Ennepetal. Die Zahl der Bedürftigen wächst, die Menschen stehen Schlange: Der Tafelladen in Ennepetal bekommt in Voerde eine weitere Ausgabestelle.

Immer mehr Menschen in Ennepetal sind bedürftig. Ihr Einkommen reicht kaum zum Lebensunterhalt. Da wird der TafelIaden in Voerde noch wichtiger. Ein Zufall macht es möglich, dass sich noch in diesem Sommer das Raumangebot für Lagerung und Ausgabe von Lebensmitteln vergrößert.

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Im Ladenlokal des Hauses „Heimhardtsbau“ an der Einmündung Lindenstraße/Milsper Straße in Voerde wird schon seit einigen Jahren keine Ware mehr zum Verkauf angeboten. Das wird sich ändern. Ab diesem Sommer werden dort vor allem Lebensmittel an Kunden ausgegeben. Die Kunden werden bedürftige Menschen aus Ennepetal und Breckerfeld sein. Es sind Familien, Rentnerinnen und Rentner und auch Flüchtlinge, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und vom Ennepetaler Tafelladen versorgt werden. Der Tafelladen befindet sich seit etwa 17 Jahren im Hause Lindenstraße 2, also in unmittelbarer Nachbarschaft des jetzt noch leerstehenden Ladenlokals.

Links der bestehende Laden, rechts nimmt die Ennepetaler Tafel im denkmalgeschützten „Heimhardtsbau“ noch das zurzeit leerstehende Ladenlokal dazu. Die Postadresse Lindenstraße 2 bleibt bestehen.
Links der bestehende Laden, rechts nimmt die Ennepetaler Tafel im denkmalgeschützten „Heimhardtsbau“ noch das zurzeit leerstehende Ladenlokal dazu. Die Postadresse Lindenstraße 2 bleibt bestehen. © privat | Hans-Jochem Schulte

Karin Nebel, die vor 18 Jahren den Ennepetaler Tafelladen gründete und bis heute die unabhängige soziale Einrichtung leitet, ist froh, diese zusätzlichen Räumlichkeiten zu bekommen. „Immer mehr Menschen kommen zu uns. Für die ehrenamtlichen Helfer, die Kisten mit Lebensmitteln in unseren Laden tragen und für die, die Tüten für die Ausgabe an unsere Gäste füllen, ist es sehr eng geworden.“

Der Zufall hilft. Karl-Heinz Gockel, einer der Ehrenamtlichen im Tafelladen, hatte Kontakt zum Besitzer des benachbarten Hauses, das in Voerde als „Heimhardts Bau” bezeichnet wird und unter Denkmalschutz steht. Karin Nebel: „Wir fanden bei dem Hausbesitzer schon im ersten Gespräch ein großes Verständnis. Für einen sehr niedrigen Mietpreis stellt er uns das Ladenlokal zur Verfügung. Auch der Vermieter des Ladenlokals im Hause Lindenstraße 2 kommt uns schon seit Jahren sehr entgegen. Das hilft uns sehr.”

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Sie dankte auch den Spendern und den Menschen, die sich ehrenamtlich um den Tafelladen kümmern. „Ja, es sind viele“, erzählt die Leiterin des Tafelladens.

Doch ohne Sorgen ist die „Tafel“ nicht. Rund 150 bedürftige Menschen, dahinter stehen oft Familien mit Kindern, sind registriert. Wenn mittwochs in der Zeit von 14 bis 15.30 Uhr mit Lebensmitteln gefüllte Tüten ausgegeben werden, stehen die Menschen Schlange. Und die wird seit Monaten länger.

Für viele der Tafelladen-Gäste ist das Anstehen mehr als nur Lebensmittel in Empfang zu nehmen. Karin Nebel: „Man spricht hier miteinander.” Daher heißt es bei der „Tafel“ auch: „Wir geben Nahrung für Leib und Seele!” Man weiß: Wer arm ist, ist auch oft einsam. Karin Nebel: „Bei uns erhalten Sozialhilfeempfänger, Obdachlose, kinderreiche Familien, Rentner mit geringem Einkommen und andere, die sich als bedürftig einschätzen, im Handel aussortierte, aber noch genießbare Lebensmittel. Wer zum ersten Mal zu uns kommt, erhält eine Einkaufsberechtigungskarte. Zuvor wird der Wohnort anhand des Ausweises oder der Meldebescheinigung überprüft. Im christlichen Sinne möchten wir Menschen vorurteilsfrei begegnen und ihn als unseren Gast begrüßen.”

Kontakt zur Einrichtung

Der Tafelladen in Ennepetal ist unter Telefon 01520/1652214 zu erreichen.

Wer Lebensmittel, Hygieneartikel und Windeln spenden möchte, kann sie dienstags von 16 bis 17 Uhr und mittwochs von 9 bis 11 Uhr am Tafelladen abgeben.

Die Tafelladen-Bewegung will auch gesellschaftliche Akzente setzen, das heißt: Armut sichtbar machen, Lebensmittelvernichtung vermeiden. Es sind große und kleine Geschäfte in Ennepetal, die seit Jahren Lebensmittel spenden, die nicht mehr in den Verkauf kommen. Karin Nebel: „Diese werden aber immer weniger, weil die Geschäfte seit einiger Zeit genauer kalkulieren müssen.“ Dazu gebe es noch einen Mitbewerber: die Foodsharing-Bewegung. „Eine Zusammenarbeit wäre schön und würde allen helfen“, wünscht sich Karin Nebel.

Wenn die neuen Räumlichkeiten bezogen sind und alles gut läuft, dann könnte das Verteilen von Tüten eingestellt werden. Die Gäste könnten sich dann umschauen, wie in einem Geschäft, in dem Lebensmittel präsentiert werden. Im „alten Laden“ wird dann mehr Platz sein für die Lagerung und auch für das gemeinsame Frühstück der Ehrenamtler.

Fahrer gesucht

Wünsche sind auch noch da: Leute für den Fahrdienst (auch als Beifahrer) werden gesucht. Karin Nebel denkt auch an die Mädchen und Jungen, die zu Hause aus Platzgründen keinen Kindergeburtstag feiern können. Für sie wünscht sich Karin Nebel einen Raum in Ennepetal, der kostengünstig von Eltern gemietet werden kann. Und Gutscheine für den Besuch des Klutertbades und der Kluterthöhle würden Kinder sicher glücklich machen und Familien finanziell entlasten, ist sie sich sicher. Karin Nebel und ihre Stellvertreterin Susanne Joswig, die sich um die Finanzen des Tafelladens kümmert, haben noch viele Ideen.

Als vor mehr als 18 Jahren Karin Nebel die Gründung eines Tafelladens nach dem Besuch der Weihnachtsmesse nicht aus dem Kopf ging, fand sie ein offenes Ohr bei Pfarrer Winfried Langendonk und dem Gemeindereferenten Markus Steiner von der Katholischen Kirchengemeinde Herz-Jesu in Milspe, dann auch beim Arbeitskreis christlicher Kirchen. Christian Zink von der Johanniter-Unfallhilfe (JUH) stellte nach einem Zeitungsbericht spontan einen Raum bei der JUH an der Gewerbestraße zur Verfügung, bis in der Lindenstraße 2 das Ladenlokal bezogen werden konnte. Karin Nebel sagt dankbar rückblickend: „Viele Menschen haben uns geholfen!“