um die Situation aufzulösen, gar nicht mehr aus.
Weil die Nachricht vom Amok-Alarm in Windeseile die Runde machte, trafen auch immer mehr besorgte Eltern an der Einsatzstelle ein, die die Polizei weiträumig um die Schule abgesperrt hatte. Sie verhielten sich trotz der großen Angst um ihre Kinder sehr ruhig und waren unendlich erleichtert, als sie erfuhren, dass sich die Schülerinnen und Schüler in keinerlei Gefahr befunden hatten.
Gleichwohl hat der Einsatz - vor allem bei einigen jüngeren Kindern - einen sehr starken Eindruck hinterlassen, nicht zuletzt, weil sie in Ungewissheit und Angst in ihren Klassenräumen verharrten, bis schwer bewaffnete Polizisten sie abholten. „Sie wurden im Festsaal der Evangelischen Stiftung Loher Nocken untergebracht und wurden sowohl von unseren Präventionskräften als auch von einem PSU-Team der Feuerwehr betreut“, sagt Christoph Neuhaus, der mit der Pressestelle das Thema sehr eng über die sozialen Medien begleitet hatte. PSU steht dabei für psychosoziale Unterstützung, dahinter verbirgt sich geschultes Personal, das Menschen hilft, die potenziell traumatisierende Situationen erleben mussten.
Und auch am Freitag kamen Polizeibeamte in die Sekundarschule, um mit den Jungen und Mädchen - aber auch mit dem Lehrerkollegium - darüber zu sprechen, was sie am Tag zuvor erleben mussten. Eine Maßnahme, die Vertrauen aufbaut und die sehr gut ankam. „Wenn es etwas Positives zu dem Einsatz zu sagen gibt, dann dass sowohl die Mechanismen in der Schule als auch die Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr, Polizei und der Stadt Ennepetal sehr, sehr gut funktioniert haben“, sagt Christoph Neuhaus. „Die Schule und natürlich auch wir trainieren für solche Fälle regelmäßig, und das scheint sich auszuzahlen“, sagt der Polizeisprecher. Die Stadt ist Trägerin der Schule und Bürgermeisterin Imke Heymann traf bereits kurz nach der Alarmierung persönlich vor Ort ein.
Die Frage, die nun weiterhin im Raum steht: Wer hat den Einsatz, der auch ohne Ernstfall locker im fünfstelligen Bereich Kosten verursacht hat, ausgelöst? Aktuell wird das Handy, von dem der Anruf bei der Sicherheitsfirma einging, ermittelt. Theoretische Möglichkeiten dafür gibt es viele: ein versehentlicher Anruf aus der Hosentasche, ein technischer Fehler, aber möglicherweise auch eine vorsätzliche Tat mit einem gestohlenen Handy. Auch aus diesem Grund hat die Polizei parallel zu ihren Ermittlungen ein Strafverfahren wegen des Missbrauchs von Notrufen auf den Weg gebracht.
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